Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
9 Thaler, während sie sich bei dem Walzwerk auf nur 6 Thaler
stellten; und konnte man mit dem Walzwerk fünfmal so viel fertig
machen als unter dem Hammer. Dazu kam noch der Vorteil der
grösseren Gleichmässigkeit der Ware.



Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.

Die Drahtzieherei war eine der wichtigsten Eisenveredelungen.
Zaineisen liess sich durch Ausziehen zu Draht leicht auf den vier-
bis zwanzigfachen Wert bringen. Obgleich in der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts in manchen Gegenden Deutschlands, Frankreichs
und Schwedens das Ziehen des Drahtes mit der Hand in der
schwingenden Schaukel, wie wir es früher (Bd. I, S. 888). beschrieben
haben, noch im Gebrauch war, so hatten sich doch die Drahtmühlen,
d. h. die durch Wasserkraft bewegten Drahtzüge, überall Eingang ver-
schafft und fanden immer grössere Verbreitung. Polhem giebt in
seinem patriotischen Testament Nachrichten über die Drahtzieherei; in
den Descriptions des arts et metiers hat Duhamel du Monceau eine
Abhandlung darüber veröffentlicht1), und Rinman handelt darüber in
seiner Eisen- und Stahlveredelung2).

Weiches, zähes und festes Eisen, frei von Kaltbruch, ist für die
Drahtbereitung am besten. Auf die richtige Auswahl des Eisens
kommt viel an. In Deutschland verwendete man meistens das in
Zainhämmern geschmiedete Krauseisen. In anderen Gegenden ver-
wendete man Flacheisen, welches man mit dem Meissel in schmale
Stäbe spaltete, wie z. B. zu La Trappe in Frankreich, wo Flacheisen
von 21 bis 24 Linien Breite und 6 bis 7 Linien Dicke auf diese Weise
in drei Stäbe gespalten wurde3). In Schweden bediente man sich hierzu
statt des Handmeissels der durch Wasserkraft bewegten Polhemschen
Schere. Am häufigsten wurde aber um diese Zeit bereits Flacheisen
mit Scheibenmessern in den Eisenschneidewerken zu Drahteisen
geschnitten. Das geschnittene Eisen wurde dann nochmals über-
schmiedet und an den Kanten etwas abgerundet.


1) Art de reduire le fer en fil, connu sons le nom de fil d'Archal. Descript.
des arts et met. ed. Bertrand, Tome XV, p. 433.
2) Rinman, l. c. S. 199.
3) S. Descriptions etc. p. 427.

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
9 Thaler, während sie sich bei dem Walzwerk auf nur 6 Thaler
stellten; und konnte man mit dem Walzwerk fünfmal so viel fertig
machen als unter dem Hammer. Dazu kam noch der Vorteil der
gröſseren Gleichmäſsigkeit der Ware.



Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.

Die Drahtzieherei war eine der wichtigsten Eisenveredelungen.
Zaineisen lieſs sich durch Ausziehen zu Draht leicht auf den vier-
bis zwanzigfachen Wert bringen. Obgleich in der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts in manchen Gegenden Deutschlands, Frankreichs
und Schwedens das Ziehen des Drahtes mit der Hand in der
schwingenden Schaukel, wie wir es früher (Bd. I, S. 888). beschrieben
haben, noch im Gebrauch war, so hatten sich doch die Drahtmühlen,
d. h. die durch Wasserkraft bewegten Drahtzüge, überall Eingang ver-
schafft und fanden immer gröſsere Verbreitung. Polhem giebt in
seinem patriotischen Testament Nachrichten über die Drahtzieherei; in
den Descriptions des arts et métiers hat Duhamel du Monceau eine
Abhandlung darüber veröffentlicht1), und Rinman handelt darüber in
seiner Eisen- und Stahlveredelung2).

Weiches, zähes und festes Eisen, frei von Kaltbruch, ist für die
Drahtbereitung am besten. Auf die richtige Auswahl des Eisens
kommt viel an. In Deutschland verwendete man meistens das in
Zainhämmern geschmiedete Krauseisen. In anderen Gegenden ver-
wendete man Flacheisen, welches man mit dem Meiſsel in schmale
Stäbe spaltete, wie z. B. zu La Trappe in Frankreich, wo Flacheisen
von 21 bis 24 Linien Breite und 6 bis 7 Linien Dicke auf diese Weise
in drei Stäbe gespalten wurde3). In Schweden bediente man sich hierzu
statt des Handmeiſsels der durch Wasserkraft bewegten Polhemschen
Schere. Am häufigsten wurde aber um diese Zeit bereits Flacheisen
mit Scheibenmessern in den Eisenschneidewerken zu Drahteisen
geschnitten. Das geschnittene Eisen wurde dann nochmals über-
schmiedet und an den Kanten etwas abgerundet.


