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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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Wird hierauf mit GOttes-lästerlichen
GOtt bey dergleichen Fällen der beste Artzt und
Helffer ist, und, wie CHristus, bey manchem Pa-
tient
en Leib, und Seele zugleich durch unvermu-
thete Wege in bessern Zustand setzet.

Anno 1704.
§. 57.

Doch meine Plagen waren damit noch nicht
alle, sondern es war noch die Spitze, und der
höchste Grad der Anfechtung zurücke. Nun
folgten auf die mörderischen, und unflätigen Ge-
dancken die GOttes-lästerlichen Gedancken.
Es fand sich im Hertzen wie ein heimlicher
Grimm gegen GOtt, daß ich selbst nicht wuste,
ob es mein Ernst wäre, oder nicht. Ein klei-
ner Trost, der dabey noch übrig blieb, war,
daß ich mich darüber entsetzte, und wünschte,
daß dieser Grimm mit allen lästerlichen Gedan-
cken wieder vergehen möchte. Doch, das ge-
schah nicht bald, sondern es währte wol bis 3.
Wochen, daß mir offters wider meinen Wil-
len unversehens einfiel: Verflucht ist etc. so daß
ich alles verfluchte, und verwünschte. Jch
mag das Objectum dieser innerlichen Action
nicht ausdrücken, um niemanden damit zu er-
schrecken, oder einem Schwachen einen Anstoß
zu setzen. Die Imagination stellte mir diese
Gedancken so lebhafftig in meiner Seelen vor,

daß
Q

Wird hierauf mit GOttes-laͤſterlichen
GOtt bey dergleichen Faͤllen der beſte Artzt und
Helffer iſt, und, wie CHriſtus, bey manchem Pa-
tient
en Leib, und Seele zugleich durch unvermu-
thete Wege in beſſern Zuſtand ſetzet.

Anno 1704.
§. 57.

Doch meine Plagen waren damit noch nicht
alle, ſondern es war noch die Spitze, und der
hoͤchſte Grad der Anfechtung zuruͤcke. Nun
folgten auf die moͤrderiſchen, und unflaͤtigen Ge-
dancken die GOttes-laͤſterlichen Gedancken.
Es fand ſich im Hertzen wie ein heimlicher
Grimm gegen GOtt, daß ich ſelbſt nicht wuſte,
ob es mein Ernſt waͤre, oder nicht. Ein klei-
ner Troſt, der dabey noch uͤbrig blieb, war,
daß ich mich daruͤber entſetzte, und wuͤnſchte,
daß dieſer Grimm mit allen laͤſterlichen Gedan-
cken wieder vergehen moͤchte. Doch, das ge-
ſchah nicht bald, ſondern es waͤhrte wol bis 3.
Wochen, daß mir offters wider meinen Wil-
len unverſehens einfiel: Verflucht iſt ꝛc. ſo daß
ich alles verfluchte, und verwuͤnſchte. Jch
mag das Objectum dieſer innerlichen Action
nicht ausdruͤcken, um niemanden damit zu er-
ſchrecken, oder einem Schwachen einen Anſtoß
zu ſetzen. Die Imagination ſtellte mir dieſe
Gedancken ſo lebhafftig in meiner Seelen vor,

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[241/0287] Wird hierauf mit GOttes-laͤſterlichen GOtt bey dergleichen Faͤllen der beſte Artzt und Helffer iſt, und, wie CHriſtus, bey manchem Pa- tienten Leib, und Seele zugleich durch unvermu- thete Wege in beſſern Zuſtand ſetzet. Anno 1704. §. 57. Doch meine Plagen waren damit noch nicht alle, ſondern es war noch die Spitze, und der hoͤchſte Grad der Anfechtung zuruͤcke. Nun folgten auf die moͤrderiſchen, und unflaͤtigen Ge- dancken die GOttes-laͤſterlichen Gedancken. Es fand ſich im Hertzen wie ein heimlicher Grimm gegen GOtt, daß ich ſelbſt nicht wuſte, ob es mein Ernſt waͤre, oder nicht. Ein klei- ner Troſt, der dabey noch uͤbrig blieb, war, daß ich mich daruͤber entſetzte, und wuͤnſchte, daß dieſer Grimm mit allen laͤſterlichen Gedan- cken wieder vergehen moͤchte. Doch, das ge- ſchah nicht bald, ſondern es waͤhrte wol bis 3. Wochen, daß mir offters wider meinen Wil- len unverſehens einfiel: Verflucht iſt ꝛc. ſo daß ich alles verfluchte, und verwuͤnſchte. Jch mag das Objectum dieſer innerlichen Action nicht ausdruͤcken, um niemanden damit zu er- ſchrecken, oder einem Schwachen einen Anſtoß zu ſetzen. Die Imagination ſtellte mir dieſe Gedancken ſo lebhafftig in meiner Seelen vor, daß Q

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/287>, abgerufen am 21.11.2024.