und Ausgaben von verschiedenen Wirthschaftszuständen der Einzel- nen (§. 73.) für sich reden. Aber alle diese Bestimmungen sind bei einem Volke nicht anwendbar. Weil sich die Volksbedürfnisse nach der Productionsfähigkeit und die Production nach den Be- dürfnissen richtet, so läßt sich von keinem Volke an sich sagen, daß es arm oder reich sei, denn die nationale Genügsamkeit ist eben so wenig als bloße Tugendübung, wie der Luxus als Folge des Sittenverderbnisses anzusehen, beide üben die Völker als Totalität aus Nothwendigkeit. Von einem ständigen Mißverhältnisse zwischen Volkseinkommen und -Aufwand kann darum nicht die Sprache sein, obschon sie vorübergehend plötzlich übermäßig erhöht und ver- mindert werden können. Vergleicht man aber die Völker wirth- schaftlich mit einander, so stellt sich eine große Verschiedenheit der Zustände heraus, nach welcher man die Grade des Volkswohl- standes bemißt. Eine genaue Untersuchung darüber muß sich über alle bisher erörterten Verhältnisse der Volkswirthschaft ausdehnen. Aeußerlich und weniger genau erkennt man den Grad des Volks- wohlstandes an der bleibenden Höhe der Grundrente und des Ar- beitslohnes, an der andauernden Niedrigkeit des Zinsfußes und Gewerbsgewinnes, an der Zunahme der Bevölkerung, an der Le- bensweise des unteren und mittleren Standes, an der Aufklärung derselben, am Volkscharakter, an großen Privat- und gesellschaft- lichen Unternehmungen, und an der Leichtigkeit der Verwendung für Staatszwecke1).
1)Spittler, Vorles. über Politik. S. 446. §. 94. Rau polit. Oeconom. I. §. 79-81.
Zweites Buch. Besondere Grundsätze.
Erstes Hauptstück. Von den Urgewerben, als Zweig der Volkswirthschaft.
§. 431. 1) Der Bergbau.
Die Producte des Bergbaues dienen zu den verschiedensten häuslichen und technischen Zwecken als Rohmateriale. Die Wich- tigkeit der unedlen Metalle, der Stein- und Braunkohlen, der Erden, der Steine, Edelmetalle u. dgl. m. ist so allgemein aner- kannt, daß die Verwendung bedeutender Capitalien auf ihre Ge- winnung für den Volkswohlstand äußerst nothwendig und nützlich
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und Ausgaben von verſchiedenen Wirthſchaftszuſtänden der Einzel- nen (§. 73.) für ſich reden. Aber alle dieſe Beſtimmungen ſind bei einem Volke nicht anwendbar. Weil ſich die Volksbedürfniſſe nach der Productionsfähigkeit und die Production nach den Be- dürfniſſen richtet, ſo läßt ſich von keinem Volke an ſich ſagen, daß es arm oder reich ſei, denn die nationale Genügſamkeit iſt eben ſo wenig als bloße Tugendübung, wie der Luxus als Folge des Sittenverderbniſſes anzuſehen, beide üben die Völker als Totalität aus Nothwendigkeit. Von einem ſtändigen Mißverhältniſſe zwiſchen Volkseinkommen und -Aufwand kann darum nicht die Sprache ſein, obſchon ſie vorübergehend plötzlich übermäßig erhöht und ver- mindert werden können. Vergleicht man aber die Völker wirth- ſchaftlich mit einander, ſo ſtellt ſich eine große Verſchiedenheit der Zuſtände heraus, nach welcher man die Grade des Volkswohl- ſtandes bemißt. Eine genaue Unterſuchung darüber muß ſich über alle bisher erörterten Verhältniſſe der Volkswirthſchaft ausdehnen. Aeußerlich und weniger genau erkennt man den Grad des Volks- wohlſtandes an der bleibenden Höhe der Grundrente und des Ar- beitslohnes, an der andauernden Niedrigkeit des Zinsfußes und Gewerbsgewinnes, an der Zunahme der Bevölkerung, an der Le- bensweiſe des unteren und mittleren Standes, an der Aufklärung derſelben, am Volkscharakter, an großen Privat- und geſellſchaft- lichen Unternehmungen, und an der Leichtigkeit der Verwendung für Staatszwecke1).
