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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Puddelprozess.
Puddelprozess. Feineisenfeuer.

Das Ausschmelzen der Eisenerze mit Koks im Hochofen war um
die Mitte des Jahrhunderts in England zur vollendeten Thatsache
geworden. Obgleich eine ungeheure Ersparung an Holzkohlen damit
gegeben war, so konnte sich dennoch die Produktion solange nicht
wesentlich vermehren, als man noch nicht im stande war, die Umwand-
lung des Eisens in Schmiedeeisen und Stahl ebenfalls mit Steinkohlen
zu bewirken. Dies war aber nicht der Fall. Zum Frischprozess war
die Holzkohle noch unentbehrlich. Alle Versuche, Steinkohlen oder
Koks im Frischherd anzuwenden, waren gescheitert. Keine Steinkohle
war frei von Schwefel, welcher meist in der Form von Doppelt-
Schwefeleisen, Schwefelkies darin enthalten war. Bei der Verkokung
wurde zwar die Hälfte des Schwefels, welche weniger fest mit dem
Eisen verbunden war, durch die Hitze ausgetrieben. Es war dies der
Teil des Schwefels, welcher für den Geruchssinn wahrnehmbar war
und da dieser durch das Verkoken entfernt wurde, so nannte man
dieses Verfahren auch "das Entschwefeln"; aber mit Unrecht, denn
nur die Hälfte des Schwefels wurde dadurch verflüchtigt, die andere
Hälfte blieb als Einfach-Schwefeleisen in den Koks zurück. Dieses
löste sich leicht in flüssigem Eisen auf. Wenn also das Roheisen in
unmittelbarer Berührung mit Koks oder mit Steinkohle bei dem
Frischprozess niedergeschmolzen wurde, so löste sich das vorhandene
Schwefeleisen in dem niederschmelzenden Eisen auf, aus welchem es
durch den darauf folgenden Frischprozess nur in geringem Masse
entfernt wurde, so dass der grösste Teil des Schwefels in das Schmiede-
eisen überging und dasselbe verdarb. Ein Frischen des Eisens in
unmittelbarer Berührung mit Koks oder Steinkohlen gab deshalb, wie
auch die Erfahrung lehrte, stets schlechtes, in höchstem Grade rot-
brüchiges, unbrauchbares Eisen. Auf diesem Wege war nichts zu
hoffen. Solange aber alles Schmiedeeisen mit Hülfe von Holzkohlen
gemacht werden musste, war die Produktion der Hochöfen an Frisch-
eisen beschränkt durch den Mangel an Holz für den Frischprozess.
Unbeschränkt blieb dagegen die Erzeugung von Roheisen für Giesserei-
eisen, welches man in Flammöfen mit Steinkohlen umschmolz und zu
Gusswaren vergoss. Dieses Verfahren gewann deshalb auch in England
immer mehr Verbreitung, weil es verschiedene Vorzüge gegenüber dem
Giessen unmittelbar aus dem Hochofen bot. Man hatte dabei die Qualität

Puddelprozeſs.
Puddelprozeſs. Feineisenfeuer.

