Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner Wahl,
alte Tage müssen Slavakisch oder Sclavonisch ler-
nen, welches, wie ich hörte, der Schlüssel zu
allen den Sprachen ist, welche die Böhmen,
Polacken, und Ungern reden, so daselbst einge-
pfarret. Und wie leicht hätte es mir hernach
eben so gehen können, wie es dem Herrn Muth-
mann selbst vor etlichen Jahren gegangen, daß
ich so, wie er, wäre aus dem Lande gejaget
worden. Wiewol ich daran noch zweifele, ob
solches würde geschehen seyn. Denn einem
Bauer oder Bürger bald den Himmel zuzuschlies-
sen, und den Weg zum Altar zu versperren, weil
er aus Freuden manchmahl um die Saule in
der Schencke herum springet, hätte mich wohl
allzu harte deuchten dürffen.

Anno 1708.
§. 96.

Noch näher kam ich dem Ministerio in fol-
gendem 1708ten Jahre, und noch dazu in Leip-
zig. Die Stelle im Lazareth war vacant, weil
D. Schütze war Mittags-Prediger worden.
Jch hatte mich durch die Vesper-Predigt am
Char-Freytage in der Thomas-Kirchen bey Herrn
Appellation-Rath Plazen, und andern Hohen
des Raths, so recommendiret, daß alles vor
mich disponiret und eingerichtet war, und nie-
mand mehr an meiner Vocation zweifelte.

Herr

ſeiner Wahl,
alte Tage muͤſſen Slavakiſch oder Sclavoniſch ler-
nen, welches, wie ich hoͤrte, der Schluͤſſel zu
allen den Sprachen iſt, welche die Boͤhmen,
Polacken, und Ungern reden, ſo daſelbſt einge-
pfarret. Und wie leicht haͤtte es mir hernach
eben ſo gehen koͤnnen, wie es dem Herrn Muth-
mann ſelbſt vor etlichen Jahren gegangen, daß
ich ſo, wie er, waͤre aus dem Lande gejaget
worden. Wiewol ich daran noch zweifele, ob
ſolches wuͤrde geſchehen ſeyn. Denn einem
Bauer oder Buͤrger bald den Himmel zuzuſchlieſ-
ſen, und den Weg zum Altar zu verſperren, weil
er aus Freuden manchmahl um die Saule in
der Schencke herum ſpringet, haͤtte mich wohl
allzu harte deuchten duͤrffen.

Anno 1708.
§. 96.

Noch naͤher kam ich dem Miniſterio in fol-
gendem 1708ten Jahre, und noch dazu in Leip-
zig. Die Stelle im Lazareth war vacant, weil
D. Schuͤtze war Mittags-Prediger worden.
Jch hatte mich durch die Veſper-Predigt am
Char-Freytage in der Thomas-Kirchen bey Herrn
Appellation-Rath Plazen, und andern Hohen
des Raths, ſo recommendiret, daß alles vor
mich diſponiret und eingerichtet war, und nie-
mand mehr an meiner Vocation zweifelte.

Herr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0490" n="444"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">&#x017F;einer Wahl,</hi></fw><lb/>
alte Tage mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Slavaki</hi>&#x017F;ch oder <hi rendition="#aq">Sclavoni</hi>&#x017F;ch ler-<lb/>
nen, welches, wie ich ho&#x0364;rte, der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu<lb/>
allen den Sprachen i&#x017F;t, welche die Bo&#x0364;hmen,<lb/>
Polacken, und Ungern reden, &#x017F;o da&#x017F;elb&#x017F;t einge-<lb/>
pfarret. Und wie leicht ha&#x0364;tte es mir hernach<lb/>
eben &#x017F;o gehen ko&#x0364;nnen, wie es dem Herrn Muth-<lb/>
mann &#x017F;elb&#x017F;t vor etlichen Jahren gegangen, daß<lb/>
ich &#x017F;o, wie er, wa&#x0364;re aus dem Lande gejaget<lb/>
worden. Wiewol ich daran noch zweifele, ob<lb/>
&#x017F;olches wu&#x0364;rde ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn. Denn einem<lb/>
Bauer oder Bu&#x0364;rger bald den Himmel zuzu&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und den Weg zum Altar zu ver&#x017F;perren, weil<lb/>
er aus Freuden manchmahl um die Saule in<lb/>
der Schencke herum &#x017F;pringet, ha&#x0364;tte mich wohl<lb/>
allzu harte deuchten du&#x0364;rffen.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1708.</hi><lb/>
§. 96.</hi> </head><lb/>
        <p>Noch na&#x0364;her kam ich dem <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;terio</hi> in fol-<lb/>
gendem 1708ten Jahre, und noch dazu in Leip-<lb/>
zig. Die Stelle im Lazareth war <hi rendition="#aq">vacant,</hi> weil<lb/><hi rendition="#aq">D.</hi> Schu&#x0364;tze war Mittags-Prediger worden.<lb/>
Jch hatte mich durch die <hi rendition="#aq">Ve&#x017F;per-</hi>Predigt am<lb/>
Char-Freytage in der <hi rendition="#aq">Thomas-</hi>Kirchen bey Herrn<lb/><hi rendition="#aq">Appellation-</hi>Rath Plazen, und andern Hohen<lb/>
des Raths, &#x017F;o <hi rendition="#aq">recommendi</hi>ret, daß alles vor<lb/>
mich <hi rendition="#aq">di&#x017F;poni</hi>ret und eingerichtet war, und nie-<lb/>
mand mehr an meiner <hi rendition="#aq">Vocation</hi> zweifelte.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Herr</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[444/0490] ſeiner Wahl, alte Tage muͤſſen Slavakiſch oder Sclavoniſch ler- nen, welches, wie ich hoͤrte, der Schluͤſſel zu allen den Sprachen iſt, welche die Boͤhmen, Polacken, und Ungern reden, ſo daſelbſt einge- pfarret. Und wie leicht haͤtte es mir hernach eben ſo gehen koͤnnen, wie es dem Herrn Muth- mann ſelbſt vor etlichen Jahren gegangen, daß ich ſo, wie er, waͤre aus dem Lande gejaget worden. Wiewol ich daran noch zweifele, ob ſolches wuͤrde geſchehen ſeyn. Denn einem Bauer oder Buͤrger bald den Himmel zuzuſchlieſ- ſen, und den Weg zum Altar zu verſperren, weil er aus Freuden manchmahl um die Saule in der Schencke herum ſpringet, haͤtte mich wohl allzu harte deuchten duͤrffen. Anno 1708. §. 96. Noch naͤher kam ich dem Miniſterio in fol- gendem 1708ten Jahre, und noch dazu in Leip- zig. Die Stelle im Lazareth war vacant, weil D. Schuͤtze war Mittags-Prediger worden. Jch hatte mich durch die Veſper-Predigt am Char-Freytage in der Thomas-Kirchen bey Herrn Appellation-Rath Plazen, und andern Hohen des Raths, ſo recommendiret, daß alles vor mich diſponiret und eingerichtet war, und nie- mand mehr an meiner Vocation zweifelte. Herr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/490
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/490>, abgerufen am 30.12.2024.