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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Davis. Robinson. Elliot.
Stellung. Es war ihm sogar verboten, ohne ausdrückliche Erlaubniss
der heimathlichen Regierung sich an den Hof von Pe-kin zu wen-
den, eine Maassregel, zu welcher Davis auch nach dem schlechten
Empfange in Kan-ton drängte. Die Erlaubniss dazu konnten die
Commissare selbst in den nächsten Jahren nicht erlangen; ihre
Mittel waren allerdings erschöpft, ihre Stellung unhaltbar.

Nach Lord Napiers Tode wurde Mr. Davis Ober-Commissar,
und ernannte Capitän Elliot, welcher bis dahin "Master Attendant"
oder Zoll-Commissar der englischen Regierung im Kan-ton-Flusse22)
gewesen war, zum Secretär der Commission. Anfang 1835 ging
Davis nach England; Sir George Robinson wurde sein Nachfolger
und Elliot trat als Mitglied in die Commission ein. Sie lebten ohne
amtliche Thätigkeit in Macao und enthielten sich jeder Mittheilung
an die Regierung in Kan-ton. Die dortige Gemeinde der englischen
Kaufleute war ohne Organ den chinesischen Behörden gegenüber,
und die Uebelstände dieser Lage machten sich fühlbar. Der Vice-
König befahl den Engländern wiederholt, einen provisorischen
Tae-pan oder Vertreter aus ihrer Mitte zu Beaufsichtigung des
Schiffsverkehrs und Unterdrückung des Schleichhandels zu bestellen,
und die Absendung eines Handelsvorstehers aus der Heimath zu
erwirken, der aber Kaufmann sein müsse, nicht königlicher Beamter.
Die Nachtheile der Lage trafen aber vorzugsweise die Chinesen;
man liess deshalb ihre Anträge unbeachtet und wartete auf ihr
Entgegenkommen. -- Die Jahre 1835 und 1836 vergingen ohne we-
sentliche Störung, die gleichen Interessen förderten den ruhigen
Betrieb der Geschäfte. Die englischen Commissare ersuchten unter-
dessen vergebens die heimathliche Regierung um Erweiterung ihrer
Befugnisse. Sir George Robinson gab seinen Posten auf, und Capitän
Elliot wurde Ober-Commissar.

1834.Wie zu erwarten war, hatte der Schleichhandel seit 1834 unge-
heure Dimensionen angenommen und erstreckte sich zum Schaden
des gesetzlich erlaubten Handels bald auf alle möglichen Artikel.
Die Opium-Einfuhr war streng verboten; die Behörden konnten
sie um des grossen Gewinnes willen nur so lange dulden, als sich
dieser Handel in die einsamen Buchten der Felsen-Eilande vor
dem Perl-Flusse versteckte. Schon 1833 zwang die offene Gewalt

22) Die seitens der englischen Regierung von den Schiffen im Kan-ton-
Flusse
erhobenen Abgaben wurden mit dem Monopol der ostindischen Compagnie
aufgehoben und jenes Amt ging ein.

Davis. Robinson. Elliot.
Stellung. Es war ihm sogar verboten, ohne ausdrückliche Erlaubniss
der heimathlichen Regierung sich an den Hof von Pe-kiṅ zu wen-
den, eine Maassregel, zu welcher Davis auch nach dem schlechten
Empfange in Kan-ton drängte. Die Erlaubniss dazu konnten die
Commissare selbst in den nächsten Jahren nicht erlangen; ihre
Mittel waren allerdings erschöpft, ihre Stellung unhaltbar.

Nach Lord Napiers Tode wurde Mr. Davis Ober-Commissar,
und ernannte Capitän Elliot, welcher bis dahin »Master Attendant«
oder Zoll-Commissar der englischen Regierung im Kan-ton-Flusse22)
gewesen war, zum Secretär der Commission. Anfang 1835 ging
Davis nach England; Sir George Robinson wurde sein Nachfolger
und Elliot trat als Mitglied in die Commission ein. Sie lebten ohne
amtliche Thätigkeit in Macao und enthielten sich jeder Mittheilung
an die Regierung in Kan-ton. Die dortige Gemeinde der englischen
Kaufleute war ohne Organ den chinesischen Behörden gegenüber,
und die Uebelstände dieser Lage machten sich fühlbar. Der Vice-
König befahl den Engländern wiederholt, einen provisorischen
Tae-pan oder Vertreter aus ihrer Mitte zu Beaufsichtigung des
Schiffsverkehrs und Unterdrückung des Schleichhandels zu bestellen,
und die Absendung eines Handelsvorstehers aus der Heimath zu
erwirken, der aber Kaufmann sein müsse, nicht königlicher Beamter.
Die Nachtheile der Lage trafen aber vorzugsweise die Chinesen;
man liess deshalb ihre Anträge unbeachtet und wartete auf ihr
Entgegenkommen. — Die Jahre 1835 und 1836 vergingen ohne we-
sentliche Störung, die gleichen Interessen förderten den ruhigen
Betrieb der Geschäfte. Die englischen Commissare ersuchten unter-
dessen vergebens die heimathliche Regierung um Erweiterung ihrer
Befugnisse. Sir George Robinson gab seinen Posten auf, und Capitän
Elliot wurde Ober-Commissar.