Das Ausschmelzen der Eisenerze mit Koks im Hochofen war um
die Mitte des Jahrhunderts in England zur vollendeten Thatsache
geworden. Obgleich eine ungeheure Ersparung an Holzkohlen damit
gegeben war, so konnte sich dennoch die Produktion solange nicht
wesentlich vermehren, als man noch nicht im stande war, die Umwand-
lung des Eisens in Schmiedeeisen und Stahl ebenfalls mit Steinkohlen
zu bewirken. Dies war aber nicht der Fall. Zum Frischprozeſs war
die Holzkohle noch unentbehrlich. Alle Versuche, Steinkohlen oder
Koks im Frischherd anzuwenden, waren gescheitert. Keine Steinkohle
war frei von Schwefel, welcher meist in der Form von Doppelt-
Schwefeleisen, Schwefelkies darin enthalten war. Bei der Verkokung
wurde zwar die Hälfte des Schwefels, welche weniger fest mit dem
Eisen verbunden war, durch die Hitze ausgetrieben. Es war dies der
Teil des Schwefels, welcher für den Geruchssinn wahrnehmbar war
und da dieser durch das Verkoken entfernt wurde, so nannte man
dieses Verfahren auch „das Entschwefeln“; aber mit Unrecht, denn
nur die Hälfte des Schwefels wurde dadurch verflüchtigt, die andere
Hälfte blieb als Einfach-Schwefeleisen in den Koks zurück. Dieses
löste sich leicht in flüssigem Eisen auf. Wenn also das Roheisen in
unmittelbarer Berührung mit Koks oder mit Steinkohle bei dem
Frischprozeſs niedergeschmolzen wurde, so löste sich das vorhandene
Schwefeleisen in dem niederschmelzenden Eisen auf, aus welchem es
durch den darauf folgenden Frischprozeſs nur in geringem Maſse
entfernt wurde, so daſs der gröſste Teil des Schwefels in das Schmiede-
eisen überging und dasſelbe verdarb. Ein Frischen des Eisens in
unmittelbarer Berührung mit Koks oder Steinkohlen gab deshalb, wie
auch die Erfahrung lehrte, stets schlechtes, in höchstem Grade rot-
brüchiges, unbrauchbares Eisen. Auf diesem Wege war nichts zu
hoffen. Solange aber alles Schmiedeeisen mit Hülfe von Holzkohlen
gemacht werden muſste, war die Produktion der Hochöfen an Frisch-
eisen beschränkt durch den Mangel an Holz für den Frischprozeſs.
Unbeschränkt blieb dagegen die Erzeugung von Roheisen für Gieſserei-
eisen, welches man in Flammöfen mit Steinkohlen umschmolz und zu
Guſswaren vergoſs. Dieses Verfahren gewann deshalb auch in England
immer mehr Verbreitung, weil es verschiedene Vorzüge gegenüber dem
Gieſsen unmittelbar aus dem Hochofen bot. Man hatte dabei die Qualität

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[682/0696] Puddelprozeſs. Puddelprozeſs. Feineisenfeuer. Das Ausschmelzen der Eisenerze mit Koks im Hochofen war um die Mitte des Jahrhunderts in England zur vollendeten Thatsache geworden. Obgleich eine ungeheure Ersparung an Holzkohlen damit gegeben war, so konnte sich dennoch die Produktion solange nicht wesentlich vermehren, als man noch nicht im stande war, die Umwand- lung des Eisens in Schmiedeeisen und Stahl ebenfalls mit Steinkohlen zu bewirken. Dies war aber nicht der Fall. Zum Frischprozeſs war die Holzkohle noch unentbehrlich. Alle Versuche, Steinkohlen oder Koks im Frischherd anzuwenden, waren gescheitert. Keine Steinkohle war frei von Schwefel, welcher meist in der Form von Doppelt- Schwefeleisen, Schwefelkies darin enthalten war. Bei der Verkokung wurde zwar die Hälfte des Schwefels, welche weniger fest mit dem Eisen verbunden war, durch die Hitze ausgetrieben. Es war dies der Teil des Schwefels, welcher für den Geruchssinn wahrnehmbar war und da dieser durch das Verkoken entfernt wurde, so nannte man dieses Verfahren auch „das Entschwefeln“; aber mit Unrecht, denn nur die Hälfte des Schwefels wurde dadurch verflüchtigt, die andere Hälfte blieb als Einfach-Schwefeleisen in den Koks zurück. Dieses löste sich leicht in flüssigem Eisen auf. Wenn also das Roheisen in unmittelbarer Berührung mit Koks oder mit Steinkohle bei dem Frischprozeſs niedergeschmolzen wurde, so löste sich das vorhandene Schwefeleisen in dem niederschmelzenden Eisen auf, aus welchem es durch den darauf folgenden Frischprozeſs nur in geringem Maſse entfernt wurde, so daſs der gröſste Teil des Schwefels in das Schmiede- eisen überging und dasſelbe verdarb. Ein Frischen des Eisens in unmittelbarer Berührung mit Koks oder Steinkohlen gab deshalb, wie auch die Erfahrung lehrte, stets schlechtes, in höchstem Grade rot- brüchiges, unbrauchbares Eisen. Auf diesem Wege war nichts zu hoffen. Solange aber alles Schmiedeeisen mit Hülfe von Holzkohlen gemacht werden muſste, war die Produktion der Hochöfen an Frisch- eisen beschränkt durch den Mangel an Holz für den Frischprozeſs. Unbeschränkt blieb dagegen die Erzeugung von Roheisen für Gieſserei- eisen, welches man in Flammöfen mit Steinkohlen umschmolz und zu Guſswaren vergoſs. Dieses Verfahren gewann deshalb auch in England immer mehr Verbreitung, weil es verschiedene Vorzüge gegenüber dem Gieſsen unmittelbar aus dem Hochofen bot. Man hatte dabei die Qualität

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/696>, abgerufen am 21.11.2024.