im Menschen so entschieden, stark und tief, daß mit jedem Fort- schritte in seiner Befriedigung wieder der Grund zu neuem Ver- langen liegt. Es ist daher nichts natürlicher, als daß sich die Production mit dem Begehren nach Consumtion in geradem Ver- hältnisse erweitert und dann ihrerseits wieder auf Ausdehnung des Begehres wirkt. Hieraus ergibt sich, als in der Natur der Men- schen begründet, nothwendig ein Gleichgewicht zwischen Begehr und Angebot oder Consumtion und Production in der Volkswirth- schaft als Regel, auf welcher bei jedem Volke die Stufe des Wohl- standes fußt. Periodische und locale Mißverhältnisse als Ausnah- men abgerechnet, so kann dieses Gleichgewicht durch die Bevöl- kerung andauernd nicht gestört werden, weil diese selbst mit der Möglichkeit der Consumtion, also mit der Production in geradem Verhältnisse steht. Da nun kein Volk mehr consumiren kann, als es zu produciren vermag, sei es indem es seine eigenen oder durch Eintausch gewonnenen Erzeugnisse verzehrt, und da ein solches auch nicht mehr producirt, als es zu consumiren wünscht, indem näm- lich seine Wünsche unendlich, aber die Productionsfähigkeit be- gränzt ist; so folgt auch, daß in einer Volkswirthschaft Begehr und Angebot im Ganzen genommen gleich groß sind, so abweichend sie gegenseitig auch auf einzelnen Märkten, in einzelnen Gegenden und gewissen Perioden sein mögen1).
1)Rau polit. Oeconom. I. §. 328. u. 329., sowie auch Mill Elemens. pag. 226 sqq., gibt diesen Satz nur insoferne zu, als der Ueberschuß über den eigenen Bedarf verkauft werde. Allein dieser Gesichtspunkt ist für eine solche Wahrheit in enge. Denn Begehr und Angebot ist auch bei den Pacht- und Capitalzinse so wie bei dem Arbeitslohne wirksam, so daß diese von seinem Satze nicht ausgeschlossen werden können, und es bleiben demnach nur noch die Eigenthümer der Güterquellen und die Gewerbsunternehmer auszuschließen. Jedoch der gesammte Begehr kann sich nur in der gesammten Consumtion zeigen und unter dieser ist auch jene der zwei letztern Klassen enthalten. Es ist zum wirksamen Begehre der Wunsch eines Gutes so wie der Wille und die Macht, nicht, wie Mill meint, etwas hinzugeben, sondern überhaupt dafür aufzuopfern nöthig. Dies gilt von allen für wirthschaft- lichen Erwerb Thätigen und also auch von jeder Nation, die im Grunde ebenso ihre eigene Begehrerin und Anbieterin ist, wie jede Person für sich. Eine Nation kann daher nicht mehr begehren und verzehren, als wie viel sie anbietet und hervor- bringt, und strebt immer dahin, so viel anzubieten und zu erzeugen, als sie begehrt und verzehren will. Denn mit der Production steigen die Bedürfnisse und mit diesen wider, so weit möglich, die Production.
Drittes Stück. Vom Verhältnisse des Volkseinkommens und -Aufwandes.
§. 430.
Man kann von verschwenderischen, habsüchtigen und geitzigen Personen (§. 72.) und je nach dem Verhältnisse der Einnahmen
im Menſchen ſo entſchieden, ſtark und tief, daß mit jedem Fort- ſchritte in ſeiner Befriedigung wieder der Grund zu neuem Ver- langen liegt. Es iſt daher nichts natürlicher, als daß ſich die Production mit dem Begehren nach Conſumtion in geradem Ver- hältniſſe erweitert und dann ihrerſeits wieder auf Ausdehnung des Begehres wirkt. Hieraus ergibt ſich, als in der Natur der Men- ſchen begründet, nothwendig ein Gleichgewicht zwiſchen Begehr und Angebot oder Conſumtion und Production in der Volkswirth- ſchaft als Regel, auf welcher bei jedem Volke die Stufe des Wohl- ſtandes fußt. Periodiſche und locale Mißverhältniſſe als Ausnah- men abgerechnet, ſo kann dieſes Gleichgewicht durch die Bevöl- kerung andauernd nicht geſtört werden, weil dieſe ſelbſt mit der Möglichkeit der Conſumtion, alſo mit der Production in geradem Verhältniſſe ſteht. Da nun kein Volk mehr conſumiren kann, als es zu produciren vermag, ſei es indem es ſeine eigenen oder durch Eintauſch gewonnenen Erzeugniſſe verzehrt, und da ein ſolches auch nicht mehr producirt, als es zu conſumiren wünſcht, indem näm- lich ſeine Wünſche unendlich, aber die Productionsfähigkeit be- gränzt iſt; ſo folgt auch, daß in einer Volkswirthſchaft Begehr und Angebot im Ganzen genommen gleich groß ſind, ſo abweichend ſie gegenſeitig auch auf einzelnen Märkten, in einzelnen Gegenden und gewiſſen Perioden ſein mögen1).