1834.Wie zu erwarten war, hatte der Schleichhandel seit 1834 unge-
heure Dimensionen angenommen und erstreckte sich zum Schaden
des gesetzlich erlaubten Handels bald auf alle möglichen Artikel.
Die Opium-Einfuhr war streng verboten; die Behörden konnten
sie um des grossen Gewinnes willen nur so lange dulden, als sich
dieser Handel in die einsamen Buchten der Felsen-Eilande vor
dem Perl-Flusse versteckte. Schon 1833 zwang die offene Gewalt

22) Die seitens der englischen Regierung von den Schiffen im Kan-ton-
Flusse
erhobenen Abgaben wurden mit dem Monopol der ostindischen Compagnie
aufgehoben und jenes Amt ging ein.
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[62/0084] Davis. Robinson. Elliot. Stellung. Es war ihm sogar verboten, ohne ausdrückliche Erlaubniss der heimathlichen Regierung sich an den Hof von Pe-kiṅ zu wen- den, eine Maassregel, zu welcher Davis auch nach dem schlechten Empfange in Kan-ton drängte. Die Erlaubniss dazu konnten die Commissare selbst in den nächsten Jahren nicht erlangen; ihre Mittel waren allerdings erschöpft, ihre Stellung unhaltbar. Nach Lord Napiers Tode wurde Mr. Davis Ober-Commissar, und ernannte Capitän Elliot, welcher bis dahin »Master Attendant« oder Zoll-Commissar der englischen Regierung im Kan-ton-Flusse 22) gewesen war, zum Secretär der Commission. Anfang 1835 ging Davis nach England; Sir George Robinson wurde sein Nachfolger und Elliot trat als Mitglied in die Commission ein. Sie lebten ohne amtliche Thätigkeit in Macao und enthielten sich jeder Mittheilung an die Regierung in Kan-ton. Die dortige Gemeinde der englischen Kaufleute war ohne Organ den chinesischen Behörden gegenüber, und die Uebelstände dieser Lage machten sich fühlbar. Der Vice- König befahl den Engländern wiederholt, einen provisorischen Tae-pan oder Vertreter aus ihrer Mitte zu Beaufsichtigung des Schiffsverkehrs und Unterdrückung des Schleichhandels zu bestellen, und die Absendung eines Handelsvorstehers aus der Heimath zu erwirken, der aber Kaufmann sein müsse, nicht königlicher Beamter. Die Nachtheile der Lage trafen aber vorzugsweise die Chinesen; man liess deshalb ihre Anträge unbeachtet und wartete auf ihr Entgegenkommen. — Die Jahre 1835 und 1836 vergingen ohne we- sentliche Störung, die gleichen Interessen förderten den ruhigen Betrieb der Geschäfte. Die englischen Commissare ersuchten unter- dessen vergebens die heimathliche Regierung um Erweiterung ihrer Befugnisse. Sir George Robinson gab seinen Posten auf, und Capitän Elliot wurde Ober-Commissar. Wie zu erwarten war, hatte der Schleichhandel seit 1834 unge- heure Dimensionen angenommen und erstreckte sich zum Schaden des gesetzlich erlaubten Handels bald auf alle möglichen Artikel. Die Opium-Einfuhr war streng verboten; die Behörden konnten sie um des grossen Gewinnes willen nur so lange dulden, als sich dieser Handel in die einsamen Buchten der Felsen-Eilande vor dem Perl-Flusse versteckte. Schon 1833 zwang die offene Gewalt 1834. 22) Die seitens der englischen Regierung von den Schiffen im Kan-ton- Flusse erhobenen Abgaben wurden mit dem Monopol der ostindischen Compagnie aufgehoben und jenes Amt ging ein.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/84>, abgerufen am 26.04.2024.