III. cap. 4. §. 1. v. Justi, Staatswirthschaft. I. 296.) Daher ist auch zu er- klären, wie Struben sagen kann, die Polizei, die Erhebung von Polizeistrafgeldern gehören den Gerichten. (Struben Nebenstunden. Abh. V. §. 5. Abh. XXXIV. §. 13. 15. 17. Unterricht von den Regirungs- und Justizsachen. Sect. IV. §. 14.)
III. Historische Entwickelung des Wesens der Kameralwissenschaft.
§. 26. Rückblick auf das Bisherige.
Die Betrachtung der allmäligen Ausbildung des Kameralwesens in der deutschen Staatspraxis, bis dahin, wo in ihm alle Ele- mente der heutigen Kameralwissenschaft schon enthalten, wenn auch nicht ausgebildet, sind, und der Uebergang ihrer Grundsätze und Regeln in die Reihe der Wissenschaften zeigt nicht nur, daß sich auch die Kameralwissenschaft ursprünglich aus der Praxis hervor- gebildet hat, sondern auch, daß schon im historischen Verlaufe der Kameralpraxis sich verschiedene Begriffe des Kammerwesens for- mirten. Nämlich der erste Begriff desselben war die Verwaltung des fürstlichen Privatvermögens; der zweite die Verwaltung der fürstlichen und Staatslandgüter mit ihren Gefällen und Gerecht- samen; der dritte die Verwaltung der Staatslandgüter mit ihrem Zugehör und der sonstigen Staatseinkünfte aus Militär-, grund- herrlichen, Staatsdienst- und Staatsverhältnissen; der vierte die Verwaltung der Staatseinkünfte und Staatsausgaben im Domä- nen-, Regalien- und Steuersache, so wie in der gesammten Staatsjustiz; der fünfte die Verwaltung des eigentlichen Finanz- wesens und der Polizei im weiteren Sinne; und der sechste die Verwaltung des Finanzwesens allein, im Gegensatze der mit ihm im Causalzusammenhange stehenden Polizei, deren Verwaltung mehr Regirung genannt wurde. Die fernere Ausbildung des Begriffes des Kameralfaches ging aus der Wissenschaft hervor, deren Litera- turgeschichte, als eines Ganzen, erst am Ende des 17ten Jahr- hunderts beginnt. Die Kameralwissenschaft ist blos eine deutsche Wissenschaft, oder das Resultat der deutschen Kammerverwaltung und des deutschen Gelehrtenfleißes. Dagegen in dem Verdienste um die Ausbildung der einzelnen sie bildenden Zweige concurriren mit ihr sowohl die Völker des tiefsten Alterthums als die noch jetzt leben Nationen 1).
1) Es ist daher sehr unrichtig, wenn man wie Weber (Entwurf einer Ency- clopädie und Methodologie der Kameralwissenschaft. Berlin 1819. S. 105 folg.) die
III. cap. 4. §. 1. v. Juſti, Staatswirthſchaft. I. 296.) Daher iſt auch zu er- klären, wie Struben ſagen kann, die Polizei, die Erhebung von Polizeiſtrafgeldern gehören den Gerichten. (Struben Nebenſtunden. Abh. V. §. 5. Abh. XXXIV. §. 13. 15. 17. Unterricht von den Regirungs- und Juſtizſachen. Sect. IV. §. 14.)
III. Hiſtoriſche Entwickelung des Weſens der Kameralwiſſenſchaft.
§. 26. Rückblick auf das Bisherige.
