Brennstahl sei gut in Ermangelung von anderem, aber für Schweden, das so guten Frischstahl habe, sei er unnötig. Form, Figur und Grösse der Herde sei verschieden. Jeder Meister halte seinen für den besten und halte daran fest. Etwas Vollkommenes sei hierin noch nicht gefunden, das bleibe der Zukunft vorbehalten. Ohne Zweifel habe der blosse Zufall bei der Bereitung des Eisens das Stahl- machen an die Hand gegeben, denn so lange die geschmolzene Schlacke im Herde stehe und das Eisen in demselben schwimme, behielte es seinen Schwefel, der ihm zur Weiche, wie Fett dem Leder, behülflich sei. Sobald man aber die Schlacke abliesse und das Eisen entblösst werde, verdufte der Schwefel, wodurch Stahl entstünde. Dies ginge zunächst von der Oberfläche aus. Wollte man Luppen haben, die durch und durch Stahl wären, so dürfte man sie nicht gross machen.
Neben der Stahlbereitung in Frischherden spielte die Stahlbereitung durch Rückkohlung von Schmiedeeisen im Anfang des 18. Jahrhunderts bereits eine Rolle. Um diese Fabrikation hat sich Reaumur das grösste Verdienst erworben.
Die Cementstahlfabrikation (nach Reaumur 1721).
Reaumur hatte in den Jahren 1720, 1721 und 1722 vor der Akademie der Wissenschaften in Paris eine Anzahl Abhandlungen (memoires) über das Eisen, insbesondere die Verwandlung von Schmiede- eisen in Stahl und die Erweichung des Gusses bis zur Schmiedbarkeit vorgetragen, welche so grossen Beifall fanden, dass beschlossen wurde, dieselben drucken zu lassen. Dies geschah durch Michel Brunet im Jahre 1722 1). Reaumur widmete das Werk dem damaligen Regenten von Frankreich, Herzog Philipp von Orleans, welcher an seinen Arbeiten von Anfang an ein lebhaftes Interesse genommen hatte und ihm zur Belohnung einen bedeutenden lebenslänglichen Staatsgehalt bewilligt hatte.
1) L'art de convertir le fer forge en acier et l'art d'adoucir le fer fondu, ou de faire des ouvrages de fer fondu aussi finis que de fer forge par Monsieur de Reaumur, de l'Academie Royale des Sciences a Paris chez Michel Brunet, Grande Salle du Palais, au Mercure galant, MDCCXII, avec approbation et privilege du Roy. Der erste Teil l'art de convertir le fer forge umfasst 382 Quartseiten mit 10 Figurentafeln, der zweite Teil d'adoucir le fer fondu 178 Quartseiten mit 7 Tafeln.
Die Cementstahlfabrikation.
Brennstahl sei gut in Ermangelung von anderem, aber für Schweden, das so guten Frischstahl habe, sei er unnötig. Form, Figur und Gröſse der Herde sei verschieden. Jeder Meister halte seinen für den besten und halte daran fest. Etwas Vollkommenes sei hierin noch nicht gefunden, das bleibe der Zukunft vorbehalten. Ohne Zweifel habe der bloſse Zufall bei der Bereitung des Eisens das Stahl- machen an die Hand gegeben, denn so lange die geschmolzene Schlacke im Herde stehe und das Eisen in demselben schwimme, behielte es seinen Schwefel, der ihm zur Weiche, wie Fett dem Leder, behülflich sei. Sobald man aber die Schlacke ablieſse und das Eisen entblöſst werde, verdufte der Schwefel, wodurch Stahl entstünde. Dies ginge zunächst von der Oberfläche aus. Wollte man Luppen haben, die durch und durch Stahl wären, so dürfte man sie nicht groſs machen.
Neben der Stahlbereitung in Frischherden spielte die Stahlbereitung durch Rückkohlung von Schmiedeeisen im Anfang des 18. Jahrhunderts bereits eine Rolle. Um diese Fabrikation hat sich Reaumur das gröſste Verdienst erworben.
