Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Russland im 17. Jahrhundert.
angelehnt, sondern stand frei. Dadurch war viel mehr Platz um den
Ofen, auch für das Gebläse; die Brust war mit eisernen Trachten
gebaut. Durch die Abzüchte liess man fliessendes Wasser laufen.
Der Raum unter der Form (Eisenkasten) war länger, schmäler und
tiefer; die Rast war höher hinaufgezogen, der Timpel war von Stein.
Die Schlacke floss frei über den Dammstein (Wall) ab. Man machte
bei höherem Satz und schnellerem Gichtenwechsel ein vollkommneres
Roheisen, wie es dem Bedürfnis der Wallonschmieden entsprach. Der
runde Ofenquerschnitt, wie die Errichtung gekuppelter Öfen, welche für
Schweden charakteristisch sind, haben sich wohl aus der Konstruktion
der alten Bauernöfen entwickelt.

Für die gedeihliche Entwickelung der Eisenindustrie Norwegens
suchte die dänische Regierung durch eine Reihe von Verordnungen1)
zu sorgen.



Russland.

Bis zu dem Regierungsantritt Peters des Grossen war der Fort-
schritt auf dem Gebiete der Eisenindustrie in Russland nur un-
bedeutend. Besseres Schmiedeisen und Stahl musste Russland ein-
führen. Der geringe Exporthandel über Archangel hatte noch einen
Rückgang erfahren, seitdem Zar Feodor I. am Ende des 16. Jahr-
hunderts den englischen Monopolhandel aufgehoben hatte. Auch
Boris Godunow war ein Feind des Monopols, wenn er auch gern die
fremden Kaufleute durch Privilegien unterstützte. Unter seiner Re-
gierung fingen die Holländer, denen er dieselben Vorrechte einräumte,
wie sie die Engländer besassen, an, diese im Handel mit Archangel
zu verdrängen. Alexei Michailowitsch widerrief endlich alle Privilegien
der Engländer und verbannte sie sogar -- angeblich aus Unwillen über
die Hinrichtung Karls I. -- aus allen seinen Staaten. Damit entledigte
er sich der durch das Monopol geschaffenen Abhängigkeit von den
Engländern, die nach und nach ebenso empfindlich geworden war, wie
früher die von den Hanseaten. Auch war diese Massregel von grossem

1) Förordning om Jern-Manufactur d. 19. Juny 1683 (s. Kongl. Danske För-
ordninger af 1670 bis 1683, p. 953). K. M. Bref om gammelt Jerns Afhendelse den
5. Febr. 1684 (ebendaselbst II, p. 58). Förordning om Tou-Verk og Jern-Ankere
d. 29. Jul. 1684 (ebendaselbst II, p. 120). Kongl. Privilegier ad interim for dennen,
som Kobber-och Jern-Verker i Norge ville optage og fortsaette d. 25. Aug. 1687
(ebendaselbst II, p. 322).
82*

Ruſsland im 17. Jahrhundert.
angelehnt, sondern stand frei. Dadurch war viel mehr Platz um den
Ofen, auch für das Gebläse; die Brust war mit eisernen Trachten
gebaut. Durch die Abzüchte lieſs man flieſsendes Wasser laufen.
Der Raum unter der Form (Eisenkasten) war länger, schmäler und
tiefer; die Rast war höher hinaufgezogen, der Timpel war von Stein.
Die Schlacke floſs frei über den Dammstein (Wall) ab. Man machte
bei höherem Satz und schnellerem Gichtenwechsel ein vollkommneres
Roheisen, wie es dem Bedürfnis der Wallonschmieden entsprach. Der
runde Ofenquerschnitt, wie die Errichtung gekuppelter Öfen, welche für
Schweden charakteristisch sind, haben sich wohl aus der Konstruktion
der alten Bauernöfen entwickelt.

Für die gedeihliche Entwickelung der Eisenindustrie Norwegens
suchte die dänische Regierung durch eine Reihe von Verordnungen1)
zu sorgen.



Ruſsland.

