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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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§. 22.
Fortsetzung. Kammerverwaltungsgegenstände.

Wie bereits (§. 19.) erwähnt ist, erlitt

B. Die Kammerverwaltung eine totale Umgestaltung,
weil sich ihr Ressort um vieles Neue vermehrte. Auch in dieser
Periode bilden 1) die Domänen eine Einkünftequelle, sowohl für
das Reich als auch für die einzelnen Fürsten. Allein ihr Beitrag
zu den Staatsbedürfnissen mußte wegen des ungeheuren Aufwandes
der Fürsten bei den Gelagen auf ihren Gütern sehr gering sein,
und der Reinertrag an sich konnte sich verhältnißmäßig nicht hoch
belaufen, wegen der hohen Besoldungen der Verwaltungsbeamten1).
Da nun die Landeshoheit ihrer Vollständigkeit bedeutend näher
gerückt war, so hatte auch 2) das Regalienwesen und der
Umfang der fiskalischen Rechte
noch eine strengere Abson-
derung zwischen dem Reiche und den Landen desselben erlitten,
obschon der Kaiser sich noch einige ausschließlich zuschrieb. Allein
das Zollrecht, Münzregal und Bergwerksregal2) war ja schon im
vorigen Zeitraume faktisch kein ausschließlich kaiserliches mehr.
Entschiedene Schritte hatte aber 3) das Steuerrecht gemacht.
Mit der immer zunehmenden Lückenhaftigkeit der Lehnsheere, und
der immer nothwendiger werdenden Soldmilitz allgemeineren Ge-
brauches3), so wie mit dem fortwährend steigenden Staatsaufwande
überhaupt wurde eine neue Art von Steuer stets unentbehrlicher.
Das ist a) die Schatzsteuer (Schatzung), sowohl Reichs- als
auch Landesschatzung, welche zwar anfänglich nur von den
Reichsunmittelbaren, dann auch von den Reichsständen anstatt der
Lehnsdienste ohne Bestimmung darüber, wie diese sie aufbringen
würden, endlich aber von den Reichsunterthanen überhaupt als
solchen durch den Reichstag, und von den Landesunterthanen eben
so durch den Landtag und Landesfürsten unter dem Rechtstitel der
allgemeinen Unterthanenpflichten erhoben wurde. Die frühern
Steuern waren grundherrliche und Lehnsabgaben gewesen, hatten
blos den Charakter der außerordentlichen gehabt, wenn die ge-
wöhnlichen Steuerpflichten überschritten wurden, während aber jetzt
diese, eine ordentliche Last aus reiner Unterthanenpflicht überhaupt,
vom Vermögen im Allgemeinen erhoben und alljährlich besonders
ausgeschrieben wurden4). Aber es kamen zu den bisherigen Steuern
noch einige neue, nämlich b) die Fräuleinsteuer, bald bittweise
erhoben bald anbefohlen, ohne jedoch eine allenthalben bestehende
zu sein5); c) das Handlohn, von verschiedenem Betrage, erho-
ben bei der Gewährung eines Lehns durch den Lehnsherrn6);

§. 22.
Fortſetzung. Kammerverwaltungsgegenſtände.