1)Rau polit. Oeconom. I. §. 328. u. 329., ſowie auch Mill Elemens. pag. 226 sqq., gibt dieſen Satz nur inſoferne zu, als der Ueberſchuß über den eigenen Bedarf verkauft werde. Allein dieſer Geſichtspunkt iſt für eine ſolche Wahrheit in enge. Denn Begehr und Angebot iſt auch bei den Pacht- und Capitalzinſe ſo wie bei dem Arbeitslohne wirkſam, ſo daß dieſe von ſeinem Satze nicht ausgeſchloſſen werden können, und es bleiben demnach nur noch die Eigenthümer der Güterquellen und die Gewerbsunternehmer auszuſchließen. Jedoch der geſammte Begehr kann ſich nur in der geſammten Conſumtion zeigen und unter dieſer iſt auch jene der zwei letztern Klaſſen enthalten. Es iſt zum wirkſamen Begehre der Wunſch eines Gutes ſo wie der Wille und die Macht, nicht, wie Mill meint, etwas hinzugeben, ſondern überhaupt dafür aufzuopfern nöthig. Dies gilt von allen für wirthſchaft- lichen Erwerb Thätigen und alſo auch von jeder Nation, die im Grunde ebenſo ihre eigene Begehrerin und Anbieterin iſt, wie jede Perſon für ſich. Eine Nation kann daher nicht mehr begehren und verzehren, als wie viel ſie anbietet und hervor- bringt, und ſtrebt immer dahin, ſo viel anzubieten und zu erzeugen, als ſie begehrt und verzehren will. Denn mit der Production ſteigen die Bedürfniſſe und mit dieſen wider, ſo weit möglich, die Production.
Drittes Stück. Vom Verhältniſſe des Volkseinkommens und -Aufwandes.
§. 430.
Man kann von verſchwenderiſchen, habſüchtigen und geitzigen Perſonen (§. 72.) und je nach dem Verhältniſſe der Einnahmen
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ſchritte in ſeiner Befriedigung wieder der Grund zu neuem Ver-
langen liegt. Es iſt daher nichts natürlicher, als daß ſich die
Production mit dem Begehren nach Conſumtion in geradem Ver-
hältniſſe erweitert und dann ihrerſeits wieder auf Ausdehnung des
Begehres wirkt. Hieraus ergibt ſich, als in der Natur der Men-
ſchen begründet, nothwendig ein Gleichgewicht zwiſchen Begehr
und Angebot oder Conſumtion und Production in der Volkswirth-
ſchaft als Regel, auf welcher bei jedem Volke die Stufe des Wohl-
ſtandes fußt. Periodiſche und locale Mißverhältniſſe als Ausnah-
men abgerechnet, ſo kann dieſes Gleichgewicht durch die Bevöl-
kerung andauernd nicht geſtört werden, weil dieſe ſelbſt mit der
Möglichkeit der Conſumtion, alſo mit der Production in geradem
Verhältniſſe ſteht. Da nun kein Volk mehr conſumiren kann, als
es zu produciren vermag, ſei es indem es ſeine eigenen oder durch
Eintauſch gewonnenen Erzeugniſſe verzehrt, und da ein ſolches auch
nicht mehr producirt, als es zu conſumiren wünſcht, indem näm-
lich ſeine Wünſche unendlich, aber die Productionsfähigkeit be-
gränzt iſt; ſo folgt auch, daß in einer Volkswirthſchaft Begehr
und Angebot im Ganzen genommen gleich groß ſind, ſo abweichend
ſie gegenſeitig auch auf einzelnen Märkten, in einzelnen Gegenden
und gewiſſen Perioden ſein mögen1).
¹⁾ Rau polit. Oeconom. I. §. 328. u. 329., ſowie auch Mill Elemens. pag.
226 sqq., gibt dieſen Satz nur inſoferne zu, als der Ueberſchuß über den eigenen
Bedarf verkauft werde. Allein dieſer Geſichtspunkt iſt für eine ſolche Wahrheit in
enge. Denn Begehr und Angebot iſt auch bei den Pacht- und Capitalzinſe ſo wie
bei dem Arbeitslohne wirkſam, ſo daß dieſe von ſeinem Satze nicht ausgeſchloſſen
werden können, und es bleiben demnach nur noch die Eigenthümer der Güterquellen
und die Gewerbsunternehmer auszuſchließen. Jedoch der geſammte Begehr kann ſich
nur in der geſammten Conſumtion zeigen und unter dieſer iſt auch jene der zwei
letztern Klaſſen enthalten. Es iſt zum wirkſamen Begehre der Wunſch eines Gutes
ſo wie der Wille und die Macht, nicht, wie Mill meint, etwas hinzugeben,
ſondern überhaupt dafür aufzuopfern nöthig. Dies gilt von allen für wirthſchaft-
lichen Erwerb Thätigen und alſo auch von jeder Nation, die im Grunde ebenſo
ihre eigene Begehrerin und Anbieterin iſt, wie jede Perſon für ſich. Eine Nation
kann daher nicht mehr begehren und verzehren, als wie viel ſie anbietet und hervor-
bringt, und ſtrebt immer dahin, ſo viel anzubieten und zu erzeugen, als ſie begehrt
und verzehren will. Denn mit der Production ſteigen die Bedürfniſſe und mit
dieſen wider, ſo weit möglich, die Production.
Drittes Stück.
Vom Verhältniſſe des Volkseinkommens und
-Aufwandes.
§. 430.
Man kann von verſchwenderiſchen, habſüchtigen und geitzigen
Perſonen (§. 72.) und je nach dem Verhältniſſe der Einnahmen
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/632>, abgerufen am 03.03.2025.
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