Bis zu dem Regierungsantritt Peters des Groſsen war der Fort-
schritt auf dem Gebiete der Eisenindustrie in Ruſsland nur un-
bedeutend. Besseres Schmiedeisen und Stahl muſste Ruſsland ein-
führen. Der geringe Exporthandel über Archangel hatte noch einen
Rückgang erfahren, seitdem Zar Feodor I. am Ende des 16. Jahr-
hunderts den englischen Monopolhandel aufgehoben hatte. Auch
Boris Godunow war ein Feind des Monopols, wenn er auch gern die
fremden Kaufleute durch Privilegien unterstützte. Unter seiner Re-
gierung fingen die Holländer, denen er dieselben Vorrechte einräumte,
wie sie die Engländer besaſsen, an, diese im Handel mit Archangel
zu verdrängen. Alexei Michailowitsch widerrief endlich alle Privilegien
der Engländer und verbannte sie sogar — angeblich aus Unwillen über
die Hinrichtung Karls I. — aus allen seinen Staaten. Damit entledigte
er sich der durch das Monopol geschaffenen Abhängigkeit von den
Engländern, die nach und nach ebenso empfindlich geworden war, wie
früher die von den Hanseaten. Auch war diese Maſsregel von groſsem

1) Förordning om Jern-Manufactur d. 19. Juny 1683 (s. Kongl. Danske För-
ordninger af 1670 bis 1683, p. 953). K. M. Bref om gammelt Jerns Afhendelse den
5. Febr. 1684 (ebendaselbst II, p. 58). Förordning om Tou-Verk og Jern-Ankere
d. 29. Jul. 1684 (ebendaselbst II, p. 120). Kongl. Privilegier ad interim for dennen,
som Kobber-och Jern-Verker i Norge ville optage og fortsaette d. 25. Aug. 1687
(ebendaselbst II, p. 322).
82*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f1321" n="1299"/><fw place="top" type="header">Ru&#x017F;sland im 17. Jahrhundert.</fw><lb/>
angelehnt, sondern stand frei. Dadurch war viel mehr Platz um den<lb/>
Ofen, auch für das Gebläse; die Brust war mit eisernen Trachten<lb/>
gebaut. Durch die Abzüchte lie&#x017F;s man flie&#x017F;sendes Wasser laufen.<lb/>
Der Raum unter der Form (Eisenkasten) war länger, schmäler und<lb/>
tiefer; die Rast war höher hinaufgezogen, der Timpel war von Stein.<lb/>
Die Schlacke flo&#x017F;s frei über den Dammstein (Wall) ab. Man machte<lb/>
bei höherem Satz und schnellerem Gichtenwechsel ein vollkommneres<lb/>
Roheisen, wie es dem Bedürfnis der Wallonschmieden entsprach. Der<lb/>
runde Ofenquerschnitt, wie die Errichtung gekuppelter Öfen, welche für<lb/>
Schweden charakteristisch sind, haben sich wohl aus der Konstruktion<lb/>
der alten Bauernöfen entwickelt.</p><lb/>
              <p>Für die gedeihliche Entwickelung der Eisenindustrie <hi rendition="#g">Norwegens</hi><lb/>
suchte die dänische Regierung durch eine Reihe von Verordnungen<note place="foot" n="1)">Förordning om Jern-Manufactur d. 19. Juny 1683 (s. Kongl. Danske För-<lb/>
ordninger af 1670 bis 1683, p. 953). K. M. <hi rendition="#g">Bref</hi> om gammelt Jerns Afhendelse den<lb/>
5. Febr. 1684 (ebendaselbst II, p. 58). Förordning om Tou-Verk og Jern-Ankere<lb/>
d. 29. Jul. 1684 (ebendaselbst II, p. 120). Kongl. Privilegier ad interim for dennen,<lb/>
som Kobber-och Jern-Verker i Norge ville optage og fortsaette d. 25. Aug. 1687<lb/>
(ebendaselbst II, p. 322).</note><lb/>
zu sorgen.</p>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Ru&#x017F;sland</hi>.</hi> </head><lb/>
              <p>Bis zu dem Regierungsantritt Peters des Gro&#x017F;sen war der Fort-<lb/>
schritt auf dem Gebiete der Eisenindustrie in Ru&#x017F;sland nur un-<lb/>
bedeutend. Besseres Schmiedeisen und Stahl mu&#x017F;ste Ru&#x017F;sland ein-<lb/>
führen. Der geringe Exporthandel über Archangel hatte noch einen<lb/>
