Es ist nicht zu verwundern, dass ein solcher Stand, der so viel auf Ordnung und Standesehre hielt, eine geistige Überlegenheit den unfreieren Arbeitsklassen, sowie dem Landvolk gegenüber erlangte. Dazu kam ein tief religiöser Sinn, welchen der ernste Beruf mit sich brachte, und wenn dieser sich oft bis zum Aberglauben verstieg, so prägte er doch dem ganzen Stande eine eigene Würde auf. Aus dem Bergmannsstande sind durch das Zusammenwirken aller dieser Mo- mente viele hervorragende Persönlichkeiten hervorgegangen, und es ist charakteristisch, dass aus einer einfachen Bergmannshütte der grosse Reformator hervorging, der in geistiger Beziehung das Mittel- alter zum Abschluss brachte und der neuen Zeit voran leuchtete, der Mönch von Wittenberg, der arme Bergmannssohn aus Eisleben, -- der gewaltige Doktor Martinus Luther.
Die Eisenbereitung im Mittelalter.
Nachdem wir es versucht haben, ein Bild der Verwendung des Eisens im Mittelalter, der Gewinnung der Erze, der damit in Verbin- dung stehenden Rechtsverhältnisse zu geben, wird es jetzt vor allem unsere Aufgabe sein, die Schmelzmethoden selbst, die metallurgische Darstellung des Eisens aus seinen Erzen, wie sie im Mittelalter ge- gräuchlich war, zu schildern.
Die Eisendarstellung in Herdgruben (Luppenfeuer, Renn- feuer, Windöfen u. s. w.).
Über die Eisenschmelzerei der alten Germanen wissen wir nichts Bestimmtes. Es lässt sich nur das eine mit Sicherheit feststellen, dass sie sich des sogenannten direkten Verfahrens bedienten, d. h. dass sie aus den Erzen unmittelbar schmiedbares Eisen gewannen. Dies ge- schah in sehr unvollkommener Weise mit schwachen Gebläsen und einfachen Schmelzvorrichtungen. Letztere waren entweder offene Herd- feuer oder niedrige Schachtöfen. Von letzteren hat man auf Hügeln und Bergen Trümmer gefunden. Es scheint, dass sie etwa 1,50 m hoch und 0,50 m weit waren. Dass in solchen Öfen zuweilen auch ohne Gebläse durch natürlichen Luftzug geschmolzen wurde, erscheint wahr- scheinlich, ist indessen noch nicht hinreichend erwiesen. Die Herd- öfen nannte man später Rennfeuer und Luppenfeuer, die Schachtöfen dagegen Stucköfen und Wolfsöfen.
Eisenbereitung im Mittelalter.
Es ist nicht zu verwundern, daſs ein solcher Stand, der so viel auf Ordnung und Standesehre hielt, eine geistige Überlegenheit den unfreieren Arbeitsklassen, sowie dem Landvolk gegenüber erlangte. Dazu kam ein tief religiöser Sinn, welchen der ernste Beruf mit sich brachte, und wenn dieser sich oft bis zum Aberglauben verstieg, so prägte er doch dem ganzen Stande eine eigene Würde auf. Aus dem Bergmannsstande sind durch das Zusammenwirken aller dieser Mo- mente viele hervorragende Persönlichkeiten hervorgegangen, und es ist charakteristisch, daſs aus einer einfachen Bergmannshütte der groſse Reformator hervorging, der in geistiger Beziehung das Mittel- alter zum Abschluſs brachte und der neuen Zeit voran leuchtete, der Mönch von Wittenberg, der arme Bergmannssohn aus Eisleben, — der gewaltige Doktor Martinus Luther.
Die Eisenbereitung im Mittelalter.
Nachdem wir es versucht haben, ein Bild der Verwendung des Eisens im Mittelalter, der Gewinnung der Erze, der damit in Verbin- dung stehenden Rechtsverhältnisse zu geben, wird es jetzt vor allem unsere Aufgabe sein, die Schmelzmethoden selbst, die metallurgische Darstellung des Eisens aus seinen Erzen, wie sie im Mittelalter ge- gräuchlich war, zu schildern.
Die Eisendarstellung in Herdgruben (Luppenfeuer, Renn- feuer, Windöfen u. s. w.).
