Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
so geschieht, daß man diese durchweichten Häute abtröpfeln läßt, zusammenklatscht
und in das Kleienfaß legt, um sie gar werden zu lassen, was auch in 1-3 Tagen
geschehen ist.
11) Außer dieser gewöhnlichen gibt es auch noch eine ungarische Weißgerberei,
die das Alaunleder liefert, und eine französische, welche das Erlanger-Leder bereitet.
Man s. obige Schriften, besonders Hermbstädt und Leuchs.
12) Das beim Entfetten (Degrasiren) abfallende Wasser wird durch Säure
von seinem Gehalte an Alkali befreit und die Fettigkeit wird, wenn sie sich am
Feuer nach Oben gezogen hat, abgeschöpft. Dieses Fett heißt Degras oder
Degrat, und dient dann zum Einschmieren des lohegaren Leders.
§. 302.
2) Die Darmsaitenspinnerei.

Die Verfertigung der Jedermann bekannten Darmsaiten bildet
dem Producte nach einen hübschen Gegensatz zur Drahtzieherei
(§. 289.). Zur Verfertigung der Darmsaiten werden die Därme
(Saitlinge) von Lämmern, Ziegen, Schaafen, Gemsen, Rehen
und Katzen gebraucht. Sogar auch von den Därmen des Seiden-
wurmes werden solche verfertigt1). Man verliest die Därme nach
ihrer Dicke und Dünne, weil die dicken zu groben und die dünnen
zu feinen Saiten verwendet werden. Dieselben werden dann in
reinem Wasser so rein als möglich gewaschen. Um aber Fett und
Schleim noch vollends zu entfernen, werden sie aufgeschnitten und
auf den Schabebaum gespannt, damit man sie mit einem stumpfen
Schabemesser schaben kann. Wenn die Saiten nicht besonders fein
werden sollen, so werden sie jetzt nur noch einmal mit Wasser ge-
waschen; im entgegengesetzten Falle aber müssen sie noch besonders
chemisch behandelt werden2). Bei dem Schaben fallen Fasern ab,
welche dann zum Zusammennähen der gereinigten Därme dienen.
Je nach der Feinheit der Saite nimmt man mehr oder weniger
Därme für Eine3). Denn sie werden gesponnen, indem man ein
Ende des zu spinnenden Darmes an einen Pflock knüpft, das
andere aber an den Haken eines Seilerrades (Darmhaspel)
bindet, und nun je nach der erforderlichen Dünne der Saiten eine
bestimmte Anzahl von Drehungen macht4). Man dreht sie in drei
Absätzen und überreibt sie nach dem ersten Male mit Schaftheu,
nach den beiden andern Drehungen aber mit einem Holze (Reib-
holze). Nach dem Spinnen werden die gemeinen Saiten zum
Trocknen aufgespannt und dann in Ringe gewunden und verkauft.
Die feinen Saiten aber werden in einen durchlöcherten Rahmen
gespannt und, wenn sie noch naß sind, während der Spannung
mit Schnüren aus Pferdehaaren gerieben. Hierauf werden sie
sammt dem Rahmen in einen Schwefelkasten gebracht, in dem sie
während einigen Tagen von den Schwefeldämpfen gebleicht werden5).

ſo geſchieht, daß man dieſe durchweichten Häute abtröpfeln läßt, zuſammenklatſcht
und in das Kleienfaß legt, um ſie gar werden zu laſſen, was auch in 1–3 Tagen
geſchehen iſt.
11) Außer dieſer gewöhnlichen gibt es auch noch eine ungariſche Weißgerberei,
die das Alaunleder liefert, und eine franzöſiſche, welche das Erlanger-Leder bereitet.
Man ſ. obige Schriften, beſonders Hermbſtädt und Leuchs.
12) Das beim Entfetten (Degraſiren) abfallende Waſſer wird durch Säure
von ſeinem Gehalte an Alkali befreit und die Fettigkeit wird, wenn ſie ſich am
Feuer nach Oben gezogen hat, abgeſchöpft. Dieſes Fett heißt Degras oder
Degrat, und dient dann zum Einſchmieren des lohegaren Leders.
§. 302.
2) Die Darmſaitenſpinnerei.

Die Verfertigung der Jedermann bekannten Darmſaiten bildet
dem Producte nach einen hübſchen Gegenſatz zur Drahtzieherei
(§. 289.). Zur Verfertigung der Darmſaiten werden die Därme
(Saitlinge) von Lämmern, Ziegen, Schaafen, Gemſen, Rehen
und Katzen gebraucht. Sogar auch von den Därmen des Seiden-
wurmes werden ſolche verfertigt1). Man verliest die Därme nach
ihrer Dicke und Dünne, weil die dicken zu groben und die dünnen
zu feinen Saiten verwendet werden. Dieſelben werden dann in
reinem Waſſer ſo rein als möglich gewaſchen. Um aber Fett und
Schleim noch vollends zu entfernen, werden ſie aufgeſchnitten und
auf den Schabebaum geſpannt, damit man ſie mit einem ſtumpfen
Schabemeſſer ſchaben kann. Wenn die Saiten nicht beſonders fein
werden ſollen, ſo werden ſie jetzt nur noch einmal mit Waſſer ge-
waſchen; im entgegengeſetzten Falle aber müſſen ſie noch beſonders
chemiſch behandelt werden2). Bei dem Schaben fallen Faſern ab,
welche dann zum Zuſammennähen der gereinigten Därme dienen.