Rückgang erfahren, seitdem Zar Feodor I. am Ende des 16. Jahr-<lb/>
hunderts den englischen Monopolhandel aufgehoben hatte. Auch<lb/>
Boris Godunow war ein Feind des Monopols, wenn er auch gern die<lb/>
fremden Kaufleute durch Privilegien unterstützte. Unter seiner Re-<lb/>
gierung fingen die Holländer, denen er dieselben Vorrechte einräumte,<lb/>
wie sie die Engländer besa&#x017F;sen, an, diese im Handel mit Archangel<lb/>
zu verdrängen. Alexei Michailowitsch widerrief endlich alle Privilegien<lb/>
der Engländer und verbannte sie sogar &#x2014; angeblich aus Unwillen über<lb/>
die Hinrichtung Karls I. &#x2014; aus allen seinen Staaten. Damit entledigte<lb/>
er sich der durch das Monopol geschaffenen Abhängigkeit von den<lb/>
Engländern, die nach und nach ebenso empfindlich geworden war, wie<lb/>
früher die von den Hanseaten. Auch war diese Ma&#x017F;sregel von gro&#x017F;sem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">82*</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1299/1321] Ruſsland im 17. Jahrhundert. angelehnt, sondern stand frei. Dadurch war viel mehr Platz um den Ofen, auch für das Gebläse; die Brust war mit eisernen Trachten gebaut. Durch die Abzüchte lieſs man flieſsendes Wasser laufen. Der Raum unter der Form (Eisenkasten) war länger, schmäler und tiefer; die Rast war höher hinaufgezogen, der Timpel war von Stein. Die Schlacke floſs frei über den Dammstein (Wall) ab. Man machte bei höherem Satz und schnellerem Gichtenwechsel ein vollkommneres Roheisen, wie es dem Bedürfnis der Wallonschmieden entsprach. Der runde Ofenquerschnitt, wie die Errichtung gekuppelter Öfen, welche für Schweden charakteristisch sind, haben sich wohl aus der Konstruktion der alten Bauernöfen entwickelt. Für die gedeihliche Entwickelung der Eisenindustrie Norwegens suchte die dänische Regierung durch eine Reihe von Verordnungen 1) zu sorgen. Ruſsland. Bis zu dem Regierungsantritt Peters des Groſsen war der Fort- schritt auf dem Gebiete der Eisenindustrie in Ruſsland nur un- bedeutend. Besseres Schmiedeisen und Stahl muſste Ruſsland ein- führen. Der geringe Exporthandel über Archangel hatte noch einen Rückgang erfahren, seitdem Zar Feodor I. am Ende des 16. Jahr- hunderts den englischen Monopolhandel aufgehoben hatte. Auch Boris Godunow war ein Feind des Monopols, wenn er auch gern die fremden Kaufleute durch Privilegien unterstützte. Unter seiner Re- gierung fingen die Holländer, denen er dieselben Vorrechte einräumte, wie sie die Engländer besaſsen, an, diese im Handel mit Archangel zu verdrängen. Alexei Michailowitsch widerrief endlich alle Privilegien der Engländer und verbannte sie sogar — angeblich aus Unwillen über die Hinrichtung Karls I. — aus allen seinen Staaten. Damit entledigte er sich der durch das Monopol geschaffenen Abhängigkeit von den Engländern, die nach und nach ebenso empfindlich geworden war, wie früher die von den Hanseaten. Auch war diese Maſsregel von groſsem 1) Förordning om Jern-Manufactur d. 19. Juny 1683 (s. Kongl. Danske För- ordninger af 1670 bis 1683, p. 953). K. M. Bref om gammelt Jerns Afhendelse den 5. Febr. 1684 (ebendaselbst II, p. 58). Förordning om Tou-Verk og Jern-Ankere d. 29. Jul. 1684 (ebendaselbst II, p. 120). Kongl. Privilegier ad interim for dennen, som Kobber-och Jern-Verker i Norge ville optage og fortsaette d. 25. Aug. 1687 (ebendaselbst II, p. 322). 82*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1321
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1321>, abgerufen am 18.12.2024.