Die Betrachtung der allmäligen Ausbildung des Kameralweſens in der deutſchen Staatspraxis, bis dahin, wo in ihm alle Ele- mente der heutigen Kameralwiſſenſchaft ſchon enthalten, wenn auch nicht ausgebildet, ſind, und der Uebergang ihrer Grundſätze und Regeln in die Reihe der Wiſſenſchaften zeigt nicht nur, daß ſich auch die Kameralwiſſenſchaft urſprünglich aus der Praxis hervor- gebildet hat, ſondern auch, daß ſchon im hiſtoriſchen Verlaufe der Kameralpraxis ſich verſchiedene Begriffe des Kammerweſens for- mirten. Nämlich der erſte Begriff deſſelben war die Verwaltung des fürſtlichen Privatvermögens; der zweite die Verwaltung der fürſtlichen und Staatslandgüter mit ihren Gefällen und Gerecht- ſamen; der dritte die Verwaltung der Staatslandgüter mit ihrem Zugehör und der ſonſtigen Staatseinkünfte aus Militär-, grund- herrlichen, Staatsdienſt- und Staatsverhältniſſen; der vierte die Verwaltung der Staatseinkünfte und Staatsausgaben im Domä- nen-, Regalien- und Steuerſache, ſo wie in der geſammten Staatsjuſtiz; der fünfte die Verwaltung des eigentlichen Finanz- weſens und der Polizei im weiteren Sinne; und der ſechste die Verwaltung des Finanzweſens allein, im Gegenſatze der mit ihm im Cauſalzuſammenhange ſtehenden Polizei, deren Verwaltung mehr Regirung genannt wurde. Die fernere Ausbildung des Begriffes des Kameralfaches ging aus der Wiſſenſchaft hervor, deren Litera- turgeſchichte, als eines Ganzen, erſt am Ende des 17ten Jahr- hunderts beginnt. Die Kameralwiſſenſchaft iſt blos eine deutſche Wiſſenſchaft, oder das Reſultat der deutſchen Kammerverwaltung und des deutſchen Gelehrtenfleißes. Dagegen in dem Verdienſte um die Ausbildung der einzelnen ſie bildenden Zweige concurriren mit ihr ſowohl die Völker des tiefſten Alterthums als die noch jetzt leben Nationen 1).
1) Es iſt daher ſehr unrichtig, wenn man wie Weber (Entwurf einer Ency- clopädie und Methodologie der Kameralwiſſenſchaft. Berlin 1819. S. 105 folg.) die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><noteplace="end"n="6)"><pbfacs="#f0054"n="32"/>
III. <hirendition="#aq">cap.</hi> 4. §. 1. v. <hirendition="#g">Juſti</hi>, Staatswirthſchaft. I. 296.) Daher iſt auch zu er-<lb/>
klären, wie <hirendition="#g">Struben</hi>ſagen kann, die Polizei, die Erhebung von Polizeiſtrafgeldern<lb/>
gehören den Gerichten. (<hirendition="#g">Struben</hi> Nebenſtunden. Abh. V. §. 5. Abh. XXXIV.<lb/>
§. 13. 15. 17. Unterricht von den Regirungs- und Juſtizſachen. <hirendition="#aq">Sect. IV. §. 14.</hi>)</note></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#c">III. <hirendition="#g">Hiſtoriſche Entwickelung des Weſens der<lb/>
Kameralwiſſenſchaft</hi>.</hi></head><lb/><divn="3"><head><hirendition="#c">§. 26.<lb/><hirendition="#g">Rückblick auf das Bisherige</hi>.</hi></head><lb/><p>Die Betrachtung der allmäligen Ausbildung des Kameralweſens<lb/>
in der deutſchen Staatspraxis, bis dahin, wo in ihm alle Ele-<lb/>
mente der heutigen Kameralwiſſenſchaft ſchon enthalten, wenn auch<lb/>
nicht ausgebildet, ſind, und der Uebergang ihrer Grundſätze und<lb/>
Regeln in die Reihe der Wiſſenſchaften zeigt nicht nur, daß ſich<lb/>
auch die Kameralwiſſenſchaft urſprünglich aus der Praxis hervor-<lb/>
gebildet hat, ſondern auch, daß ſchon im hiſtoriſchen Verlaufe der<lb/>
Kameralpraxis ſich verſchiedene Begriffe des Kammerweſens for-<lb/>
mirten. Nämlich der erſte Begriff deſſelben war die Verwaltung<lb/>
des fürſtlichen Privatvermögens; der zweite die Verwaltung der<lb/>
fürſtlichen und Staatslandgüter mit ihren Gefällen und Gerecht-<lb/>ſamen; der dritte die Verwaltung der Staatslandgüter mit ihrem<lb/>
Zugehör und der ſonſtigen Staatseinkünfte aus Militär-, grund-<lb/>
herrlichen, Staatsdienſt- und Staatsverhältniſſen; der vierte die<lb/>
