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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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Das I Capitel
einen solchen Einwurf machen/ zur Antwort: daß freylich in solcher
Höle nicht allemahl die brennenden Lichter und Fackeln ausleschen;
weilen daselbst die Dünste und Witterungen nicht allezeit so starck
sind/ daß sie solches verrichten können; massen die Luft/ so wohl
inner-als ausserhalb der Hölen/ der Wechselung unterworfen/ auch
derowegen einmahl schwerer und feüchter als das andermahl ist/ ob
sie schon insgemein sich allezeit in der Höle dick und feüchte befindet;
welches alles durch Hülffe eines von der Guericke, Boyle, Schotto
und Sturmio beschriebenen Thermometri oder so genandten Wet-
ter-Glases demjenigen kan probiret und bewiesen werden/ der solches
etwa vor unglaublich halten will. Nachdem nun die curieuse Ge-
sellschafft mit dem Anziehen derer Berg- und andern geringen Klei-
dern fertig worden; so machen sie einen Berg- oder Fuhrmännischen
Aufzug/ und wandern mit dem Führer in dem angelegten Berg-
Habit auch öfters in schlechten Fuhrmanns Kitteln den nah-gele-
genen Berg/ darinnen die Höle lieget/ hinauf/ und lachet wohl in-
zwischen einer den andern über die Verstellung weidlich aus/ sonder-
lich wenn unter der Compagnie etliche angetroffen werden/ denen
solche Kleydungen vor andern poßirlich anstehen/ wie ich denn be-
hertztes und curieuses Frauen-Zimmer habe mit einfahren sehen/
über derer Posituren sich auch mancher melancholischer Sauer-Topff
hätte zu Schanden lachen müssen/ unter solchen Possen und Vexa-
tion
en kömmet die Compagnie bald an den Ort/ wo die Höle ist/
vor deren Eingang sich ein/ durch die Natur/ von Felsen-Stein und
Erden gewölbeter Schwib-Bogen sich befindet/ so einer Capelle fast
ähnlich siehet/ und gleichsam der Höle Vor-Gemach ist; alwo et-
liche erstlich die Berg- und andere Kleider anzuziehen pflegen; allein
es ist besser/ wenn solches in des Führers Behausung geschiehet/ sonst
man einen Hüter zur Verwahrung der abgelegten rechten Kleider
haben/ und dabey lassen muß: gedachter Eintritt oder Mund der
Höle bestehet ebenfals aus einem festen und derben Stein/ ist an sich
selbst rund und zu solcher runden Figur mehr durch die Natur als
Kunst kommen/ darneben so enge/ daß mehr als eine Person zugleich
in selbiges nicht kriechen kan/ und will der seelige Herr Matthaesius,

weyland

Das I Capitel
einen ſolchen Einwurf machen/ zur Antwort: daß freylich in ſolcher
Hoͤle nicht allemahl die brennenden Lichter und Fackeln ausleſchen;
weilen daſelbſt die Duͤnſte und Witterungen nicht allezeit ſo ſtarck
ſind/ daß ſie ſolches verrichten koͤnnen; maſſen die Luft/ ſo wohl
inner-als auſſerhalb der Hoͤlen/ der Wechſelung unterworfen/ auch
derowegen einmahl ſchwerer und feuͤchter als das andermahl iſt/ ob
ſie ſchon insgemein ſich allezeit in der Hoͤle dick und feuͤchte befindet;
welches alles durch Huͤlffe eines von der Guericke, Boyle, Schotto
und Sturmio beſchriebenen Thermometri oder ſo genandten Wet-
ter-Glaſes demjenigen kan probiret und bewieſen werden/ der ſolches
etwa vor unglaublich halten will. Nachdem nun die curieuſe Ge-
ſellſchafft mit dem Anziehen derer Berg- und andern geringen Klei-
dern fertig worden; ſo machen ſie einen Berg- oder Fuhrmaͤnniſchen
Aufzug/ und wandern mit dem Fuͤhrer in dem angelegten Berg-
Habit auch oͤfters in ſchlechten Fuhrmanns Kitteln den nah-gele-
genen Berg/ darinnen die Hoͤle lieget/ hinauf/ und lachet wohl in-
zwiſchen einer den andern uͤber die Verſtellung weidlich aus/ ſonder-
lich wenn unter der Compagnie etliche angetroffen werden/ denen
ſolche Kleydungen vor andern poßirlich anſtehen/ wie ich denn be-
hertztes und curieuſes Frauen-Zimmer habe mit einfahren ſehen/
uͤber derer Poſituren ſich auch mancher melancholiſcher Sauer-Topff
haͤtte zu Schanden lachen muͤſſen/ unter ſolchen Poſſen und Vexa-
tion
en koͤmmet die Compagnie bald an den Ort/ wo die Hoͤle iſt/
vor deren Eingang ſich ein/ durch die Natur/ von Felſen-Stein und
Erden gewoͤlbeter Schwib-Bogen ſich befindet/ ſo einer Capelle faſt
aͤhnlich ſiehet/ und gleichſam der Hoͤle Vor-Gemach iſt; alwo et-
liche erſtlich die Berg- und andere Kleider anzuziehen pflegen; allein
es iſt beſſer/ wenn ſolches in des Fuͤhrers Behauſung geſchiehet/ ſonſt
man einen Huͤter zur Verwahrung der abgelegten rechten Kleider
haben/ und dabey laſſen muß: gedachter Eintritt oder Mund der
Hoͤle beſtehet ebenfals aus einem feſten und derben Stein/ iſt an ſich
ſelbſt rund und zu ſolcher runden Figur mehr durch die Natur als
Kunſt kommen/ darneben ſo enge/ daß mehr als eine Perſon zugleich
in ſelbiges nicht kriechen kan/ und will der ſeelige Herr Matthæſius,

