Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

in Verdacht gezogen worden,
unvermuthetes Erschrecken, und die furchtsamen
Gebehrden den Schein eines Zornes, und einer
unwilligen Alteration bey mir hatten; wie sol-
ches bey vielen Leuten, die meines Tempera-
ments,
gar was gewöhnliches, aber wie aller
Zorn zu seyn pfleget, sehr verhast ist, und einen
gar schlecht recommendiret.

Anno 1723.
§. 121.

Und wenn auch ein Lehrer in allen derglei-
chen ietzt angeführten Dingen nichts versiehet,
und man ihn keiner Sünde zeihen, und über-
führen kan, dadurch er seinem Amte einen An-
stoß, und der Erbauung eine Hinderung setzte;
so ist der Teufel doch so ein listiger Schalck, daß
er siehet, wie er einen von des Predigers Do-
mestiqu
en zu Falle bringen, und dadurch den
Lehrer in Verdacht setzen könne, als ob er selbst
diejenige Missethat begangen, und solche nur
auf sein Gesinde lege. Die Welt-Kinder
unter den Zuhörern sind nur allzu leicht dazu zu
bringen, daß sie das, was sie gerne wünschen,
daß es wahr seyn möchte, um einen Trost bey
ihrem sündlichen Leben zu haben, und in der
Boßheit sich zu stärcken, den Augenblick glau-
ben, daß dem also sey. Gleichwie dieses
schon manchem redlichen Lehrer begegnet, so hab

ich

in Verdacht gezogen worden,
unvermuthetes Erſchrecken, und die furchtſamen
Gebehrden den Schein eines Zornes, und einer
unwilligen Alteration bey mir hatten; wie ſol-
ches bey vielen Leuten, die meines Tempera-
ments,
gar was gewoͤhnliches, aber wie aller
Zorn zu ſeyn pfleget, ſehr verhaſt iſt, und einen
gar ſchlecht recommendiret.

Anno 1723.
§. 121.

Und wenn auch ein Lehrer in allen derglei-
chen ietzt angefuͤhrten Dingen nichts verſiehet,
und man ihn keiner Suͤnde zeihen, und uͤber-
fuͤhren kan, dadurch er ſeinem Amte einen An-
ſtoß, und der Erbauung eine Hinderung ſetzte;
ſo iſt der Teufel doch ſo ein liſtiger Schalck, daß
er ſiehet, wie er einen von des Predigers Do-
meſtiqu
en zu Falle bringen, und dadurch den
Lehrer in Verdacht ſetzen koͤnne, als ob er ſelbſt
diejenige Miſſethat begangen, und ſolche nur
auf ſein Geſinde lege. Die Welt-Kinder
unter den Zuhoͤrern ſind nur allzu leicht dazu zu
bringen, daß ſie das, was ſie gerne wuͤnſchen,
daß es wahr ſeyn moͤchte, um einen Troſt bey
ihrem ſuͤndlichen Leben zu haben, und in der
Boßheit ſich zu ſtaͤrcken, den Augenblick glau-
ben, daß dem alſo ſey. Gleichwie dieſes
ſchon manchem redlichen Lehrer begegnet, ſo hab

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0598" n="552"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in Verdacht gezogen worden,</hi></fw><lb/>
unvermuthetes Er&#x017F;chrecken, und die furcht&#x017F;amen<lb/>
Gebehrden den Schein eines Zornes, und einer<lb/>
unwilligen <hi rendition="#aq">Alteration</hi> bey mir hatten; wie &#x017F;ol-<lb/>
ches bey vielen Leuten, die meines <hi rendition="#aq">Tempera-<lb/>
ments,</hi> gar was gewo&#x0364;hnliches, aber wie aller<lb/>
Zorn zu &#x017F;eyn pfleget, &#x017F;ehr verha&#x017F;t i&#x017F;t, und einen<lb/>
gar &#x017F;chlecht <hi rendition="#aq">recommendi</hi>ret.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1723.</hi><lb/>
§. 121.</hi> </head><lb/>
        <p>Und wenn auch ein Lehrer in allen derglei-<lb/>
chen ietzt angefu&#x0364;hrten Dingen nichts ver&#x017F;iehet,<lb/>
und man ihn keiner Su&#x0364;nde zeihen, und u&#x0364;ber-<lb/>
fu&#x0364;hren kan, dadurch er &#x017F;einem Amte einen An-<lb/>
&#x017F;toß, und der Erbauung eine Hinderung &#x017F;etzte;<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t der Teufel doch &#x017F;o ein li&#x017F;tiger Schalck, daß<lb/>
er &#x017F;iehet, wie er einen von des Predigers <hi rendition="#aq">Do-<lb/>
me&#x017F;tiqu</hi>en zu Falle bringen, und dadurch den<lb/>
Lehrer in Verdacht &#x017F;etzen ko&#x0364;nne, als ob er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
diejenige Mi&#x017F;&#x017F;ethat begangen, und &#x017F;olche nur<lb/>
auf &#x017F;ein Ge&#x017F;inde lege. Die Welt-Kinder<lb/>
unter den Zuho&#x0364;rern &#x017F;ind nur allzu leicht dazu zu<lb/>
bringen, daß &#x017F;ie das, was &#x017F;ie gerne wu&#x0364;n&#x017F;chen,<lb/>
daß es wahr &#x017F;eyn mo&#x0364;chte, um einen Tro&#x017F;t bey<lb/>
ihrem &#x017F;u&#x0364;ndlichen Leben zu haben, und in der<lb/>
Boßheit &#x017F;ich zu &#x017F;ta&#x0364;rcken, den Augenblick glau-<lb/>
ben, daß dem al&#x017F;o &#x017F;ey. Gleichwie die&#x017F;es<lb/>
&#x017F;chon manchem redlichen Lehrer begegnet, &#x017F;o hab<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[552/0598] in Verdacht gezogen worden, unvermuthetes Erſchrecken, und die furchtſamen Gebehrden den Schein eines Zornes, und einer unwilligen Alteration bey mir hatten; wie ſol- ches bey vielen Leuten, die meines Tempera- ments, gar was gewoͤhnliches, aber wie aller Zorn zu ſeyn pfleget, ſehr verhaſt iſt, und einen gar ſchlecht recommendiret. Anno 1723. §. 121. Und wenn auch ein Lehrer in allen derglei- chen ietzt angefuͤhrten Dingen nichts verſiehet, und man ihn keiner Suͤnde zeihen, und uͤber- fuͤhren kan, dadurch er ſeinem Amte einen An- ſtoß, und der Erbauung eine Hinderung ſetzte; ſo iſt der Teufel doch ſo ein liſtiger Schalck, daß er ſiehet, wie er einen von des Predigers Do- meſtiquen zu Falle bringen, und dadurch den Lehrer in Verdacht ſetzen koͤnne, als ob er ſelbſt diejenige Miſſethat begangen, und ſolche nur auf ſein Geſinde lege. Die Welt-Kinder unter den Zuhoͤrern ſind nur allzu leicht dazu zu bringen, daß ſie das, was ſie gerne wuͤnſchen, daß es wahr ſeyn moͤchte, um einen Troſt bey ihrem ſuͤndlichen Leben zu haben, und in der Boßheit ſich zu ſtaͤrcken, den Augenblick glau- ben, daß dem alſo ſey. Gleichwie dieſes ſchon manchem redlichen Lehrer begegnet, ſo hab ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/598
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/598>, abgerufen am 21.12.2024.