Je nach der Feinheit der Saite nimmt man mehr oder weniger
Därme für Eine3). Denn ſie werden geſponnen, indem man ein
Ende des zu ſpinnenden Darmes an einen Pflock knüpft, das
andere aber an den Haken eines Seilerrades (Darmhaſpel)
bindet, und nun je nach der erforderlichen Dünne der Saiten eine
beſtimmte Anzahl von Drehungen macht4). Man dreht ſie in drei
Abſätzen und überreibt ſie nach dem erſten Male mit Schaftheu,
nach den beiden andern Drehungen aber mit einem Holze (Reib-
holze). Nach dem Spinnen werden die gemeinen Saiten zum
Trocknen aufgeſpannt und dann in Ringe gewunden und verkauft.
Die feinen Saiten aber werden in einen durchlöcherten Rahmen
geſpannt und, wenn ſie noch naß ſind, während der Spannung
mit Schnüren aus Pferdehaaren gerieben. Hierauf werden ſie
ſammt dem Rahmen in einen Schwefelkaſten gebracht, in dem ſie
während einigen Tagen von den Schwefeldämpfen gebleicht werden5).

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <note place="end" n="10)"><pb facs="#f0433" n="411"/>
&#x017F;o ge&#x017F;chieht, daß man die&#x017F;e durchweichten Häute abtröpfeln läßt, zu&#x017F;ammenklat&#x017F;cht<lb/>
und in das Kleienfaß legt, um &#x017F;ie gar werden zu la&#x017F;&#x017F;en, was auch in 1&#x2013;3 Tagen<lb/>
ge&#x017F;chehen i&#x017F;t.</note><lb/>
                        <note place="end" n="11)">Außer die&#x017F;er gewöhnlichen gibt es auch noch eine ungari&#x017F;che Weißgerberei,<lb/>
die das Alaunleder liefert, und eine franzö&#x017F;i&#x017F;che, welche das Erlanger-Leder bereitet.<lb/>
Man &#x017F;. obige Schriften, be&#x017F;onders <hi rendition="#g">Hermb&#x017F;tädt</hi> und <hi rendition="#g">Leuchs</hi>.</note><lb/>
                        <note place="end" n="12)">Das beim Entfetten (Degra&#x017F;iren) abfallende Wa&#x017F;&#x017F;er wird durch Säure<lb/>
von &#x017F;einem Gehalte an Alkali befreit und die Fettigkeit wird, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich am<lb/>
Feuer nach Oben gezogen hat, abge&#x017F;chöpft. Die&#x017F;es Fett heißt <hi rendition="#g">Degras</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Degrat</hi>, und dient dann zum Ein&#x017F;chmieren des lohegaren Leders.</note>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head> <hi rendition="#c">§. 302.<lb/>
2) <hi rendition="#g">Die Darm&#x017F;aiten&#x017F;pinnerei</hi>.</hi> </head><lb/>
                        <p>Die Verfertigung der Jedermann bekannten Darm&#x017F;aiten bildet<lb/>
dem Producte nach einen hüb&#x017F;chen Gegen&#x017F;atz zur Drahtzieherei<lb/>
(§. 289.). Zur Verfertigung der Darm&#x017F;aiten werden die Därme<lb/>
(<hi rendition="#g">Saitlinge</hi>) von Lämmern, Ziegen, Schaafen, Gem&#x017F;en, Rehen<lb/>
und Katzen gebraucht. Sogar auch von den Därmen des Seiden-<lb/>
wurmes werden &#x017F;olche verfertigt<hi rendition="#sup">1</hi>). Man verliest die Därme nach<lb/>
ihrer Dicke und Dünne, weil die dicken zu groben und die dünnen<lb/>
zu feinen Saiten verwendet werden. Die&#x017F;elben werden dann in<lb/>
reinem Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;o rein als möglich gewa&#x017F;chen. Um aber Fett und<lb/>
Schleim noch vollends zu entfernen, werden &#x017F;ie aufge&#x017F;chnitten und<lb/>
auf den Schabebaum ge&#x017F;pannt, damit man &#x017F;ie mit einem &#x017F;tumpfen<lb/>
Schabeme&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chaben kann. Wenn die Saiten nicht be&#x017F;onders fein<lb/>
werden &#x017F;ollen, &#x017F;o werden &#x017F;ie jetzt nur noch einmal mit Wa&#x017F;&#x017F;er ge-<lb/>
wa&#x017F;chen; im entgegenge&#x017F;etzten Falle aber mü&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie noch be&#x017F;onders<lb/>
chemi&#x017F;ch behandelt werden<hi rendition="#sup">2</hi>). Bei dem Schaben fallen Fa&#x017F;ern ab,<lb/>
welche dann zum Zu&#x017F;ammennähen der gereinigten Därme dienen.<lb/>
Je nach der Feinheit der Saite nimmt man mehr oder weniger<lb/>
Därme für Eine<hi rendition="#sup">3</hi>). Denn &#x017F;ie werden ge&#x017F;ponnen, indem man ein<lb/>