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[8/0020] Das I Capitel einen ſolchen Einwurf machen/ zur Antwort: daß freylich in ſolcher Hoͤle nicht allemahl die brennenden Lichter und Fackeln ausleſchen; weilen daſelbſt die Duͤnſte und Witterungen nicht allezeit ſo ſtarck ſind/ daß ſie ſolches verrichten koͤnnen; maſſen die Luft/ ſo wohl inner-als auſſerhalb der Hoͤlen/ der Wechſelung unterworfen/ auch derowegen einmahl ſchwerer und feuͤchter als das andermahl iſt/ ob ſie ſchon insgemein ſich allezeit in der Hoͤle dick und feuͤchte befindet; welches alles durch Huͤlffe eines von der Guericke, Boyle, Schotto und Sturmio beſchriebenen Thermometri oder ſo genandten Wet- ter-Glaſes demjenigen kan probiret und bewieſen werden/ der ſolches etwa vor unglaublich halten will. Nachdem nun die curieuſe Ge- ſellſchafft mit dem Anziehen derer Berg- und andern geringen Klei- dern fertig worden; ſo machen ſie einen Berg- oder Fuhrmaͤnniſchen Aufzug/ und wandern mit dem Fuͤhrer in dem angelegten Berg- Habit auch oͤfters in ſchlechten Fuhrmanns Kitteln den nah-gele- genen Berg/ darinnen die Hoͤle lieget/ hinauf/ und lachet wohl in- zwiſchen einer den andern uͤber die Verſtellung weidlich aus/ ſonder- lich wenn unter der Compagnie etliche angetroffen werden/ denen ſolche Kleydungen vor andern poßirlich anſtehen/ wie ich denn be- hertztes und curieuſes Frauen-Zimmer habe mit einfahren ſehen/ uͤber derer Poſituren ſich auch mancher melancholiſcher Sauer-Topff haͤtte zu Schanden lachen muͤſſen/ unter ſolchen Poſſen und Vexa- tionen koͤmmet die Compagnie bald an den Ort/ wo die Hoͤle iſt/ vor deren Eingang ſich ein/ durch die Natur/ von Felſen-Stein und Erden gewoͤlbeter Schwib-Bogen ſich befindet/ ſo einer Capelle faſt aͤhnlich ſiehet/ und gleichſam der Hoͤle Vor-Gemach iſt; alwo et- liche erſtlich die Berg- und andere Kleider anzuziehen pflegen; allein es iſt beſſer/ wenn ſolches in des Fuͤhrers Behauſung geſchiehet/ ſonſt man einen Huͤter zur Verwahrung der abgelegten rechten Kleider haben/ und dabey laſſen muß: gedachter Eintritt oder Mund der Hoͤle beſtehet ebenfals aus einem feſten und derben Stein/ iſt an ſich ſelbſt rund und zu ſolcher runden Figur mehr durch die Natur als Kunſt kommen/ darneben ſo enge/ daß mehr als eine Perſon zugleich in ſelbiges nicht kriechen kan/ und will der ſeelige Herr Matthæſius, weyland

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/20>, abgerufen am 26.04.2024.