Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

War meine Flucht mit Leonardus ein Fehltritt, so war sie doch der einzige, aber ich möchte nicht noch länger den Kampf der innigsten Liebe mit der Pflicht der uns auferlegten Entsagung kämpfen, ich fühle, daß auf die Dauer meine Kraft dazu nicht ausreicht. Und dann habe ich nur einen Wunsch: Ich will zurück in meine Heimath, in mein Elternhaus, und dazu, nur dazu sollen Sie mir Rath und Schutz auf meine Bitte leihen, und sollen helfen, mich vor mir selbst zu retten.



8. Das Haus van der Valck.


Geleitet von Leonardus betrat Ludwig Graf von Varel, versehen mit seinen Papieren, das elterliche Haus seines Freundes, und mußte erstaunen über dieses von außen ganz einfach sich darstellenden Hauses reiche Prachtfülle, die im Inneren zur Schau trat. Marmortreppen und Geländer, Mahagonigetäfel der Wände, von geschliffenem Spiegelglas alle Scheiben der Fenster. Glänzend gebohnte Fußböden, zum Theil belegt mit bunten Teppichwebereien aus Hindostan, von schwerem Seidendamast alle Vorhänge, herrlich geschnitzte und mit Perlmutter, Bernstein und Achaten ausgelegte Prunkschreine mit Glasscheiben, oben darauf eine Fülle prachtvoller Vasen, von ächt chinesischem und japanischem Porcellan, und innen ein unermeßlicher Reichthum an Gold und Silbergeräthen zur Schau gestellt. An den Wänden, wo nicht französische oder flandrische Gobelins diese mit Farbenbildern ganz bedeckten, werthvolle Gemälde der niederländischen Meister in breiten, phantastisch ausgeschnitzten Mahagonirahmen, da und dort Consolen, auf denen Statuen oder Trinkgeschirre von hohem Werthe standen; auf den Simsen der Kamine und Thüren riesige Wunder der Natur und ferner Länder; Prachtexemplare rother, weißer und schwarzer Korallen, Milleporen und Matreporen, Kästen mit Riesenschmetterlingen aus Surinam und Amboina, Erzstufen aus Peru, von den Küsten von Golkonda und Coromandel. In großen Käfigthürmen von blankem Messingdraht und mit mancherlei Zierrath ausgestattet allerlei lebendes

War meine Flucht mit Leonardus ein Fehltritt, so war sie doch der einzige, aber ich möchte nicht noch länger den Kampf der innigsten Liebe mit der Pflicht der uns auferlegten Entsagung kämpfen, ich fühle, daß auf die Dauer meine Kraft dazu nicht ausreicht. Und dann habe ich nur einen Wunsch: Ich will zurück in meine Heimath, in mein Elternhaus, und dazu, nur dazu sollen Sie mir Rath und Schutz auf meine Bitte leihen, und sollen helfen, mich vor mir selbst zu retten.



