wagen ziehend, in welchen die Hauptpersonen eines prächtigen Aufzuges sassen. Für uns blieb es kauderwelsch und wurde mit der Zeit recht langweilig; waren auch einzelne Tänzerinnen ge- wandt, so kehrten doch die eingeschulten Gebehrden immer wie- der; die höchste Leistung scheint in der Kunst zu bestehen, den Unterarm aus dem Elbogen auszurenken und die Finger unnatür- lich gegen das Handgelenk zurückzubiegen.
Graf Eulenburg benutzte die Zeit, um dem König eine Münz- sammlung aus allen deutschen Staaten zu überreichen, welche grossen Beifall fand. Der König nannte jetzt auch die Gegen- geschenke, die er für Seine Majestät den König von Preussen be- stimmte. Dem Gesandten verehrte er zum Abschied einen voll- ständigen Apparat, wie er den siamesischen Grossen nachgetragen wird: eine Theekanne, Betelbüchse, grosse Schale und Cigarren- tasche, aus Silber getrieben mit aufgelegten Goldblumen. -- Wir schieden mit ermüdeten Sinnen.
In den folgenden Tagen erhielt Graf Eulenburg die Ab- schiedsbesuche des Kalahum, der eine Reise in die Provinzen an- trat, und anderer siamesischen Grossen. Der König schickte auch seinen Waffenbewahrer mit sechs kostbaren, überreich mit Juwelen besetzten Schwertern von schöner Arbeit, die zur Industrie-Aus- stellung nach London gehn sollten. -- Das Verlangen des Zweiten Königs, preussische Schiesswaffen wenigstens zu sehen, war so gross, dass er einen Dampfer danach auf die Rhede hinaussandte. Nach dessen Rückkehr wurde Capitän Sundewall mit seinem Schwa- ger Baron Bennett sofort zur Audienz eingeladen; der Commodore zeigte und erklärte dem König den Mechanismus des preussischen Zündnadelgewehrs und machte demselben eine ähnlich construirte Büchse zum Geschenk.
Am Abend des 14. Februar kam der jüngste Bruder der Könige, um dem Gesandten die für Seine Majestät den König von Preussen bestimmten Geschenke zu zeigen und sich deren englische Namen aufzuschreiben: zwei Jagdspiesse, ein reich gearbeitetes Schwert und ein Visitenkarten-Futteral aus Gold, mit Juwelen be- setzt. -- Da Graf Eulenburg leidend war, so mussten die Abschieds- audienzen bis zum 17. Februar verschoben werden. Der Zweite König, welcher den Gesandten Morgens empfing, war diesmal viel unbefangener und zeigte mit sichtlichem Vergnügen einige an der geschenkten Zündnadelbüchse von ihm selbst gemachte Verbesse-
Abschiedsaudienzen. XXII.
wagen ziehend, in welchen die Hauptpersonen eines prächtigen Aufzuges sassen. Für uns blieb es kauderwelsch und wurde mit der Zeit recht langweilig; waren auch einzelne Tänzerinnen ge- wandt, so kehrten doch die eingeschulten Gebehrden immer wie- der; die höchste Leistung scheint in der Kunst zu bestehen, den Unterarm aus dem Elbogen auszurenken und die Finger unnatür- lich gegen das Handgelenk zurückzubiegen.
Graf Eulenburg benutzte die Zeit, um dem König eine Münz- sammlung aus allen deutschen Staaten zu überreichen, welche grossen Beifall fand. Der König nannte jetzt auch die Gegen- geschenke, die er für Seine Majestät den König von Preussen be- stimmte. Dem Gesandten verehrte er zum Abschied einen voll- ständigen Apparat, wie er den siamesischen Grossen nachgetragen wird: eine Theekanne, Betelbüchse, grosse Schale und Cigarren- tasche, aus Silber getrieben mit aufgelegten Goldblumen. — Wir schieden mit ermüdeten Sinnen.
