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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.
lich durch das Wasser bei Zutritt von Luft entstehe. Deshalb be-
streiche man Sachen, die nicht rosten sollen, mit Öl, welches die
Feuchtigkeit abhält. "Dieweil denn das Öl den Rost weret und das
Wasser solchen machet, vermerkend, wiewol dass der Rost weder von
der Kälte noch von der Feuchte entstehet. Denn das Öl ist an ihm
selbst kalt und mag auch feucht werden oder an ihm selbst sein.
Darum wird der Rost von einer faulenden Wärme, es faulet aber das
Wasser, darum ist dieses Ding ein Gift." Obgleich man annahm,
dass beim Verrosten der Metalle etwas verzehrt werde, also eine Ge-
wichtsverminderung eintreten müsste, war man doch mit der That-
sache, dass die Metalle bei ihrer "Verkalkung", d. h. Oxydation, an
Gewicht zunehmen, schon früh bekannt. Geber wusste dies schon
vom Blei und vom Zinn. Ganz bestimmt sprach es Paul Eck von
Sulzbach um 1490 aus, aber die Alchymisten nahmen keine Notiz
davon. Cardanus, der dieselbe Beobachtung bei dem Blei gemacht
hatte, erklärte die Erscheinung in seinem Werke De rerum subtili-
tate aus der Entweichung der himmlischen Wärme, der er also ähn-
lich wie die Chemiker des vorigen Jahrhunderts eine negative Schwere
zuschrieb. Skaliger verdunkelt diese Idee des Cardanus nur, indem
er ausführt, es würde das Metall durch Reduktion von in ihm ein-
geschlossener Luft schwerer, wobei er spezifisches und absolutes Ge-
wicht verwechselt.

Die Erze betrachtete man als Mineralien, die unmittelbar aus
der Hand der Natur hervorgegangen seien und deshalb als die ein-
fachen, elementaren Stoffe, die sich beim Schmelzen durch Zutritt
von irgend etwas in Metalle verwandelten. Die Mineralien waren
nach Aristoteles ebenfalls aus irdischen Ausdünstungen gebildet,
und zwar die Steine aus trockenen, die Metalle aus feuchten, wes-
halb die Steine unschmelzbar und zerreiblich, die Metalle schmelz-
bar oder dehnbar wären. Diese Einteilung war indes nur so lange
haltbar, als man nur die alten sieben planetarischen Metalle: Gold,
Silber, Elektrum, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn kannte. Schon Geber
sah sich gezwungen, die Metalle in edle und unedle zu trennen und
zu letzteren auch einige Halbmetalle zu rechnen. Im 16. Jahrhundert
unterschied man bereits folgende Halbmetalle: Quecksilber, Antimon,
Arsen, Kobalt, Wismut und Zink, die dadurch gekennzeichnet waren,
dass sie sich unter dem Hammer nicht strecken liessen. Die Steine
teilte schon Aristoteles ebenfalls in zwei Gruppen ein, von denen
die der einen aus fetten, die der anderen aus mageren Dünsten entstan-
den waren; die erste umfasste die brennbaren Fossilien, wie Schwefel,

Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.
lich durch das Wasser bei Zutritt von Luft entstehe. Deshalb be-
streiche man Sachen, die nicht rosten sollen, mit Öl, welches die
Feuchtigkeit abhält. „Dieweil denn das Öl den Rost weret und das
Wasser solchen machet, vermerkend, wiewol daſs der Rost weder von
der Kälte noch von der Feuchte entstehet. Denn das Öl ist an ihm
selbst kalt und mag auch feucht werden oder an ihm selbst sein.
Darum wird der Rost von einer faulenden Wärme, es faulet aber das
Wasser, darum ist dieses Ding ein Gift.“ Obgleich man annahm,
daſs beim Verrosten der Metalle etwas verzehrt werde, also eine Ge-
wichtsverminderung eintreten müſste, war man doch mit der That-
sache, daſs die Metalle bei ihrer „Verkalkung“, d. h. Oxydation, an
Gewicht zunehmen, schon früh bekannt. Geber wuſste dies schon
vom Blei und vom Zinn. Ganz bestimmt sprach es Paul Eck von
Sulzbach um 1490 aus, aber die Alchymisten nahmen keine Notiz
davon. Cardanus, der dieselbe Beobachtung bei dem Blei gemacht
hatte, erklärte die Erscheinung in seinem Werke De rerum subtili-
tate aus der Entweichung der himmlischen Wärme, der er also ähn-
lich wie die Chemiker des vorigen Jahrhunderts eine negative Schwere
zuschrieb. Skaliger verdunkelt diese Idee des Cardanus nur, indem
er ausführt, es würde das Metall durch Reduktion von in ihm ein-
geschlossener Luft schwerer, wobei er spezifisches und absolutes Ge-
wicht verwechselt.

