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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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V.
YEDDO.

VOM 19. SEPTEMBER BIS 2. OCTOBER.


O-Yeddo, "das grosse Yeddo" -- so nennt es der höfliche Japaner
aus der Provinz dem Bewohner der Hauptstadt gegenüber -- bedeckt
mit seinen Vorstädten einen grösseren Flächenraum als London. Ein
breiter Fluss, der O-gava -- Grosse Fluss -- strömt von Nordwesten
nach Südosten hindurch und theilt die Stadt in zwei ungleiche
Hälften. Die nördliche ist ganz flach und wird östlich von einem
kleineren, dem O-gava fast gleichlaufenden Flüsschen begrenzt;
die weit grössere südliche Hälfte ist nur in ihrem nordöstlichen
Theile, am Ufer des O-gava eben, sonst überall mit Hügelreihen
durchsetzt. Den Stadttheil nordöstlich vom O-gava, das Hondzo,
bewässert ein Netz von zahlreichen Canälen, welche die beiden
Flüsse mit einander verbinden; auch das südöstliche Yeddo ist
reich an Wasserläufen, natürlichen und künstlichen, die theils den
Abfluss der verschiedenen Thalsenkungen bilden, theils aus dem
O-gava gespeist werden. Dieser Strom ist etwa so breit wie die
Elbe bei Dresden, aber wasserreicher, und in seinem Lauf durch
die Hauptstadt von vier mächtigen Pfahlbrücken überspannt.

Etwa eine Viertelmeile vom O-gava zieht sich ungefähr ihm
parallel die erste Hügelkette hin, auf deren höchster Erhebung
in ausgedehnten Park- und Gartenanlagen die Paläste des Taikun
und des Thronfolgers liegen. Sie sind von einer Ringmauer mit
breitem tiefem Wassergraben umschlossen; acht Brücken und Dämme
mit befestigten Thoren bilden die Zugänge. Die Ringmauer aus
grossen polygonischen Blöcken setzt sich um das sogenannte Siro --
das Schloss, -- und weiter um das Soto-Siro -- die Umgebung des
Schlosses -- in unregelmässiger Spirale fort und tritt endlich bei
der zweiten Pfahlbrücke, von oben gezählt, an den Grossen Fluss
heran; sie ist überall von breiten Wassergräben begleitet, die mit

V.
YEDDO.

VOM 19. SEPTEMBER BIS 2. OCTOBER.


O-Yeddo, »das grosse Yeddo« — so nennt es der höfliche Japaner
aus der Provinz dem Bewohner der Hauptstadt gegenüber — bedeckt
mit seinen Vorstädten einen grösseren Flächenraum als London. Ein
breiter Fluss, der O-gavaGrosse Fluss — strömt von Nordwesten
nach Südosten hindurch und theilt die Stadt in zwei ungleiche
Hälften. Die nördliche ist ganz flach und wird östlich von einem
kleineren, dem O-gava fast gleichlaufenden Flüsschen begrenzt;
die weit grössere südliche Hälfte ist nur in ihrem nordöstlichen
Theile, am Ufer des O-gava eben, sonst überall mit Hügelreihen
durchsetzt. Den Stadttheil nordöstlich vom O-gava, das Hondžo,
bewässert ein Netz von zahlreichen Canälen, welche die beiden
Flüsse mit einander verbinden; auch das südöstliche Yeddo ist
reich an Wasserläufen, natürlichen und künstlichen, die theils den
Abfluss der verschiedenen Thalsenkungen bilden, theils aus dem
O-gava gespeist werden. Dieser Strom ist etwa so breit wie die
Elbe bei Dresden, aber wasserreicher, und in seinem Lauf durch
die Hauptstadt von vier mächtigen Pfahlbrücken überspannt.

Etwa eine Viertelmeile vom O-gava zieht sich ungefähr ihm
parallel die erste Hügelkette hin, auf deren höchster Erhebung
in ausgedehnten Park- und Gartenanlagen die Paläste des Taïkūn
und des Thronfolgers liegen. Sie sind von einer Ringmauer mit
breitem tiefem Wassergraben umschlossen; acht Brücken und Dämme
mit befestigten Thoren bilden die Zugänge. Die Ringmauer aus
grossen polygonischen Blöcken setzt sich um das sogenannte Siro
das Schloss, — und weiter um das Soto-Siro — die Umgebung des
Schlosses — in unregelmässiger Spirale fort und tritt endlich bei
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[[295]/0325] V. YEDDO. VOM 19. SEPTEMBER BIS 2. OCTOBER. O-Yeddo, »das grosse Yeddo« — so nennt es der höfliche Japaner aus der Provinz dem Bewohner der Hauptstadt gegenüber — bedeckt mit seinen Vorstädten einen grösseren Flächenraum als London. Ein breiter Fluss, der O-gava — Grosse Fluss — strömt von Nordwesten nach Südosten hindurch und theilt die Stadt in zwei ungleiche Hälften. Die nördliche ist ganz flach und wird östlich von einem kleineren, dem O-gava fast gleichlaufenden Flüsschen begrenzt; die weit grössere südliche Hälfte ist nur in ihrem nordöstlichen Theile, am Ufer des O-gava eben, sonst überall mit Hügelreihen durchsetzt. Den Stadttheil nordöstlich vom O-gava, das Hondžo, bewässert ein Netz von zahlreichen Canälen, welche die beiden Flüsse mit einander verbinden; auch das südöstliche Yeddo ist reich an Wasserläufen, natürlichen und künstlichen, die theils den Abfluss der verschiedenen Thalsenkungen bilden, theils aus dem O-gava gespeist werden. Dieser Strom ist etwa so breit wie die Elbe bei Dresden, aber wasserreicher, und in seinem Lauf durch die Hauptstadt von vier mächtigen Pfahlbrücken überspannt. Etwa eine Viertelmeile vom O-gava zieht sich ungefähr ihm parallel die erste Hügelkette hin, auf deren höchster Erhebung in ausgedehnten Park- und Gartenanlagen die Paläste des Taïkūn und des Thronfolgers liegen. Sie sind von einer Ringmauer mit breitem tiefem Wassergraben umschlossen; acht Brücken und Dämme mit befestigten Thoren bilden die Zugänge. Die Ringmauer aus grossen polygonischen Blöcken setzt sich um das sogenannte Siro — das Schloss, — und weiter um das Soto-Siro — die Umgebung des Schlosses — in unregelmässiger Spirale fort und tritt endlich bei der zweiten Pfahlbrücke, von oben gezählt, an den Grossen Fluss heran; sie ist überall von breiten Wassergräben begleitet, die mit

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. [295]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/325>, abgerufen am 18.11.2024.