Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

nach Leipzig, und ist froh, daß er
niß unserer Sinnen, oder aus dem Erkännt-
niß dessen, was wir mit unsern äußerlichen
und innerlichen Sinnen percipiren, und wahr-
nehmen.

Anno 1707.
§. 91.

So dachte ich damahls; doch ich muste
ietzt mehr vor meine zukünfftige irdische Glück-
seligkeit sorgen, welche ich dieses mahl weder in
Breßlau, noch in Rawitsch gefunden hatte.
Und ich dancke es GOTT noch diese Stunde,
daß ich sie damahls in Rawitsch vergeblich ge-
suchet, und daß mich Menschen an derselben
gehindert haben. Denn es kam nicht nur
kurtz darauf die Pest in diesen Ort, und riß viel
Menschen hin; sondern es wurde auch so gar
die Stadt noch vor der den Schweden höchst
fatalen unglücklichen Schlacht bey Pultawa vom
General Schultzen, auf des Czaars Ordre, nebst
der Stadt Liessa mit Feuer angesteckt, und der
Erden gleich gemacht. Was vor Jammer
dazumahl die Jnwohner betroffen, ist kaum hier
auszudrücken. Erst musten sie große Brandt-
schatzung zahlen, und darnach wurde dem ohn-
geachtet die Stadt an vier Orten angestecket.
Doch wären die Bürger bey diesem großen Un-
glück noch glücklich gewesen, wenn sie nur noch

hätten

nach Leipzig, und iſt froh, daß er
niß unſerer Sinnen, oder aus dem Erkaͤnnt-
niß deſſen, was wir mit unſern aͤußerlichen
und innerlichen Sinnen percipiren, und wahr-
nehmen.

Anno 1707.
§. 91.

So dachte ich damahls; doch ich muſte
ietzt mehr vor meine zukuͤnfftige irdiſche Gluͤck-
ſeligkeit ſorgen, welche ich dieſes mahl weder in
Breßlau, noch in Rawitſch gefunden hatte.
Und ich dancke es GOTT noch dieſe Stunde,
daß ich ſie damahls in Rawitſch vergeblich ge-
ſuchet, und daß mich Menſchen an derſelben
gehindert haben. Denn es kam nicht nur
kurtz darauf die Peſt in dieſen Ort, und riß viel
Menſchen hin; ſondern es wurde auch ſo gar
die Stadt noch vor der den Schweden hoͤchſt
fatalen ungluͤcklichen Schlacht bey Pultawa vom
General Schultzen, auf des Czaars Ordre, nebſt
der Stadt Lieſſa mit Feuer angeſteckt, und der
Erden gleich gemacht. Was vor Jammer
dazumahl die Jnwohner betroffen, iſt kaum hier
auszudruͤcken. Erſt muſten ſie große Brandt-
ſchatzung zahlen, und darnach wurde dem ohn-
geachtet die Stadt an vier Orten angeſtecket.
Doch waͤren die Buͤrger bey dieſem großen Un-
gluͤck noch gluͤcklich geweſen, wenn ſie nur noch

haͤtten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0477" n="431"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach Leipzig, und i&#x017F;t froh, daß er</hi></fw><lb/>
niß un&#x017F;erer Sinnen, oder aus dem Erka&#x0364;nnt-<lb/>
niß de&#x017F;&#x017F;en, was wir mit un&#x017F;ern a&#x0364;ußerlichen<lb/>
und innerlichen Sinnen <hi rendition="#aq">percipi</hi>ren, und wahr-<lb/>
nehmen.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1707.</hi><lb/>
§. 91.</hi> </head><lb/>
        <p>So dachte ich damahls; doch ich mu&#x017F;te<lb/>
ietzt mehr vor meine zuku&#x0364;nfftige irdi&#x017F;che Glu&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;eligkeit &#x017F;orgen, welche ich die&#x017F;es mahl weder in<lb/>
Breßlau, noch in Rawit&#x017F;ch gefunden hatte.<lb/>
Und ich dancke es <hi rendition="#g">GOTT</hi> noch die&#x017F;e Stunde,<lb/>
daß ich &#x017F;ie damahls in Rawit&#x017F;ch vergeblich ge-<lb/>
&#x017F;uchet, und daß mich Men&#x017F;chen an der&#x017F;elben<lb/>
gehindert haben. Denn es kam nicht nur<lb/>
kurtz darauf die Pe&#x017F;t in die&#x017F;en Ort, und riß viel<lb/>
Men&#x017F;chen hin; &#x017F;ondern es wurde auch &#x017F;o gar<lb/>
die Stadt noch vor der den Schweden ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/><hi rendition="#aq">fatal</hi>en unglu&#x0364;cklichen Schlacht bey <hi rendition="#aq">Pultawa</hi> vom<lb/><hi rendition="#aq">General</hi> Schultzen, auf des Czaars <hi rendition="#aq">Ordre,</hi> neb&#x017F;t<lb/>
der Stadt <hi rendition="#aq">Lie&#x017F;&#x017F;a</hi> mit Feuer ange&#x017F;teckt, und der<lb/>
Erden gleich gemacht. Was vor Jammer<lb/>
dazumahl die Jnwohner betroffen, i&#x017F;t kaum hier<lb/>
auszudru&#x0364;cken. Er&#x017F;t mu&#x017F;ten &#x017F;ie große Brandt-<lb/>
&#x017F;chatzung zahlen, und darnach wurde dem ohn-<lb/>
geachtet die Stadt an vier Orten ange&#x017F;tecket.<lb/>
Doch wa&#x0364;ren die Bu&#x0364;rger bey die&#x017F;em großen Un-<lb/>
glu&#x0364;ck noch glu&#x0364;cklich gewe&#x017F;en, wenn &#x017F;ie nur noch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;tten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[431/0477] nach Leipzig, und iſt froh, daß er niß unſerer Sinnen, oder aus dem Erkaͤnnt- niß deſſen, was wir mit unſern aͤußerlichen und innerlichen Sinnen percipiren, und wahr- nehmen. Anno 1707. §. 91. So dachte ich damahls; doch ich muſte ietzt mehr vor meine zukuͤnfftige irdiſche Gluͤck- ſeligkeit ſorgen, welche ich dieſes mahl weder in Breßlau, noch in Rawitſch gefunden hatte. Und ich dancke es GOTT noch dieſe Stunde, daß ich ſie damahls in Rawitſch vergeblich ge- ſuchet, und daß mich Menſchen an derſelben gehindert haben. Denn es kam nicht nur kurtz darauf die Peſt in dieſen Ort, und riß viel Menſchen hin; ſondern es wurde auch ſo gar die Stadt noch vor der den Schweden hoͤchſt fatalen ungluͤcklichen Schlacht bey Pultawa vom General Schultzen, auf des Czaars Ordre, nebſt der Stadt Lieſſa mit Feuer angeſteckt, und der Erden gleich gemacht. Was vor Jammer dazumahl die Jnwohner betroffen, iſt kaum hier auszudruͤcken. Erſt muſten ſie große Brandt- ſchatzung zahlen, und darnach wurde dem ohn- geachtet die Stadt an vier Orten angeſtecket. Doch waͤren die Buͤrger bey dieſem großen Un- gluͤck noch gluͤcklich geweſen, wenn ſie nur noch haͤtten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/477
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/477>, abgerufen am 30.12.2024.