Die Erze betrachtete man als Mineralien, die unmittelbar aus
der Hand der Natur hervorgegangen seien und deshalb als die ein-
fachen, elementaren Stoffe, die sich beim Schmelzen durch Zutritt
von irgend etwas in Metalle verwandelten. Die Mineralien waren
nach Aristoteles ebenfalls aus irdischen Ausdünstungen gebildet,
und zwar die Steine aus trockenen, die Metalle aus feuchten, wes-
halb die Steine unschmelzbar und zerreiblich, die Metalle schmelz-
bar oder dehnbar wären. Diese Einteilung war indes nur so lange
haltbar, als man nur die alten sieben planetarischen Metalle: Gold,
Silber, Elektrum, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn kannte. Schon Geber
sah sich gezwungen, die Metalle in edle und unedle zu trennen und
zu letzteren auch einige Halbmetalle zu rechnen. Im 16. Jahrhundert
unterschied man bereits folgende Halbmetalle: Quecksilber, Antimon,
Arsen, Kobalt, Wismut und Zink, die dadurch gekennzeichnet waren,
daſs sie sich unter dem Hammer nicht strecken lieſsen. Die Steine
teilte schon Aristoteles ebenfalls in zwei Gruppen ein, von denen
die der einen aus fetten, die der anderen aus mageren Dünsten entstan-
den waren; die erste umfaſste die brennbaren Fossilien, wie Schwefel,

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[75/0095] Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. lich durch das Wasser bei Zutritt von Luft entstehe. Deshalb be- streiche man Sachen, die nicht rosten sollen, mit Öl, welches die Feuchtigkeit abhält. „Dieweil denn das Öl den Rost weret und das Wasser solchen machet, vermerkend, wiewol daſs der Rost weder von der Kälte noch von der Feuchte entstehet. Denn das Öl ist an ihm selbst kalt und mag auch feucht werden oder an ihm selbst sein. Darum wird der Rost von einer faulenden Wärme, es faulet aber das Wasser, darum ist dieses Ding ein Gift.“ Obgleich man annahm, daſs beim Verrosten der Metalle etwas verzehrt werde, also eine Ge- wichtsverminderung eintreten müſste, war man doch mit der That- sache, daſs die Metalle bei ihrer „Verkalkung“, d. h. Oxydation, an Gewicht zunehmen, schon früh bekannt. Geber wuſste dies schon vom Blei und vom Zinn. Ganz bestimmt sprach es Paul Eck von Sulzbach um 1490 aus, aber die Alchymisten nahmen keine Notiz davon. Cardanus, der dieselbe Beobachtung bei dem Blei gemacht hatte, erklärte die Erscheinung in seinem Werke De rerum subtili- tate aus der Entweichung der himmlischen Wärme, der er also ähn- lich wie die Chemiker des vorigen Jahrhunderts eine negative Schwere zuschrieb. Skaliger verdunkelt diese Idee des Cardanus nur, indem er ausführt, es würde das Metall durch Reduktion von in ihm ein- geschlossener Luft schwerer, wobei er spezifisches und absolutes Ge- wicht verwechselt. Die Erze betrachtete man als Mineralien, die unmittelbar aus der Hand der Natur hervorgegangen seien und deshalb als die ein- fachen, elementaren Stoffe, die sich beim Schmelzen durch Zutritt von irgend etwas in Metalle verwandelten. Die Mineralien waren nach Aristoteles ebenfalls aus irdischen Ausdünstungen gebildet, und zwar die Steine aus trockenen, die Metalle aus feuchten, wes- halb die Steine unschmelzbar und zerreiblich, die Metalle schmelz- bar oder dehnbar wären. Diese Einteilung war indes nur so lange haltbar, als man nur die alten sieben planetarischen Metalle: Gold, Silber, Elektrum, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn kannte. Schon Geber sah sich gezwungen, die Metalle in edle und unedle zu trennen und zu letzteren auch einige Halbmetalle zu rechnen. Im 16. Jahrhundert unterschied man bereits folgende Halbmetalle: Quecksilber, Antimon, Arsen, Kobalt, Wismut und Zink, die dadurch gekennzeichnet waren, daſs sie sich unter dem Hammer nicht strecken lieſsen. Die Steine teilte schon Aristoteles ebenfalls in zwei Gruppen ein, von denen die der einen aus fetten, die der anderen aus mageren Dünsten entstan- den waren; die erste umfaſste die brennbaren Fossilien, wie Schwefel,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/95>, abgerufen am 27.04.2024.