Ende des zu &#x017F;pinnenden Darmes an einen Pflock knüpft, das<lb/>
andere aber an den Haken eines Seilerrades (<hi rendition="#g">Darmha&#x017F;pel</hi>)<lb/>
bindet, und nun je nach der erforderlichen Dünne der Saiten eine<lb/>
be&#x017F;timmte Anzahl von Drehungen macht<hi rendition="#sup">4</hi>). Man dreht &#x017F;ie in drei<lb/>
Ab&#x017F;ätzen und überreibt &#x017F;ie nach dem er&#x017F;ten Male mit Schaftheu,<lb/>
nach den beiden andern Drehungen aber mit einem Holze (<hi rendition="#g">Reib</hi>-<lb/><hi rendition="#g">holze</hi>). Nach dem Spinnen werden die gemeinen Saiten zum<lb/>
Trocknen aufge&#x017F;pannt und dann in Ringe gewunden und verkauft.<lb/>
Die feinen Saiten aber werden in einen durchlöcherten Rahmen<lb/>
ge&#x017F;pannt und, wenn &#x017F;ie noch naß &#x017F;ind, während der Spannung<lb/>
mit Schnüren aus Pferdehaaren gerieben. Hierauf werden &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ammt dem Rahmen in einen Schwefelka&#x017F;ten gebracht, in dem &#x017F;ie<lb/>
während einigen Tagen von den Schwefeldämpfen gebleicht werden<hi rendition="#sup">5</hi>).<lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0433] ¹⁰⁾ ſo geſchieht, daß man dieſe durchweichten Häute abtröpfeln läßt, zuſammenklatſcht und in das Kleienfaß legt, um ſie gar werden zu laſſen, was auch in 1–3 Tagen geſchehen iſt. ¹¹⁾ Außer dieſer gewöhnlichen gibt es auch noch eine ungariſche Weißgerberei, die das Alaunleder liefert, und eine franzöſiſche, welche das Erlanger-Leder bereitet. Man ſ. obige Schriften, beſonders Hermbſtädt und Leuchs. ¹²⁾ Das beim Entfetten (Degraſiren) abfallende Waſſer wird durch Säure von ſeinem Gehalte an Alkali befreit und die Fettigkeit wird, wenn ſie ſich am Feuer nach Oben gezogen hat, abgeſchöpft. Dieſes Fett heißt Degras oder Degrat, und dient dann zum Einſchmieren des lohegaren Leders. §. 302. 2) Die Darmſaitenſpinnerei. Die Verfertigung der Jedermann bekannten Darmſaiten bildet dem Producte nach einen hübſchen Gegenſatz zur Drahtzieherei (§. 289.). Zur Verfertigung der Darmſaiten werden die Därme (Saitlinge) von Lämmern, Ziegen, Schaafen, Gemſen, Rehen und Katzen gebraucht. Sogar auch von den Därmen des Seiden- wurmes werden ſolche verfertigt1). Man verliest die Därme nach ihrer Dicke und Dünne, weil die dicken zu groben und die dünnen zu feinen Saiten verwendet werden. Dieſelben werden dann in reinem Waſſer ſo rein als möglich gewaſchen. Um aber Fett und Schleim noch vollends zu entfernen, werden ſie aufgeſchnitten und auf den Schabebaum geſpannt, damit man ſie mit einem ſtumpfen Schabemeſſer ſchaben kann. Wenn die Saiten nicht beſonders fein werden ſollen, ſo werden ſie jetzt nur noch einmal mit Waſſer ge- waſchen; im entgegengeſetzten Falle aber müſſen ſie noch beſonders chemiſch behandelt werden2). Bei dem Schaben fallen Faſern ab, welche dann zum Zuſammennähen der gereinigten Därme dienen. Je nach der Feinheit der Saite nimmt man mehr oder weniger Därme für Eine3). Denn ſie werden geſponnen, indem man ein Ende des zu ſpinnenden Darmes an einen Pflock knüpft, das andere aber an den Haken eines Seilerrades (Darmhaſpel) bindet, und nun je nach der erforderlichen Dünne der Saiten eine beſtimmte Anzahl von Drehungen macht4). Man dreht ſie in drei Abſätzen und überreibt ſie nach dem erſten Male mit Schaftheu, nach den beiden andern Drehungen aber mit einem Holze (Reib- holze). Nach dem Spinnen werden die gemeinen Saiten zum Trocknen aufgeſpannt und dann in Ringe gewunden und verkauft. Die feinen Saiten aber werden in einen durchlöcherten Rahmen geſpannt und, wenn ſie noch naß ſind, während der Spannung mit Schnüren aus Pferdehaaren gerieben. Hierauf werden ſie ſammt dem Rahmen in einen Schwefelkaſten gebracht, in dem ſie während einigen Tagen von den Schwefeldämpfen gebleicht werden5).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/433
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/433>, abgerufen am 22.12.2024.