Wie bereits (§. 19.) erwähnt iſt, erlitt

B. Die Kammerverwaltung eine totale Umgeſtaltung,
weil ſich ihr Reſſort um vieles Neue vermehrte. Auch in dieſer
Periode bilden 1) die Domänen eine Einkünftequelle, ſowohl für
das Reich als auch für die einzelnen Fürſten. Allein ihr Beitrag
zu den Staatsbedürfniſſen mußte wegen des ungeheuren Aufwandes
der Fürſten bei den Gelagen auf ihren Gütern ſehr gering ſein,
und der Reinertrag an ſich konnte ſich verhältnißmäßig nicht hoch
belaufen, wegen der hohen Beſoldungen der Verwaltungsbeamten1).
Da nun die Landeshoheit ihrer Vollſtändigkeit bedeutend näher
gerückt war, ſo hatte auch 2) das Regalienweſen und der
Umfang der fiskaliſchen Rechte
noch eine ſtrengere Abſon-
derung zwiſchen dem Reiche und den Landen deſſelben erlitten,
obſchon der Kaiſer ſich noch einige ausſchließlich zuſchrieb. Allein
das Zollrecht, Münzregal und Bergwerksregal2) war ja ſchon im
vorigen Zeitraume faktiſch kein ausſchließlich kaiſerliches mehr.
Entſchiedene Schritte hatte aber 3) das Steuerrecht gemacht.
Mit der immer zunehmenden Lückenhaftigkeit der Lehnsheere, und
der immer nothwendiger werdenden Soldmilitz allgemeineren Ge-
brauches3), ſo wie mit dem fortwährend ſteigenden Staatsaufwande
überhaupt wurde eine neue Art von Steuer ſtets unentbehrlicher.
Das iſt a) die Schatzſteuer (Schatzung), ſowohl Reichs- als
auch Landesſchatzung, welche zwar anfänglich nur von den
Reichsunmittelbaren, dann auch von den Reichsſtänden anſtatt der
Lehnsdienſte ohne Beſtimmung darüber, wie dieſe ſie aufbringen
würden, endlich aber von den Reichsunterthanen überhaupt als
ſolchen durch den Reichstag, und von den Landesunterthanen eben
ſo durch den Landtag und Landesfürſten unter dem Rechtstitel der
allgemeinen Unterthanenpflichten erhoben wurde. Die frühern
Steuern waren grundherrliche und Lehnsabgaben geweſen, hatten
blos den Charakter der außerordentlichen gehabt, wenn die ge-
wöhnlichen Steuerpflichten überſchritten wurden, während aber jetzt
dieſe, eine ordentliche Laſt aus reiner Unterthanenpflicht überhaupt,
vom Vermögen im Allgemeinen erhoben und alljährlich beſonders
ausgeſchrieben wurden4). Aber es kamen zu den bisherigen Steuern
noch einige neue, nämlich b) die Fräuleinſteuer, bald bittweiſe
erhoben bald anbefohlen, ohne jedoch eine allenthalben beſtehende
zu ſein5); c) das Handlohn, von verſchiedenem Betrage, erho-
ben bei der Gewährung eines Lehns durch den Lehnsherrn6);

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[25/0047] §. 22. Fortſetzung. Kammerverwaltungsgegenſtände. Wie bereits (§. 19.) erwähnt iſt, erlitt B. Die Kammerverwaltung eine totale Umgeſtaltung, weil ſich ihr Reſſort um vieles Neue vermehrte. Auch in dieſer Periode bilden 1) die Domänen eine Einkünftequelle, ſowohl für das Reich als auch für die einzelnen Fürſten. Allein ihr Beitrag zu den Staatsbedürfniſſen mußte wegen des ungeheuren Aufwandes der Fürſten bei den Gelagen auf ihren Gütern ſehr gering ſein, und der Reinertrag an ſich konnte ſich verhältnißmäßig nicht hoch belaufen, wegen der hohen Beſoldungen der Verwaltungsbeamten1). Da nun die Landeshoheit ihrer Vollſtändigkeit bedeutend näher gerückt war, ſo hatte auch 2) das Regalienweſen und der Umfang der fiskaliſchen Rechte noch eine ſtrengere Abſon- derung zwiſchen dem Reiche und den Landen deſſelben erlitten, obſchon der Kaiſer ſich noch einige ausſchließlich zuſchrieb. Allein das Zollrecht, Münzregal und Bergwerksregal2) war ja ſchon im vorigen Zeitraume faktiſch kein ausſchließlich kaiſerliches mehr. Entſchiedene Schritte hatte aber 3) das Steuerrecht gemacht. Mit der immer zunehmenden Lückenhaftigkeit der Lehnsheere, und der immer nothwendiger werdenden Soldmilitz allgemeineren Ge- brauches3), ſo wie mit dem fortwährend ſteigenden Staatsaufwande überhaupt wurde eine neue Art von Steuer ſtets unentbehrlicher. Das iſt a) die Schatzſteuer (Schatzung), ſowohl Reichs- als auch Landesſchatzung, welche zwar anfänglich nur von den Reichsunmittelbaren, dann auch von den Reichsſtänden anſtatt der Lehnsdienſte ohne Beſtimmung darüber, wie dieſe ſie aufbringen würden, endlich aber von den Reichsunterthanen überhaupt als ſolchen durch den Reichstag, und von den Landesunterthanen eben ſo durch den Landtag und Landesfürſten unter dem Rechtstitel der allgemeinen Unterthanenpflichten erhoben wurde. Die frühern Steuern waren grundherrliche und Lehnsabgaben geweſen, hatten blos den Charakter der außerordentlichen gehabt, wenn die ge- wöhnlichen Steuerpflichten überſchritten wurden, während aber jetzt dieſe, eine ordentliche Laſt aus reiner Unterthanenpflicht überhaupt, vom Vermögen im Allgemeinen erhoben und alljährlich beſonders ausgeſchrieben wurden4). Aber es kamen zu den bisherigen Steuern noch einige neue, nämlich b) die Fräuleinſteuer, bald bittweiſe erhoben bald anbefohlen, ohne jedoch eine allenthalben beſtehende zu ſein5); c) das Handlohn, von verſchiedenem Betrage, erho- ben bei der Gewährung eines Lehns durch den Lehnsherrn6);

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/47>, abgerufen am 21.11.2024.