Die Cementstahlfabrikation (nach Reaumur 1721).
Reaumur hatte in den Jahren 1720, 1721 und 1722 vor der Akademie der Wissenschaften in Paris eine Anzahl Abhandlungen (mémoires) über das Eisen, insbesondere die Verwandlung von Schmiede- eisen in Stahl und die Erweichung des Gusses bis zur Schmiedbarkeit vorgetragen, welche so groſsen Beifall fanden, daſs beschlossen wurde, dieselben drucken zu lassen. Dies geschah durch Michel Brunet im Jahre 1722 1). Reaumur widmete das Werk dem damaligen Regenten von Frankreich, Herzog Philipp von Orleans, welcher an seinen Arbeiten von Anfang an ein lebhaftes Interesse genommen hatte und ihm zur Belohnung einen bedeutenden lebenslänglichen Staatsgehalt bewilligt hatte.
1) L’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu, ou de faire des ouvrages de fer fondu aussi finis que de fer forgé par Monsieur de Réaumur, de l’Academie Royale des Sciences à Paris chez Michel Brunet, Grande Salle du Palais, au Mercure galant, MDCCXII, avec approbation et privilége du Roy. Der erste Teil l’art de convertir le fer forgé umfaſst 382 Quartseiten mit 10 Figurentafeln, der zweite Teil d’adoucir le fer fondu 178 Quartseiten mit 7 Tafeln.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0215"n="201"/><fwplace="top"type="header">Die Cementstahlfabrikation.</fw><lb/><p>Brennstahl sei gut in Ermangelung von anderem, aber für<lb/>
Schweden, das so guten Frischstahl habe, sei er unnötig. Form,<lb/>
Figur und Gröſse der Herde sei verschieden. Jeder Meister halte<lb/>
seinen für den besten und halte daran fest. Etwas Vollkommenes sei<lb/>
hierin noch nicht gefunden, das bleibe der Zukunft vorbehalten. Ohne<lb/>
Zweifel habe der bloſse Zufall bei der Bereitung des Eisens das Stahl-<lb/>
machen an die Hand gegeben, denn so lange die geschmolzene Schlacke<lb/>
im Herde stehe und das Eisen in demselben schwimme, behielte es<lb/>
seinen Schwefel, der ihm zur Weiche, wie Fett dem Leder, behülflich<lb/>
sei. Sobald man aber die Schlacke ablieſse und das Eisen entblöſst<lb/>
werde, verdufte der Schwefel, wodurch Stahl entstünde. Dies ginge<lb/>
zunächst von der Oberfläche aus. Wollte man Luppen haben, die<lb/>
durch und durch Stahl wären, so dürfte man sie nicht groſs machen.</p><lb/><p>Neben der Stahlbereitung in Frischherden spielte die Stahlbereitung<lb/>
durch Rückkohlung von Schmiedeeisen im Anfang des 18. Jahrhunderts<lb/>
bereits eine Rolle. Um diese Fabrikation hat sich <hirendition="#g">Reaumur</hi> das<lb/>
gröſste Verdienst erworben.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die Cementstahlfabrikation (nach Reaumur 1721).</hi></head><lb/><p><hirendition="#g">Reaumur</hi> hatte in den Jahren 1720, 1721 und 1722 vor der<lb/>
Akademie der Wissenschaften in Paris eine Anzahl Abhandlungen<lb/>
(mémoires) über das Eisen, insbesondere die Verwandlung von Schmiede-<lb/>
eisen in Stahl und die Erweichung des Gusses bis zur Schmiedbarkeit<lb/>
vorgetragen, welche so groſsen Beifall fanden, daſs beschlossen wurde,<lb/>
dieselben drucken zu lassen. Dies geschah durch <hirendition="#g">Michel Brunet</hi><lb/>
im Jahre 1722 <noteplace="foot"n="1)">L’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu, ou<lb/>
de faire des ouvrages de fer fondu aussi finis que de fer forgé par Monsieur de<lb/><hirendition="#g">Réaumur</hi>, de l’Academie Royale des Sciences à Paris chez <hirendition="#g">Michel Brunet</hi>,<lb/>
Grande Salle du Palais, au Mercure galant, MDCCXII, avec approbation et privilége<lb/>
du Roy. Der erste Teil l’art de convertir le fer forgé umfaſst 382 Quartseiten<lb/>
mit 10 Figurentafeln, der zweite Teil d’adoucir le fer fondu 178 Quartseiten mit<lb/>
7 Tafeln.</note>. <hirendition="#g">Reaumur</hi> widmete das Werk dem damaligen<lb/>
Regenten von Frankreich, Herzog Philipp von Orleans, welcher an<lb/>
seinen Arbeiten von Anfang an ein lebhaftes Interesse genommen<lb/>
hatte und ihm zur Belohnung einen bedeutenden lebenslänglichen<lb/>
Staatsgehalt bewilligt hatte.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[201/0215]
Die Cementstahlfabrikation.
