len vorleget. GOtt wusste wohl, wie viel an dem Leidens-Puncten gelegen sey, und doch hat Er auch von andern Dingen ein reiches Zeugniß verliehen.
§ 92.
Bey der Völligkeit erfordert die Ordnung, daß man eine jede Lehre so vortrage, wie sie für sich einen Eingang finden kan, und den folgenden Lehren den Eingang zuwege bringt, welches diejenige nicht thun, die mit dem Lei- dens-Puncten den Anfang und den Beschluß machen, und folglich auch bey desselben Vor- trag keine Ordnung haben.
§ 93.
Von diesem allen geht der Gemeinstifter weit ab. Seiner Vorschrift nach solle man denen, die noch nicht zum Glauben gelanget sind, nichts als dieses sagen, Dein Schöpfer ist für dich gestorben: und die im Glauben stehen, sollen auf nichts als auf die Wunden zu sehen nöthig haben. Daher denn auch die Lehre, die diese jenen beybringen, und zu dem Ende in den Pflanz-Schulen fassen sollen, nichts anders mit sich führet. Diesem Vor- urtheil aufzuhelfen, leitet er bey den Heiden aus einer vorgängigen Wirkung des heiligen Gei- stes, lang vor dem Gehör des Evangelii, sehr vieles her, und bey denen, die in der Chri- stenheit leben, schrenket er die zuvorkommende Gnade auf den Leidens-Puncten ein. Aus
diesem
Vom Blut und Wunden.
len vorleget. GOtt wuſſte wohl, wie viel an dem Leidens-Puncten gelegen ſey, und doch hat Er auch von andern Dingen ein reiches Zeugniß verliehen.
§ 92.
Bey der Voͤlligkeit erfordert die Ordnung, daß man eine jede Lehre ſo vortrage, wie ſie fuͤr ſich einen Eingang finden kan, und den folgenden Lehren den Eingang zuwege bringt, welches diejenige nicht thun, die mit dem Lei- dens-Puncten den Anfang und den Beſchluß machen, und folglich auch bey deſſelben Vor- trag keine Ordnung haben.
§ 93.
Von dieſem allen geht der Gemeinſtifter weit ab. Seiner Vorſchrift nach ſolle man denen, die noch nicht zum Glauben gelanget ſind, nichts als dieſes ſagen, Dein Schoͤpfer iſt fuͤr dich geſtorben: und die im Glauben ſtehen, ſollen auf nichts als auf die Wunden zu ſehen noͤthig haben. Daher denn auch die Lehre, die dieſe jenen beybringen, und zu dem Ende in den Pflanz-Schulen faſſen ſollen, nichts anders mit ſich fuͤhret. Dieſem Vor- urtheil aufzuhelfen, leitet er bey den Heiden aus einer vorgaͤngigen Wirkung des heiligen Gei- ſtes, lang vor dem Gehoͤr des Evangelii, ſehr vieles her, und bey denen, die in der Chri- ſtenheit leben, ſchrenket er die zuvorkommende Gnade auf den Leidens-Puncten ein. Aus
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Vom Blut und Wunden.
len vorleget. GOtt wuſſte wohl, wie viel an
dem Leidens-Puncten gelegen ſey, und doch
hat Er auch von andern Dingen ein reiches
Zeugniß verliehen.
§ 92.
Bey der Voͤlligkeit erfordert die Ordnung,
daß man eine jede Lehre ſo vortrage, wie ſie
fuͤr ſich einen Eingang finden kan, und den
folgenden Lehren den Eingang zuwege bringt,
welches diejenige nicht thun, die mit dem Lei-
dens-Puncten den Anfang und den Beſchluß
machen, und folglich auch bey deſſelben Vor-
trag keine Ordnung haben.
§ 93.
Von dieſem allen geht der Gemeinſtifter
weit ab. Seiner Vorſchrift nach ſolle man
denen, die noch nicht zum Glauben gelanget
ſind, nichts als dieſes ſagen, Dein Schoͤpfer
iſt fuͤr dich geſtorben: und die im Glauben
ſtehen, ſollen auf nichts als auf die Wunden
zu ſehen noͤthig haben. Daher denn auch die
Lehre, die dieſe jenen beybringen, und zu dem
Ende in den Pflanz-Schulen faſſen ſollen,
nichts anders mit ſich fuͤhret. Dieſem Vor-
urtheil aufzuhelfen, leitet er bey den Heiden aus
einer vorgaͤngigen Wirkung des heiligen Gei-
ſtes, lang vor dem Gehoͤr des Evangelii, ſehr
vieles her, und bey denen, die in der Chri-
ſtenheit leben, ſchrenket er die zuvorkommende
Gnade auf den Leidens-Puncten ein. Aus
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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/115>, abgerufen am 16.07.2024.
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