die gesellig in den Ritzen und Vertiefungen der grösseren Steinblöcke sitzt (Risella).
Die schlammigen Stellen, in welche die Bucht von Aberdeen landeinwärts endigt, sind bevölkert von Cerithium sulcatum, einer Krabbe, die sich bei Annäherung eines Feindes in ihre cylindrischen Löcher zurückzieht, und von einem kleinen Fisch, Periophthalmus? der ausserhalb des Wassers, auf die Brustflossen gestützt, mit er- hobenem Kopf zu ruhen pflegt und mit seinen hochgestellten Augen gut Wache hält, denn es gelang mir nie, ihn zu erhaschen; stets plätscherte er mit raschen Sprüngen durch Schlagen des Schwanzes davon, und meist war dieses Springen mir das erste Zeichen seiner Anwesenheit. Ein gelbbuschiger Silberreiher, der behaglich im Schlamm herumwatet, und eine Silbermöve waren die einzigen Wasservögel, die ich hier an der Südseite der Insel sah; an der Nordseite sah ich gar keine.
Dass auch an grösseren Meerschnecken in der Tiefe kein Mangel ist, zeigt der grosse Fusus colosseus Lam., den ich lebend auf dem Victualienmarkt von Aberdeen traf.
4. Kanton, 15.--18. April 1861,
Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (Kwantung), an der Südwest- ecke von China, ist rings von Niederungen, Reisfeldern und Fluss- armen umgeben, in denen nur Paludina Sinensis Gray und Cyrena fluminea Müll. leben. Nur nördlich erhebt sich eine Hügelgruppe, die weissen Wolkenberge, pak-wan-schan, grösstentheils kahl, mit zahlreichen Mandarinengräbern und Tempeln geschmückt; die spar- samen Gebüsche daselbst beherbergen ein paar Landschnecken, wie Cyclophorus punctatus Gratel., die eigenthümliche linksgewundene Helix cicatricosa Müll., früher für westafrikanisch gehalten, und die kleine kosmopolitische H. similaris. Bunte Ritterschmetterlinge und grosse Heuschrecken bestätigen den Tropencharakter der Gegend. In den reichen und kunstvollen Gärten südlich der Stadt sah ich mich fast ganz vergeblich nach Schnecken um, nur eine H. similaris, wenige Cyrenen und die schlankere Paludina angularis, todt und verkalkt, waren zu sehen.
Mehr Beute kann der Zoologe auf den Strassen selbst machen, wo Fische, kleine Krebse (Palaemon) und Muscheln häufig feil-
Hongkong. Kanton.
die gesellig in den Ritzen und Vertiefungen der grösseren Steinblöcke sitzt (Risella).
Die schlammigen Stellen, in welche die Bucht von Aberdeen landeinwärts endigt, sind bevölkert von Cerithium sulcatum, einer Krabbe, die sich bei Annäherung eines Feindes in ihre cylindrischen Löcher zurückzieht, und von einem kleinen Fisch, Periophthalmus? der ausserhalb des Wassers, auf die Brustflossen gestützt, mit er- hobenem Kopf zu ruhen pflegt und mit seinen hochgestellten Augen gut Wache hält, denn es gelang mir nie, ihn zu erhaschen; stets plätscherte er mit raschen Sprüngen durch Schlagen des Schwanzes davon, und meist war dieses Springen mir das erste Zeichen seiner Anwesenheit. Ein gelbbuschiger Silberreiher, der behaglich im Schlamm herumwatet, und eine Silbermöve waren die einzigen Wasservögel, die ich hier an der Südseite der Insel sah; an der Nordseite sah ich gar keine.
Dass auch an grösseren Meerschnecken in der Tiefe kein Mangel ist, zeigt der grosse Fusus colosseus Lam., den ich lebend auf dem Victualienmarkt von Aberdeen traf.