Verwaltung der Staatseinkünfte und Staatsausgaben im Domä-<lb/>
nen-, Regalien- und Steuerſache, ſo wie in der geſammten<lb/>
Staatsjuſtiz; der fünfte die Verwaltung des eigentlichen Finanz-<lb/>
weſens und der Polizei im weiteren Sinne; und der ſechste die<lb/>
Verwaltung des Finanzweſens allein, im Gegenſatze der mit ihm<lb/>
im Cauſalzuſammenhange ſtehenden Polizei, deren Verwaltung mehr<lb/><hirendition="#g">Regirung</hi> genannt wurde. Die fernere Ausbildung des Begriffes<lb/>
des Kameralfaches ging aus der Wiſſenſchaft hervor, deren Litera-<lb/>
turgeſchichte, als eines Ganzen, erſt am Ende des 17ten Jahr-<lb/>
hunderts beginnt. Die Kameralwiſſenſchaft iſt blos eine deutſche<lb/>
Wiſſenſchaft, oder das Reſultat der deutſchen Kammerverwaltung<lb/>
und des deutſchen Gelehrtenfleißes. Dagegen in dem Verdienſte<lb/>
um die Ausbildung der einzelnen ſie bildenden Zweige concurriren<lb/>
mit ihr ſowohl die Völker des tiefſten Alterthums als die noch jetzt<lb/>
leben Nationen <hirendition="#sup">1</hi>).</p><lb/><noteplace="end"n="1)">Es iſt daher ſehr unrichtig, wenn man wie <hirendition="#g">Weber</hi> (Entwurf einer Ency-<lb/>
clopädie und Methodologie der Kameralwiſſenſchaft. Berlin 1819. S. 105 folg.) die<lb/></note></div></div></div></body></text></TEI>
[32/0054]
⁶⁾ III. cap. 4. §. 1. v. Juſti, Staatswirthſchaft. I. 296.) Daher iſt auch zu er-
klären, wie Struben ſagen kann, die Polizei, die Erhebung von Polizeiſtrafgeldern
gehören den Gerichten. (Struben Nebenſtunden. Abh. V. §. 5. Abh. XXXIV.
§. 13. 15. 17. Unterricht von den Regirungs- und Juſtizſachen. Sect. IV. §. 14.)
III. Hiſtoriſche Entwickelung des Weſens der
Kameralwiſſenſchaft.
§. 26.
Rückblick auf das Bisherige.
Die Betrachtung der allmäligen Ausbildung des Kameralweſens
in der deutſchen Staatspraxis, bis dahin, wo in ihm alle Ele-
mente der heutigen Kameralwiſſenſchaft ſchon enthalten, wenn auch
nicht ausgebildet, ſind, und der Uebergang ihrer Grundſätze und
Regeln in die Reihe der Wiſſenſchaften zeigt nicht nur, daß ſich
auch die Kameralwiſſenſchaft urſprünglich aus der Praxis hervor-
gebildet hat, ſondern auch, daß ſchon im hiſtoriſchen Verlaufe der
Kameralpraxis ſich verſchiedene Begriffe des Kammerweſens for-
mirten. Nämlich der erſte Begriff deſſelben war die Verwaltung
des fürſtlichen Privatvermögens; der zweite die Verwaltung der
fürſtlichen und Staatslandgüter mit ihren Gefällen und Gerecht-
ſamen; der dritte die Verwaltung der Staatslandgüter mit ihrem
Zugehör und der ſonſtigen Staatseinkünfte aus Militär-, grund-
herrlichen, Staatsdienſt- und Staatsverhältniſſen; der vierte die
Verwaltung der Staatseinkünfte und Staatsausgaben im Domä-
nen-, Regalien- und Steuerſache, ſo wie in der geſammten
Staatsjuſtiz; der fünfte die Verwaltung des eigentlichen Finanz-
weſens und der Polizei im weiteren Sinne; und der ſechste die
Verwaltung des Finanzweſens allein, im Gegenſatze der mit ihm
im Cauſalzuſammenhange ſtehenden Polizei, deren Verwaltung mehr
Regirung genannt wurde. Die fernere Ausbildung des Begriffes
des Kameralfaches ging aus der Wiſſenſchaft hervor, deren Litera-
turgeſchichte, als eines Ganzen, erſt am Ende des 17ten Jahr-
hunderts beginnt. Die Kameralwiſſenſchaft iſt blos eine deutſche
Wiſſenſchaft, oder das Reſultat der deutſchen Kammerverwaltung
und des deutſchen Gelehrtenfleißes. Dagegen in dem Verdienſte
um die Ausbildung der einzelnen ſie bildenden Zweige concurriren
mit ihr ſowohl die Völker des tiefſten Alterthums als die noch jetzt
leben Nationen 1).
¹⁾ Es iſt daher ſehr unrichtig, wenn man wie Weber (Entwurf einer Ency-
clopädie und Methodologie der Kameralwiſſenſchaft. Berlin 1819. S. 105 folg.) die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/54>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.