8. Das Haus van der Valck.


Geleitet von Leonardus betrat Ludwig Graf von Varel, versehen mit seinen Papieren, das elterliche Haus seines Freundes, und mußte erstaunen über dieses von außen ganz einfach sich darstellenden Hauses reiche Prachtfülle, die im Inneren zur Schau trat. Marmortreppen und Geländer, Mahagonigetäfel der Wände, von geschliffenem Spiegelglas alle Scheiben der Fenster. Glänzend gebohnte Fußböden, zum Theil belegt mit bunten Teppichwebereien aus Hindostan, von schwerem Seidendamast alle Vorhänge, herrlich geschnitzte und mit Perlmutter, Bernstein und Achaten ausgelegte Prunkschreine mit Glasscheiben, oben darauf eine Fülle prachtvoller Vasen, von ächt chinesischem und japanischem Porcellan, und innen ein unermeßlicher Reichthum an Gold und Silbergeräthen zur Schau gestellt. An den Wänden, wo nicht französische oder flandrische Gobelins diese mit Farbenbildern ganz bedeckten, werthvolle Gemälde der niederländischen Meister in breiten, phantastisch ausgeschnitzten Mahagonirahmen, da und dort Consolen, auf denen Statuen oder Trinkgeschirre von hohem Werthe standen; auf den Simsen der Kamine und Thüren riesige Wunder der Natur und ferner Länder; Prachtexemplare rother, weißer und schwarzer Korallen, Milleporen und Matreporen, Kästen mit Riesenschmetterlingen aus Surinam und Amboina, Erzstufen aus Peru, von den Küsten von Golkonda und Coromandel. In großen Käfigthürmen von blankem Messingdraht und mit mancherlei Zierrath ausgestattet allerlei lebendes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0102" n="98"/>
War meine Flucht mit Leonardus ein Fehltritt, so war sie doch der einzige, aber ich möchte nicht noch länger den Kampf der innigsten Liebe mit der Pflicht der uns auferlegten Entsagung kämpfen, ich fühle, daß auf die Dauer meine Kraft dazu nicht ausreicht. Und dann habe ich nur einen Wunsch: Ich will zurück in meine Heimath, in mein Elternhaus, und dazu, nur dazu sollen Sie mir Rath und Schutz auf meine Bitte leihen, und sollen helfen, mich vor mir selbst zu retten.</p>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>8. Das Haus van der Valck.<lb/></head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Geleitet von Leonardus betrat Ludwig Graf von Varel, versehen mit seinen Papieren, das elterliche Haus seines Freundes, und mußte erstaunen über dieses von außen ganz einfach sich darstellenden Hauses reiche Prachtfülle, die im Inneren zur Schau trat. Marmortreppen und Geländer, Mahagonigetäfel der Wände, von geschliffenem Spiegelglas alle Scheiben der Fenster. Glänzend gebohnte Fußböden, zum Theil belegt mit bunten Teppichwebereien aus Hindostan, von schwerem Seidendamast alle Vorhänge, herrlich geschnitzte und mit Perlmutter, Bernstein und Achaten ausgelegte Prunkschreine mit Glasscheiben, oben darauf eine Fülle prachtvoller Vasen, von ächt chinesischem und japanischem Porcellan, und innen ein unermeßlicher Reichthum an Gold und Silbergeräthen zur Schau gestellt. An den Wänden, wo nicht französische oder flandrische Gobelins diese mit Farbenbildern ganz bedeckten, werthvolle Gemälde der niederländischen Meister in breiten, phantastisch ausgeschnitzten Mahagonirahmen, da und dort Consolen, auf denen Statuen oder Trinkgeschirre von hohem Werthe standen; auf den Simsen der Kamine und Thüren riesige Wunder der Natur und ferner Länder; Prachtexemplare rother, weißer und schwarzer Korallen, Milleporen und Matreporen, Kästen mit Riesenschmetterlingen aus Surinam und Amboina, Erzstufen aus Peru, von den Küsten von Golkonda und Coromandel. In großen Käfigthürmen von blankem Messingdraht und mit mancherlei Zierrath ausgestattet allerlei lebendes
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0102] War meine Flucht mit Leonardus ein Fehltritt, so war sie doch der einzige, aber ich möchte nicht noch länger den Kampf der innigsten Liebe mit der Pflicht der uns auferlegten Entsagung kämpfen, ich fühle, daß auf die Dauer meine Kraft dazu nicht ausreicht. Und dann habe ich nur einen Wunsch: Ich will zurück in meine Heimath, in mein Elternhaus, und dazu, nur dazu sollen Sie mir Rath und Schutz auf meine Bitte leihen, und sollen helfen, mich vor mir selbst zu retten. 8. Das Haus van der Valck. Geleitet von Leonardus betrat Ludwig Graf von Varel, versehen mit seinen Papieren, das elterliche Haus seines Freundes, und mußte erstaunen über dieses von außen ganz einfach sich darstellenden Hauses reiche Prachtfülle, die im Inneren zur Schau trat. Marmortreppen und Geländer, Mahagonigetäfel der Wände, von geschliffenem Spiegelglas alle Scheiben der Fenster. Glänzend gebohnte Fußböden, zum Theil belegt mit bunten Teppichwebereien aus Hindostan, von schwerem Seidendamast alle Vorhänge, herrlich geschnitzte und mit Perlmutter, Bernstein und Achaten ausgelegte Prunkschreine mit Glasscheiben, oben darauf eine Fülle prachtvoller Vasen, von ächt chinesischem und japanischem Porcellan, und innen ein unermeßlicher Reichthum an Gold und Silbergeräthen zur Schau gestellt. An den Wänden, wo nicht französische oder flandrische Gobelins diese mit Farbenbildern ganz bedeckten, werthvolle Gemälde der niederländischen Meister in breiten, phantastisch ausgeschnitzten Mahagonirahmen, da und dort Consolen, auf denen Statuen oder Trinkgeschirre von hohem Werthe standen; auf den Simsen der Kamine und Thüren riesige Wunder der Natur und ferner Länder; Prachtexemplare rother, weißer und schwarzer Korallen, Milleporen und Matreporen, Kästen mit Riesenschmetterlingen aus Surinam und Amboina, Erzstufen aus Peru, von den Küsten von Golkonda und Coromandel. In großen Käfigthürmen von blankem Messingdraht und mit mancherlei Zierrath ausgestattet allerlei lebendes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2013-01-22T14:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
austrian literature online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-22T14:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-22T14:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/102
Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/102>, abgerufen am 03.12.2024.