1) Art de reduire le fer en fil, connu sons le nom de fil d’Archal. Descript.
des arts et met. ed. Bertrand, Tome XV, p. 433.
2) Rinman, l. c. S. 199.
3) S. Descriptions etc. p. 427.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0467" n="453"/><fw place="top" type="header">Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.</fw><lb/>
9 Thaler, während sie sich bei dem Walzwerk auf nur 6 Thaler<lb/>
stellten; und konnte man mit dem Walzwerk fünfmal so viel fertig<lb/>
machen als unter dem Hammer. Dazu kam noch der Vorteil der<lb/>
grö&#x017F;seren Gleichmä&#x017F;sigkeit der Ware.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.</hi> </head><lb/>
                <p>Die <hi rendition="#g">Drahtzieherei</hi> war eine der wichtigsten Eisenveredelungen.<lb/>
Zaineisen lie&#x017F;s sich durch Ausziehen zu Draht leicht auf den vier-<lb/>
bis zwanzigfachen Wert bringen. Obgleich in der zweiten Hälfte des<lb/>
vorigen Jahrhunderts in manchen Gegenden Deutschlands, Frankreichs<lb/>
und Schwedens das Ziehen des Drahtes mit der Hand in der<lb/>
schwingenden Schaukel, wie wir es früher (Bd. I, S. 888). beschrieben<lb/>
haben, noch im Gebrauch war, so hatten sich doch die Drahtmühlen,<lb/>
d. h. die durch Wasserkraft bewegten Drahtzüge, überall Eingang ver-<lb/>
schafft und fanden immer grö&#x017F;sere Verbreitung. <hi rendition="#g">Polhem</hi> giebt in<lb/>
seinem patriotischen Testament Nachrichten über die Drahtzieherei; in<lb/>
den Descriptions des arts et métiers hat <hi rendition="#g">Duhamel du Monceau</hi> eine<lb/>
Abhandlung darüber veröffentlicht<note place="foot" n="1)">Art de reduire le fer en fil, connu sons le nom de fil d&#x2019;Archal. Descript.<lb/>
des arts et met. ed. <hi rendition="#g">Bertrand</hi>, Tome XV, p. 433.</note>, und <hi rendition="#g">Rinman</hi> handelt darüber in<lb/>
seiner Eisen- und Stahlveredelung<note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Rinman</hi>, l. c. S. 199.</note>.</p><lb/>
                <p>Weiches, zähes und festes Eisen, frei von Kaltbruch, ist für die<lb/>
Drahtbereitung am besten. Auf die richtige Auswahl des Eisens<lb/>
kommt viel an. In Deutschland verwendete man meistens das in<lb/>
Zainhämmern geschmiedete Krauseisen. In anderen Gegenden ver-<lb/>
wendete man Flacheisen, welches man mit dem Mei&#x017F;sel in schmale<lb/>
Stäbe spaltete, wie z. B. zu La Trappe in Frankreich, wo Flacheisen<lb/>
von 21 bis 24 Linien Breite und 6 bis 7 Linien Dicke auf diese Weise<lb/>
in drei Stäbe gespalten wurde<note place="foot" n="3)">S. Descriptions etc. p. 427.</note>. In Schweden bediente man sich hierzu<lb/>
statt des Handmei&#x017F;sels der durch Wasserkraft bewegten <hi rendition="#g">Polhems</hi>chen<lb/>
Schere. Am häufigsten wurde aber um diese Zeit bereits Flacheisen<lb/>
mit Scheibenmessern in den Eisenschneidewerken zu Drahteisen<lb/>
geschnitten. Das geschnittene Eisen wurde dann nochmals über-<lb/>
schmiedet und an den Kanten etwas abgerundet.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0467] Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. 9 Thaler, während sie sich bei dem Walzwerk auf nur 6 Thaler stellten; und konnte man mit dem Walzwerk fünfmal so viel fertig machen als unter dem Hammer. Dazu kam noch der Vorteil der gröſseren Gleichmäſsigkeit der Ware. Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Die Drahtzieherei war eine der wichtigsten Eisenveredelungen. Zaineisen lieſs sich durch Ausziehen zu Draht leicht auf den vier- bis zwanzigfachen Wert bringen. Obgleich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in manchen Gegenden Deutschlands, Frankreichs und Schwedens das Ziehen des Drahtes mit der Hand in der schwingenden Schaukel, wie wir es früher (Bd. I, S. 888). beschrieben haben, noch im Gebrauch war, so hatten sich doch die Drahtmühlen, d. h. die durch Wasserkraft bewegten Drahtzüge, überall Eingang ver- schafft und fanden immer gröſsere Verbreitung. Polhem giebt in seinem patriotischen Testament Nachrichten über die Drahtzieherei; in den Descriptions des arts et métiers hat Duhamel du Monceau eine Abhandlung darüber veröffentlicht 1), und Rinman handelt darüber in seiner Eisen- und Stahlveredelung 2). Weiches, zähes und festes Eisen, frei von Kaltbruch, ist für die Drahtbereitung am besten. Auf die richtige Auswahl des Eisens kommt viel an. In Deutschland verwendete man meistens das in Zainhämmern geschmiedete Krauseisen. In anderen Gegenden ver- wendete man Flacheisen, welches man mit dem Meiſsel in schmale Stäbe spaltete, wie z. B. zu La Trappe in Frankreich, wo Flacheisen von 21 bis 24 Linien Breite und 6 bis 7 Linien Dicke auf diese Weise in drei Stäbe gespalten wurde 3). In Schweden bediente man sich hierzu statt des Handmeiſsels der durch Wasserkraft bewegten Polhemschen Schere. Am häufigsten wurde aber um diese Zeit bereits Flacheisen mit Scheibenmessern in den Eisenschneidewerken zu Drahteisen geschnitten. Das geschnittene Eisen wurde dann nochmals über- schmiedet und an den Kanten etwas abgerundet. 1) Art de reduire le fer en fil, connu sons le nom de fil d’Archal. Descript. des arts et met. ed. Bertrand, Tome XV, p. 433. 2) Rinman, l. c. S. 199. 3) S. Descriptions etc. p. 427.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/467
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/467>, abgerufen am 21.12.2024.