Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

kombt in die Stadt
vorleget: ja daß übernatürliche Würckungen in
der Welt, und unter den Menschen sich ereignen;
oder GOtt doch, was insonderheit die Träume
anbetrifft, die menschlichen Seelen so erschaffen,
daß sie zu diesen, oder jenen Zeiten solche Phanta-
sien in der Nacht bekommen müssen, welche den
Menschen, das was ihnen begegnen wird, zuvor
abbilden und andeuten.

Anno 1690.
§. 13.

Es wurde mir beschwerlich stets des Tages
zweymal in die Stadt ins Gymnasium zu ge-
hen, indem das Theil der Vorstadt, wo meine
Eltern wohnten, so weit von der Stadt, als
hier der große Kohl-Garten, entfernet war.
Bey bösem Wetter, insonderheit im Herbst und
Winter, muste ich, wie leicht zu erachten, viel
ausstehen, und wurden auch Kleider und Schuhe
sehr ruiniret. Dannenhero entschlossen sich
meine Eltern mich in die Stadt zu iemanden zu
thun, daß ich wenigstens nicht alle Abende nach
Hause zu kommen genöthiget wäre. Jch kam
also zu einem Braumeister, der unter dem Olaui-
schen Schwiebogen bey einem Brandtewein-
Brenner und Distilirer im Hinter-Hause wohnte,
und der mir eine Cammer einräumete. Denn,
weil er Kinder hatte, und ich wohl schreiben, und

fertig

kombt in die Stadt
vorleget: ja daß uͤbernatuͤrliche Wuͤrckungen in
der Welt, und unter den Menſchen ſich ereignen;
oder GOtt doch, was inſonderheit die Traͤume
anbetrifft, die menſchlichen Seelen ſo erſchaffen,
daß ſie zu dieſen, oder jenen Zeiten ſolche Phanta-
ſien in der Nacht bekommen muͤſſen, welche den
Menſchen, das was ihnen begegnen wird, zuvor
abbilden und andeuten.

Anno 1690.
§. 13.

Es wurde mir beſchwerlich ſtets des Tages
zweymal in die Stadt ins Gymnaſium zu ge-
hen, indem das Theil der Vorſtadt, wo meine
Eltern wohnten, ſo weit von der Stadt, als
hier der große Kohl-Garten, entfernet war.
Bey boͤſem Wetter, inſonderheit im Herbſt und
Winter, muſte ich, wie leicht zu erachten, viel
ausſtehen, und wurden auch Kleider und Schuhe
ſehr ruiniret. Dannenhero entſchloſſen ſich
meine Eltern mich in die Stadt zu iemanden zu
thun, daß ich wenigſtens nicht alle Abende nach
Hauſe zu kommen genoͤthiget waͤre. Jch kam
alſo zu einem Braumeiſter, der unter dem Olaui-
ſchen Schwiebogen bey einem Brandtewein-
Brenner und Diſtilirer im Hinter-Hauſe wohnte,
und der mir eine Cammer einraͤumete. Denn,
weil er Kinder hatte, und ich wohl ſchreiben, und

fertig
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0109" n="63"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">kombt in die Stadt</hi></fw><lb/>
vorleget: ja daß u&#x0364;bernatu&#x0364;rliche Wu&#x0364;rckungen in<lb/>
der Welt, und unter den Men&#x017F;chen &#x017F;ich ereignen;<lb/>
oder GOtt doch, was in&#x017F;onderheit die Tra&#x0364;ume<lb/>
anbetrifft, die men&#x017F;chlichen Seelen &#x017F;o er&#x017F;chaffen,<lb/>
daß &#x017F;ie zu die&#x017F;en, oder jenen Zeiten &#x017F;olche Phanta-<lb/>
&#x017F;ien in der Nacht bekommen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, welche den<lb/>
Men&#x017F;chen, das was ihnen begegnen wird, zuvor<lb/>
abbilden und andeuten.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Anno</hi></hi> 1690.</hi><lb/>
§. 13.</head><lb/>
        <p>Es wurde mir be&#x017F;chwerlich &#x017F;tets des Tages<lb/>
zweymal in die Stadt ins <hi rendition="#aq">Gymna&#x017F;ium</hi> zu ge-<lb/>
hen, indem das Theil der Vor&#x017F;tadt, wo meine<lb/>
Eltern wohnten, &#x017F;o weit von der Stadt, als<lb/>
hier der große Kohl-Garten, entfernet war.<lb/>
Bey bo&#x0364;&#x017F;em Wetter, in&#x017F;onderheit im Herb&#x017F;t und<lb/>
Winter, mu&#x017F;te ich, wie leicht zu erachten, viel<lb/>
aus&#x017F;tehen, und wurden auch Kleider und Schuhe<lb/>
&#x017F;ehr <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret. Dannenhero ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
meine Eltern mich in die Stadt zu iemanden zu<lb/>
thun, daß ich wenig&#x017F;tens nicht alle Abende nach<lb/>
Hau&#x017F;e zu kommen geno&#x0364;thiget wa&#x0364;re. Jch kam<lb/>
al&#x017F;o zu einem Braumei&#x017F;ter, der unter dem <hi rendition="#aq">Olaui-</hi><lb/>
&#x017F;chen Schwiebogen bey einem Brandtewein-<lb/>
Brenner und <hi rendition="#aq">Di&#x017F;tili</hi>rer im Hinter-Hau&#x017F;e wohnte,<lb/>
und der mir eine Cammer einra&#x0364;umete. Denn,<lb/>
weil er Kinder hatte, und ich wohl &#x017F;chreiben, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fertig</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0109] kombt in die Stadt vorleget: ja daß uͤbernatuͤrliche Wuͤrckungen in der Welt, und unter den Menſchen ſich ereignen; oder GOtt doch, was inſonderheit die Traͤume anbetrifft, die menſchlichen Seelen ſo erſchaffen, daß ſie zu dieſen, oder jenen Zeiten ſolche Phanta- ſien in der Nacht bekommen muͤſſen, welche den Menſchen, das was ihnen begegnen wird, zuvor abbilden und andeuten. Anno 1690. §. 13. Es wurde mir beſchwerlich ſtets des Tages zweymal in die Stadt ins Gymnaſium zu ge- hen, indem das Theil der Vorſtadt, wo meine Eltern wohnten, ſo weit von der Stadt, als hier der große Kohl-Garten, entfernet war. Bey boͤſem Wetter, inſonderheit im Herbſt und Winter, muſte ich, wie leicht zu erachten, viel ausſtehen, und wurden auch Kleider und Schuhe ſehr ruiniret. Dannenhero entſchloſſen ſich meine Eltern mich in die Stadt zu iemanden zu thun, daß ich wenigſtens nicht alle Abende nach Hauſe zu kommen genoͤthiget waͤre. Jch kam alſo zu einem Braumeiſter, der unter dem Olaui- ſchen Schwiebogen bey einem Brandtewein- Brenner und Diſtilirer im Hinter-Hauſe wohnte, und der mir eine Cammer einraͤumete. Denn, weil er Kinder hatte, und ich wohl ſchreiben, und fertig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/109
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/109>, abgerufen am 21.12.2024.