Brennstahl sei gut in Ermangelung von anderem, aber für
Schweden, das so guten Frischstahl habe, sei er unnötig. Form,
Figur und Gröſse der Herde sei verschieden. Jeder Meister halte
seinen für den besten und halte daran fest. Etwas Vollkommenes sei
hierin noch nicht gefunden, das bleibe der Zukunft vorbehalten. Ohne
Zweifel habe der bloſse Zufall bei der Bereitung des Eisens das Stahl-
machen an die Hand gegeben, denn so lange die geschmolzene Schlacke
im Herde stehe und das Eisen in demselben schwimme, behielte es
seinen Schwefel, der ihm zur Weiche, wie Fett dem Leder, behülflich
sei. Sobald man aber die Schlacke ablieſse und das Eisen entblöſst
werde, verdufte der Schwefel, wodurch Stahl entstünde. Dies ginge
zunächst von der Oberfläche aus. Wollte man Luppen haben, die
durch und durch Stahl wären, so dürfte man sie nicht groſs machen.
Neben der Stahlbereitung in Frischherden spielte die Stahlbereitung
durch Rückkohlung von Schmiedeeisen im Anfang des 18. Jahrhunderts
bereits eine Rolle. Um diese Fabrikation hat sich Reaumur das
gröſste Verdienst erworben.
Die Cementstahlfabrikation (nach Reaumur 1721).
Reaumur hatte in den Jahren 1720, 1721 und 1722 vor der
Akademie der Wissenschaften in Paris eine Anzahl Abhandlungen
(mémoires) über das Eisen, insbesondere die Verwandlung von Schmiede-
eisen in Stahl und die Erweichung des Gusses bis zur Schmiedbarkeit
vorgetragen, welche so groſsen Beifall fanden, daſs beschlossen wurde,
dieselben drucken zu lassen. Dies geschah durch Michel Brunet
im Jahre 1722 1). Reaumur widmete das Werk dem damaligen
Regenten von Frankreich, Herzog Philipp von Orleans, welcher an
seinen Arbeiten von Anfang an ein lebhaftes Interesse genommen
hatte und ihm zur Belohnung einen bedeutenden lebenslänglichen
Staatsgehalt bewilligt hatte.
1) L’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu, ou
de faire des ouvrages de fer fondu aussi finis que de fer forgé par Monsieur de
Réaumur, de l’Academie Royale des Sciences à Paris chez Michel Brunet,
Grande Salle du Palais, au Mercure galant, MDCCXII, avec approbation et privilége
du Roy. Der erste Teil l’art de convertir le fer forgé umfaſst 382 Quartseiten
mit 10 Figurentafeln, der zweite Teil d’adoucir le fer fondu 178 Quartseiten mit
7 Tafeln.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/215>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.