1)Spittler, Vorleſ. über Politik. S. 446. §. 94. Rau polit. Oeconom. I. §. 79–81.
Zweites Buch. Beſondere Grundſätze.
Erſtes Hauptſtück. Von den Urgewerben, als Zweig der Volkswirthſchaft.
§. 431. 1) Der Bergbau.
Die Producte des Bergbaues dienen zu den verſchiedenſten häuslichen und techniſchen Zwecken als Rohmateriale. Die Wich- tigkeit der unedlen Metalle, der Stein- und Braunkohlen, der Erden, der Steine, Edelmetalle u. dgl. m. iſt ſo allgemein aner- kannt, daß die Verwendung bedeutender Capitalien auf ihre Ge- winnung für den Volkswohlſtand äußerſt nothwendig und nützlich
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nen (§. 73.) für ſich reden. Aber alle dieſe Beſtimmungen ſind
bei einem Volke nicht anwendbar. Weil ſich die Volksbedürfniſſe
nach der Productionsfähigkeit und die Production nach den Be-
dürfniſſen richtet, ſo läßt ſich von keinem Volke an ſich ſagen, daß
es arm oder reich ſei, denn die nationale Genügſamkeit iſt eben
ſo wenig als bloße Tugendübung, wie der Luxus als Folge des
Sittenverderbniſſes anzuſehen, beide üben die Völker als Totalität
aus Nothwendigkeit. Von einem ſtändigen Mißverhältniſſe zwiſchen
Volkseinkommen und -Aufwand kann darum nicht die Sprache
ſein, obſchon ſie vorübergehend plötzlich übermäßig erhöht und ver-
mindert werden können. Vergleicht man aber die Völker wirth-
ſchaftlich mit einander, ſo ſtellt ſich eine große Verſchiedenheit der
Zuſtände heraus, nach welcher man die Grade des Volkswohl-
ſtandes bemißt. Eine genaue Unterſuchung darüber muß ſich über
alle bisher erörterten Verhältniſſe der Volkswirthſchaft ausdehnen.
Aeußerlich und weniger genau erkennt man den Grad des Volks-
wohlſtandes an der bleibenden Höhe der Grundrente und des Ar-
beitslohnes, an der andauernden Niedrigkeit des Zinsfußes und
Gewerbsgewinnes, an der Zunahme der Bevölkerung, an der Le-
bensweiſe des unteren und mittleren Standes, an der Aufklärung
derſelben, am Volkscharakter, an großen Privat- und geſellſchaft-
lichen Unternehmungen, und an der Leichtigkeit der Verwendung
für Staatszwecke1).
¹⁾ Spittler, Vorleſ. über Politik. S. 446. §. 94. Rau polit. Oeconom.
I. §. 79–81.
Zweites Buch.
Beſondere Grundſätze.
Erſtes Hauptſtück.
Von den Urgewerben, als Zweig der Volkswirthſchaft.
§. 431.
1) Der Bergbau.
Die Producte des Bergbaues dienen zu den verſchiedenſten
häuslichen und techniſchen Zwecken als Rohmateriale. Die Wich-
tigkeit der unedlen Metalle, der Stein- und Braunkohlen, der
Erden, der Steine, Edelmetalle u. dgl. m. iſt ſo allgemein aner-
kannt, daß die Verwendung bedeutender Capitalien auf ihre Ge-
winnung für den Volkswohlſtand äußerſt nothwendig und nützlich
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/633>, abgerufen am 21.11.2024.
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