zufällige Dinge hätte vorher sehen, und meinen zukünfftigen Applausum, den er sich lange so groß nicht, als er hernach in der That war, mochte eingebildet haben, vorher wissen sollen. Denn da er hernach Pastor Substitutus in der Thomas-Kirchen war, und statt des großen Zulauffs, den er in der Niclas-Kirchen als Freytags-Prediger gehabt, seine Kirche des Sonntags leer war, und die Vornehmen der Stadt samt den gemeinen Leuten Hauffen-weise zu mir in die Magnaten-Kirche, wie man da- zumahl die Peters-Kirche nannte, kamen, so wuste er sich kaum vor Unwillen zu laßen. Jch kan ja auch predigen, sagte er einst in der Sacristey mit grober Stimme, wie mir es der Küster nachmahls erzehlet, sind dann die Leute gantz bezaubert, was prediget der Kerl denn, daß ihm alles zuläufft?
Anno 1711. §. 113.
Bey dem allen so gerieth ich dazumahl in schrecklichen Streit mit mir selber, so daß ich zwey bis drey Tage den Schlüssel der Resolu- tion nicht finden, und auch vor Sorge, und vor den wider einander lauffenden, und streiten- den Gedancken nicht schlafen konte; indem ich nicht wuste, ob ich das Rectorat annehmen,
oder
geraͤth aber doch daruͤber
zufaͤllige Dinge haͤtte vorher ſehen, und meinen zukuͤnfftigen Applauſum, den er ſich lange ſo groß nicht, als er hernach in der That war, mochte eingebildet haben, vorher wiſſen ſollen. Denn da er hernach Paſtor Subſtitutus in der Thomas-Kirchen war, und ſtatt des großen Zulauffs, den er in der Niclas-Kirchen als Freytags-Prediger gehabt, ſeine Kirche des Sonntags leer war, und die Vornehmen der Stadt ſamt den gemeinen Leuten Hauffen-weiſe zu mir in die Magnaten-Kirche, wie man da- zumahl die Peters-Kirche nannte, kamen, ſo wuſte er ſich kaum vor Unwillen zu laßen. Jch kan ja auch predigen, ſagte er einſt in der Sacriſtey mit grober Stimme, wie mir es der Kuͤſter nachmahls erzehlet, ſind dann die Leute gantz bezaubert, was prediget der Kerl denn, daß ihm alles zulaͤufft?
Anno 1711. §. 113.
Bey dem allen ſo gerieth ich dazumahl in ſchrecklichen Streit mit mir ſelber, ſo daß ich zwey bis drey Tage den Schluͤſſel der Reſolu- tion nicht finden, und auch vor Sorge, und vor den wider einander lauffenden, und ſtreiten- den Gedancken nicht ſchlafen konte; indem ich nicht wuſte, ob ich das Rectorat annehmen,
oder
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0550"n="504"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">geraͤth aber doch daruͤber</hi></fw><lb/>
zufaͤllige Dinge haͤtte vorher ſehen, und meinen<lb/>
zukuͤnfftigen <hirendition="#aq">Applauſum,</hi> den er ſich lange ſo<lb/>
groß nicht, als er hernach in der That war,<lb/>
mochte eingebildet haben, vorher wiſſen ſollen.<lb/>
Denn da er hernach <hirendition="#aq">Paſtor Subſtitutus</hi> in der<lb/><hirendition="#aq">Thomas-</hi>Kirchen war, und ſtatt des großen<lb/>
Zulauffs, den er in der Niclas-Kirchen als<lb/>
Freytags-Prediger gehabt, ſeine Kirche des<lb/>
Sonntags leer war, und die Vornehmen der<lb/>
Stadt ſamt den gemeinen Leuten Hauffen-weiſe<lb/>
zu mir in die <hirendition="#aq">Magnat</hi>en-Kirche, wie man da-<lb/>
zumahl die Peters-Kirche nannte, kamen, ſo<lb/>
wuſte er ſich kaum vor Unwillen zu laßen.<lb/>
Jch kan ja auch predigen, ſagte er einſt in der<lb/>
Sacriſtey mit grober Stimme, wie mir es der<lb/>
Kuͤſter nachmahls erzehlet, ſind dann die Leute<lb/>
gantz bezaubert, was prediget der Kerl denn,<lb/>
daß ihm alles zulaͤufft?</p></div><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g"><hirendition="#aq">Anno</hi> 1711.</hi><lb/>
§. 113.</hi></head><lb/><p>Bey dem allen ſo gerieth ich dazumahl in<lb/>ſchrecklichen Streit mit mir ſelber, ſo daß ich<lb/>
zwey bis drey Tage den Schluͤſſel der <hirendition="#aq">Reſolu-<lb/>
tion</hi> nicht finden, und auch vor Sorge, und<lb/>
vor den wider einander lauffenden, und ſtreiten-<lb/>
den Gedancken nicht ſchlafen konte; indem ich<lb/>
nicht wuſte, ob ich das <hirendition="#aq">Rectorat</hi> annehmen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">oder</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[504/0550]
geraͤth aber doch daruͤber
zufaͤllige Dinge haͤtte vorher ſehen, und meinen
zukuͤnfftigen Applauſum, den er ſich lange ſo
groß nicht, als er hernach in der That war,
mochte eingebildet haben, vorher wiſſen ſollen.
Denn da er hernach Paſtor Subſtitutus in der
Thomas-Kirchen war, und ſtatt des großen
Zulauffs, den er in der Niclas-Kirchen als
Freytags-Prediger gehabt, ſeine Kirche des
Sonntags leer war, und die Vornehmen der
Stadt ſamt den gemeinen Leuten Hauffen-weiſe
zu mir in die Magnaten-Kirche, wie man da-
zumahl die Peters-Kirche nannte, kamen, ſo
wuſte er ſich kaum vor Unwillen zu laßen.
Jch kan ja auch predigen, ſagte er einſt in der
Sacriſtey mit grober Stimme, wie mir es der
Kuͤſter nachmahls erzehlet, ſind dann die Leute
gantz bezaubert, was prediget der Kerl denn,
daß ihm alles zulaͤufft?
Anno 1711.
§. 113.
Bey dem allen ſo gerieth ich dazumahl in
ſchrecklichen Streit mit mir ſelber, ſo daß ich
zwey bis drey Tage den Schluͤſſel der Reſolu-
tion nicht finden, und auch vor Sorge, und
vor den wider einander lauffenden, und ſtreiten-
den Gedancken nicht ſchlafen konte; indem ich
nicht wuſte, ob ich das Rectorat annehmen,
oder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/550>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.