4. Kanton, 15.—18. April 1861,
Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (Kwantung), an der Südwest- ecke von China, ist rings von Niederungen, Reisfeldern und Fluss- armen umgeben, in denen nur Paludina Sinensis Gray und Cyrena fluminea Müll. leben. Nur nördlich erhebt sich eine Hügelgruppe, die weissen Wolkenberge, pak-wan-schan, grösstentheils kahl, mit zahlreichen Mandarinengräbern und Tempeln geschmückt; die spar- samen Gebüsche daselbst beherbergen ein paar Landschnecken, wie Cyclophorus punctatus Gratel., die eigenthümliche linksgewundene Helix cicatricosa Müll., früher für westafrikanisch gehalten, und die kleine kosmopolitische H. similaris. Bunte Ritterschmetterlinge und grosse Heuschrecken bestätigen den Tropencharakter der Gegend. In den reichen und kunstvollen Gärten südlich der Stadt sah ich mich fast ganz vergeblich nach Schnecken um, nur eine H. similaris, wenige Cyrenen und die schlankere Paludina angularis, todt und verkalkt, waren zu sehen.
Mehr Beute kann der Zoologe auf den Strassen selbst machen, wo Fische, kleine Krebse (Palaemon) und Muscheln häufig feil-
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Hongkong. Kanton.
die gesellig in den Ritzen und Vertiefungen der grösseren Steinblöcke
sitzt (Risella).
Die schlammigen Stellen, in welche die Bucht von Aberdeen
landeinwärts endigt, sind bevölkert von Cerithium sulcatum, einer
Krabbe, die sich bei Annäherung eines Feindes in ihre cylindrischen
Löcher zurückzieht, und von einem kleinen Fisch, Periophthalmus?
der ausserhalb des Wassers, auf die Brustflossen gestützt, mit er-
hobenem Kopf zu ruhen pflegt und mit seinen hochgestellten Augen
gut Wache hält, denn es gelang mir nie, ihn zu erhaschen; stets
plätscherte er mit raschen Sprüngen durch Schlagen des Schwanzes
davon, und meist war dieses Springen mir das erste Zeichen seiner
Anwesenheit. Ein gelbbuschiger Silberreiher, der behaglich im
Schlamm herumwatet, und eine Silbermöve waren die einzigen
Wasservögel, die ich hier an der Südseite der Insel sah; an der
Nordseite sah ich gar keine.
Dass auch an grösseren Meerschnecken in der Tiefe kein
Mangel ist, zeigt der grosse Fusus colosseus Lam., den ich lebend
auf dem Victualienmarkt von Aberdeen traf.
4. Kanton,
15.—18. April 1861,
Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (Kwantung), an der Südwest-
ecke von China, ist rings von Niederungen, Reisfeldern und Fluss-
armen umgeben, in denen nur Paludina Sinensis Gray und Cyrena
fluminea Müll. leben. Nur nördlich erhebt sich eine Hügelgruppe,
die weissen Wolkenberge, pak-wan-schan, grösstentheils kahl, mit
zahlreichen Mandarinengräbern und Tempeln geschmückt; die spar-
samen Gebüsche daselbst beherbergen ein paar Landschnecken, wie
Cyclophorus punctatus Gratel., die eigenthümliche linksgewundene
Helix cicatricosa Müll., früher für westafrikanisch gehalten, und die
kleine kosmopolitische H. similaris. Bunte Ritterschmetterlinge und
grosse Heuschrecken bestätigen den Tropencharakter der Gegend.
In den reichen und kunstvollen Gärten südlich der Stadt sah ich
mich fast ganz vergeblich nach Schnecken um, nur eine H. similaris,
wenige Cyrenen und die schlankere Paludina angularis, todt und
verkalkt, waren zu sehen.
Mehr Beute kann der Zoologe auf den Strassen selbst machen,
wo Fische, kleine Krebse (Palaemon) und Muscheln häufig feil-
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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/184>, abgerufen am 22.12.2024.
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