Über die Eisenschmelzerei der alten Germanen wissen wir nichts Bestimmtes. Es läſst sich nur das eine mit Sicherheit feststellen, daſs sie sich des sogenannten direkten Verfahrens bedienten, d. h. daſs sie aus den Erzen unmittelbar schmiedbares Eisen gewannen. Dies ge- schah in sehr unvollkommener Weise mit schwachen Gebläsen und einfachen Schmelzvorrichtungen. Letztere waren entweder offene Herd- feuer oder niedrige Schachtöfen. Von letzteren hat man auf Hügeln und Bergen Trümmer gefunden. Es scheint, daſs sie etwa 1,50 m hoch und 0,50 m weit waren. Daſs in solchen Öfen zuweilen auch ohne Gebläse durch natürlichen Luftzug geschmolzen wurde, erscheint wahr- scheinlich, ist indessen noch nicht hinreichend erwiesen. Die Herd- öfen nannte man später Rennfeuer und Luppenfeuer, die Schachtöfen dagegen Stucköfen und Wolfsöfen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0801"n="779"/><fwplace="top"type="header">Eisenbereitung im Mittelalter.</fw><lb/><p>Es ist nicht zu verwundern, daſs ein solcher Stand, der so viel<lb/>
auf Ordnung und Standesehre hielt, eine geistige Überlegenheit den<lb/>
unfreieren Arbeitsklassen, sowie dem Landvolk gegenüber erlangte.<lb/>
Dazu kam ein tief religiöser Sinn, welchen der ernste Beruf mit sich<lb/>
brachte, und wenn dieser sich oft bis zum Aberglauben verstieg, so<lb/>
prägte er doch dem ganzen Stande eine eigene Würde auf. Aus dem<lb/>
Bergmannsstande sind durch das Zusammenwirken aller dieser Mo-<lb/>
mente viele hervorragende Persönlichkeiten hervorgegangen, und es<lb/>
ist charakteristisch, daſs aus einer einfachen Bergmannshütte der<lb/>
groſse Reformator hervorging, der in geistiger Beziehung das Mittel-<lb/>
alter zum Abschluſs brachte und der neuen Zeit voran leuchtete, der<lb/>
Mönch von Wittenberg, der arme Bergmannssohn aus Eisleben, — der<lb/>
gewaltige <hirendition="#g">Doktor Martinus Luther</hi>.</p></div></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Die Eisenbereitung im Mittelalter</hi>.</head><lb/><p>Nachdem wir es versucht haben, ein Bild der Verwendung des<lb/>
Eisens im Mittelalter, der Gewinnung der Erze, der damit in Verbin-<lb/>
dung stehenden Rechtsverhältnisse zu geben, wird es jetzt vor allem<lb/>
unsere Aufgabe sein, die <hirendition="#g">Schmelzmethoden</hi> selbst, die metallurgische<lb/>
Darstellung des Eisens aus seinen Erzen, wie sie im Mittelalter ge-<lb/>
gräuchlich war, zu schildern.</p><lb/><divn="3"><head><hirendition="#g">Die Eisendarstellung in Herdgruben (Luppenfeuer, Renn-<lb/>
feuer, Windöfen u. s. w.).</hi></head><lb/><p>Über die Eisenschmelzerei der alten Germanen wissen wir nichts<lb/>
Bestimmtes. Es läſst sich nur das eine mit Sicherheit feststellen, daſs<lb/>
sie sich des sogenannten direkten Verfahrens bedienten, d. h. daſs sie<lb/>
aus den Erzen unmittelbar schmiedbares Eisen gewannen. Dies ge-<lb/>
schah in sehr unvollkommener Weise mit schwachen Gebläsen und<lb/>
einfachen Schmelzvorrichtungen. Letztere waren entweder offene Herd-<lb/>
feuer oder niedrige Schachtöfen. Von letzteren hat man auf Hügeln<lb/>
und Bergen Trümmer gefunden. Es scheint, daſs sie etwa 1,50 m hoch<lb/>
und 0,50 m weit waren. Daſs in solchen Öfen zuweilen auch ohne<lb/>
Gebläse durch natürlichen Luftzug geschmolzen wurde, erscheint wahr-<lb/>
scheinlich, ist indessen noch nicht hinreichend erwiesen. Die Herd-<lb/>
öfen nannte man später Rennfeuer und Luppenfeuer, die Schachtöfen<lb/>
dagegen Stucköfen und Wolfsöfen.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[779/0801]
Eisenbereitung im Mittelalter.
Es ist nicht zu verwundern, daſs ein solcher Stand, der so viel
auf Ordnung und Standesehre hielt, eine geistige Überlegenheit den
unfreieren Arbeitsklassen, sowie dem Landvolk gegenüber erlangte.
Dazu kam ein tief religiöser Sinn, welchen der ernste Beruf mit sich
brachte, und wenn dieser sich oft bis zum Aberglauben verstieg, so
prägte er doch dem ganzen Stande eine eigene Würde auf. Aus dem
Bergmannsstande sind durch das Zusammenwirken aller dieser Mo-
mente viele hervorragende Persönlichkeiten hervorgegangen, und es
ist charakteristisch, daſs aus einer einfachen Bergmannshütte der
groſse Reformator hervorging, der in geistiger Beziehung das Mittel-
alter zum Abschluſs brachte und der neuen Zeit voran leuchtete, der
Mönch von Wittenberg, der arme Bergmannssohn aus Eisleben, — der
gewaltige Doktor Martinus Luther.
Die Eisenbereitung im Mittelalter.
Nachdem wir es versucht haben, ein Bild der Verwendung des
Eisens im Mittelalter, der Gewinnung der Erze, der damit in Verbin-
dung stehenden Rechtsverhältnisse zu geben, wird es jetzt vor allem
unsere Aufgabe sein, die Schmelzmethoden selbst, die metallurgische
Darstellung des Eisens aus seinen Erzen, wie sie im Mittelalter ge-
gräuchlich war, zu schildern.
Die Eisendarstellung in Herdgruben (Luppenfeuer, Renn-
feuer, Windöfen u. s. w.).
Über die Eisenschmelzerei der alten Germanen wissen wir nichts
Bestimmtes. Es läſst sich nur das eine mit Sicherheit feststellen, daſs
sie sich des sogenannten direkten Verfahrens bedienten, d. h. daſs sie
aus den Erzen unmittelbar schmiedbares Eisen gewannen. Dies ge-
schah in sehr unvollkommener Weise mit schwachen Gebläsen und
einfachen Schmelzvorrichtungen. Letztere waren entweder offene Herd-
feuer oder niedrige Schachtöfen. Von letzteren hat man auf Hügeln
und Bergen Trümmer gefunden. Es scheint, daſs sie etwa 1,50 m hoch
und 0,50 m weit waren. Daſs in solchen Öfen zuweilen auch ohne
Gebläse durch natürlichen Luftzug geschmolzen wurde, erscheint wahr-
scheinlich, ist indessen noch nicht hinreichend erwiesen. Die Herd-
öfen nannte man später Rennfeuer und Luppenfeuer, die Schachtöfen
dagegen Stucköfen und Wolfsöfen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/801>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.