Ein neues Gebot soll es Apg. 15, 20. seyn, die Hurerey betreffend, als welche nach dem Buchstaben, Du solt nicht ehebrechen, nicht gerichtet werden könne.
Christus ist des Gesetzes Ende: und doch ist das Gesetz so wol ewig, als die zwey grosse Gebote von der Liebe GOttes und von der Liebe des Nächsten.
Zu s. 104. Hie stellet der Ordinarius mit ihm selbs eine Catechisation an, über die ze- hen Gebote. Das Gesetz ist geistlich: aber sothane Auslegung (das darein unzeitig-ge- mengte Evangelium ausgenommen) ist grossen Theils ungeistlich, so daß Diebe und Lügner u. s. w. (man erwege sonderlich s. 109. die Fra- ge, Das möchte:) unter dem Vorwand ei- ner Treuherzigkeit sich selbs rechtfertigen kön- nen. Dem Gesetze selbs wird hie an seiner Forderung vieles durchgestrichen, das bey den Glaubigen erst durch die Erlassung getilget wird.
Zu s. 116. Genug hievon, heisst der Be- schluß, und damit habe ich denn mit der elenden Gesetz-Controvers hoffentlich mei- nen sattsamen Abschied gemacht. Ein sol- cher Abschied wird weder von Mose, noch von Christo gebilliget. Moses wird ihn noch he- ben, wann er mit Christo nicht anders umge- hen lernet.
§ 136.
So lauter-evangelisch Johannes Agricola von Eisleben eine Zeitlang seyn wolte, so half
er
TheilI.Cap.I.Satz 15.
Ein neues Gebot ſoll es Apg. 15, 20. ſeyn, die Hurerey betreffend, als welche nach dem Buchſtaben, Du ſolt nicht ehebrechen, nicht gerichtet werden koͤnne.
Chriſtus iſt des Geſetzes Ende: und doch iſt das Geſetz ſo wol ewig, als die zwey groſſe Gebote von der Liebe GOttes und von der Liebe des Naͤchſten.
Zu ſ. 104. Hie ſtellet der Ordinarius mit ihm ſelbs eine Catechiſation an, uͤber die ze- hen Gebote. Das Geſetz iſt geiſtlich: aber ſothane Auslegung (das darein unzeitig-ge- mengte Evangelium ausgenommen) iſt groſſen Theils ungeiſtlich, ſo daß Diebe und Luͤgner u. ſ. w. (man erwege ſonderlich ſ. 109. die Fra- ge, Das moͤchte:) unter dem Vorwand ei- ner Treuherzigkeit ſich ſelbs rechtfertigen koͤn- nen. Dem Geſetze ſelbs wird hie an ſeiner Forderung vieles durchgeſtrichen, das bey den Glaubigen erſt durch die Erlaſſung getilget wird.
Zu ſ. 116. Genug hievon, heiſſt der Be- ſchluß, und damit habe ich denn mit der elenden Geſetz-Controvers hoffentlich mei- nen ſattſamen Abſchied gemacht. Ein ſol- cher Abſchied wird weder von Moſe, noch von Chriſto gebilliget. Moſes wird ihn noch he- ben, wann er mit Chriſto nicht anders umge- hen lernet.
§ 136.
So lauter-evangeliſch Johannes Agricola von Eisleben eine Zeitlang ſeyn wolte, ſo half
er
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Theil I. Cap. I. Satz 15.
Ein neues Gebot ſoll es Apg. 15, 20.
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dem Buchſtaben, Du ſolt nicht ehebrechen,
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Chriſtus iſt des Geſetzes Ende: und doch
iſt das Geſetz ſo wol ewig, als die zwey groſſe
Gebote von der Liebe GOttes und von der
Liebe des Naͤchſten.
Zu ſ. 104. Hie ſtellet der Ordinarius mit
ihm ſelbs eine Catechiſation an, uͤber die ze-
hen Gebote. Das Geſetz iſt geiſtlich: aber
ſothane Auslegung (das darein unzeitig-ge-
mengte Evangelium ausgenommen) iſt groſſen
Theils ungeiſtlich, ſo daß Diebe und Luͤgner
u. ſ. w. (man erwege ſonderlich ſ. 109. die Fra-
ge, Das moͤchte:) unter dem Vorwand ei-
ner Treuherzigkeit ſich ſelbs rechtfertigen koͤn-
nen. Dem Geſetze ſelbs wird hie an ſeiner
Forderung vieles durchgeſtrichen, das bey den
Glaubigen erſt durch die Erlaſſung getilget
wird.
Zu ſ. 116. Genug hievon, heiſſt der Be-
ſchluß, und damit habe ich denn mit der
elenden Geſetz-Controvers hoffentlich mei-
nen ſattſamen Abſchied gemacht. Ein ſol-
cher Abſchied wird weder von Moſe, noch von
Chriſto gebilliget. Moſes wird ihn noch he-
ben, wann er mit Chriſto nicht anders umge-
hen lernet.
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So lauter-evangeliſch Johannes Agricola
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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/154>, abgerufen am 16.07.2024.
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