In den folgenden Tagen erhielt Graf Eulenburg die Ab- schiedsbesuche des Kalahum, der eine Reise in die Provinzen an- trat, und anderer siamesischen Grossen. Der König schickte auch seinen Waffenbewahrer mit sechs kostbaren, überreich mit Juwelen besetzten Schwertern von schöner Arbeit, die zur Industrie-Aus- stellung nach London gehn sollten. — Das Verlangen des Zweiten Königs, preussische Schiesswaffen wenigstens zu sehen, war so gross, dass er einen Dampfer danach auf die Rhede hinaussandte. Nach dessen Rückkehr wurde Capitän Sundewall mit seinem Schwa- ger Baron Bennett sofort zur Audienz eingeladen; der Commodore zeigte und erklärte dem König den Mechanismus des preussischen Zündnadelgewehrs und machte demselben eine ähnlich construirte Büchse zum Geschenk.
Am Abend des 14. Februar kam der jüngste Bruder der Könige, um dem Gesandten die für Seine Majestät den König von Preussen bestimmten Geschenke zu zeigen und sich deren englische Namen aufzuschreiben: zwei Jagdspiesse, ein reich gearbeitetes Schwert und ein Visitenkarten-Futteral aus Gold, mit Juwelen be- setzt. — Da Graf Eulenburg leidend war, so mussten die Abschieds- audienzen bis zum 17. Februar verschoben werden. Der Zweite König, welcher den Gesandten Morgens empfing, war diesmal viel unbefangener und zeigte mit sichtlichem Vergnügen einige an der geschenkten Zündnadelbüchse von ihm selbst gemachte Verbesse-
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Abschiedsaudienzen. XXII.
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Aufzuges sassen. Für uns blieb es kauderwelsch und wurde mit
der Zeit recht langweilig; waren auch einzelne Tänzerinnen ge-
wandt, so kehrten doch die eingeschulten Gebehrden immer wie-
der; die höchste Leistung scheint in der Kunst zu bestehen, den
Unterarm aus dem Elbogen auszurenken und die Finger unnatür-
lich gegen das Handgelenk zurückzubiegen.
Graf Eulenburg benutzte die Zeit, um dem König eine Münz-
sammlung aus allen deutschen Staaten zu überreichen, welche
grossen Beifall fand. Der König nannte jetzt auch die Gegen-
geschenke, die er für Seine Majestät den König von Preussen be-
stimmte. Dem Gesandten verehrte er zum Abschied einen voll-
ständigen Apparat, wie er den siamesischen Grossen nachgetragen
wird: eine Theekanne, Betelbüchse, grosse Schale und Cigarren-
tasche, aus Silber getrieben mit aufgelegten Goldblumen. — Wir
schieden mit ermüdeten Sinnen.
In den folgenden Tagen erhielt Graf Eulenburg die Ab-
schiedsbesuche des Kalahum, der eine Reise in die Provinzen an-
trat, und anderer siamesischen Grossen. Der König schickte auch
seinen Waffenbewahrer mit sechs kostbaren, überreich mit Juwelen
besetzten Schwertern von schöner Arbeit, die zur Industrie-Aus-
stellung nach London gehn sollten. — Das Verlangen des Zweiten
Königs, preussische Schiesswaffen wenigstens zu sehen, war so
gross, dass er einen Dampfer danach auf die Rhede hinaussandte.
Nach dessen Rückkehr wurde Capitän Sundewall mit seinem Schwa-
ger Baron Bennett sofort zur Audienz eingeladen; der Commodore
zeigte und erklärte dem König den Mechanismus des preussischen
Zündnadelgewehrs und machte demselben eine ähnlich construirte
Büchse zum Geschenk.
Am Abend des 14. Februar kam der jüngste Bruder der
Könige, um dem Gesandten die für Seine Majestät den König von
Preussen bestimmten Geschenke zu zeigen und sich deren englische
Namen aufzuschreiben: zwei Jagdspiesse, ein reich gearbeitetes
Schwert und ein Visitenkarten-Futteral aus Gold, mit Juwelen be-
setzt. — Da Graf Eulenburg leidend war, so mussten die Abschieds-
audienzen bis zum 17. Februar verschoben werden. Der Zweite
König, welcher den Gesandten Morgens empfing, war diesmal viel
unbefangener und zeigte mit sichtlichem Vergnügen einige an der
geschenkten Zündnadelbüchse von ihm selbst gemachte Verbesse-
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/334>, abgerufen am 26.04.2024.
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