4)Eichhorn, a. a. O. I. §. 171. Hüllmann, Geschichte der Domän. Benutzung. S. 18.
5)Hüllmann, Gesch. der Domänenbenutzung. S. 13-16. Desselben Gesch. des Urspr. der Stände. §. 9. v. Löw a. a. O. S. 117.
§. 13. Deutsche Kammerverwaltung während des Reiches v. J. 888-1272.
Nach Carl d. Gr. veränderte sich die Staatsverfassung und Organisation wesentlich. Denn schon Ludwig der Fromme war nicht im Stande, das Institut der Heerbannsmilitz zu halten. Der gegenseitige Verband durch Benefizien, der vorher nur einen Theil seines Reichsverbandes gebildet hatte, dehnte sich so aus, daß es allmälig der herrschende Charakter des inneren Reichsver- bandes wurde. An die Stelle der früheren Gelobung von Abhän- gigkeit war allmälig jene der Treue und Dienstgewärtigkeit des Adels und der Geistlichkeit getreten. Mit andern Worten: Der frühere Absolutismus ging in einen Feudalismus, d. h. in die Lehnsverfassung über1). Diese Fundamentalveränderung ist der Grund der Abänderungen in der Staatsverwaltung, und ins- besondere der Kammerverwaltung. Es ist nämlich
I. das Ministerium, seitdem der Kaiser als Fürst seine eigenen Dienstleute hatte, von den eigentlichen Hofchargen getrennt. Da der kaiserliche Hof keinen ständigen Sitz hatte, so waren die sogenannten Erzbeamte und die Reichsdienstleute von den Hofchargen verschieden. Dieser Unterschied begann mit den fränkischen Kaisern. Der erste Minister in geistlichen und weltlichen Angelegenheiten ist fortan der Kanzler, der also die Gewalt des Pfalzgrafen und Apokristarius bei unmittelbarer Berathung mit dem Kaiser besaß. Der Pfalz- graf, als oberster Richter, verschwand und diese seine Funktion erhielt ein eigener Hofrichter. Nur der Pfalzgraf von Franken (am Rheine) ist noch Reichserzbeamter. Das Richteramt der Pfalzgrafen, dieser ausgenommen, war nach und nach mit allmäliger Verbreitung der Lehnsverfassung ein Fürstenamt geworden in den eigenen und Lehnsbesitzungen der Pfalzgrafen2).
II. Die Reichstage hatten eine andere Bedeutung bekom- men, da nicht bestimmt war, in welchen Fragen die Reichsstände mitzustimmen hatten, ausgenommen die Bestimmung, daß ohne sie kein Gesetz gegeben werden durfte, und daß man auf Reichs- tagen die auswärtige Politik berieth und Reichskriege beschloß. Das Recht der Reichsstandschaft ist ein rein persönliches der weltlichen und geistlichen Fürsten, Grafen und Herrn, mit Aus- schluß aller Anderen, geworden3).
4)Eichhorn, a. a. O. I. §. 171. Hüllmann, Geſchichte der Domän. Benutzung. S. 18.
5)Hüllmann, Geſch. der Domänenbenutzung. S. 13–16. Deſſelben Geſch. des Urſpr. der Stände. §. 9. v. Löw a. a. O. S. 117.
§. 13. Deutſche Kammerverwaltung während des Reiches v. J. 888–1272.
Nach Carl d. Gr. veränderte ſich die Staatsverfaſſung und Organiſation weſentlich. Denn ſchon Ludwig der Fromme war nicht im Stande, das Inſtitut der Heerbannsmilitz zu halten. Der gegenſeitige Verband durch Benefizien, der vorher nur einen Theil ſeines Reichsverbandes gebildet hatte, dehnte ſich ſo aus, daß es allmälig der herrſchende Charakter des inneren Reichsver- bandes wurde. An die Stelle der früheren Gelobung von Abhän- gigkeit war allmälig jene der Treue und Dienſtgewärtigkeit des Adels und der Geiſtlichkeit getreten. Mit andern Worten: Der frühere Abſolutismus ging in einen Feudalismus, d. h. in die Lehnsverfaſſung über1). Dieſe Fundamentalveränderung iſt der Grund der Abänderungen in der Staatsverwaltung, und ins- beſondere der Kammerverwaltung. Es iſt nämlich
I. das Miniſterium, ſeitdem der Kaiſer als Fürſt ſeine eigenen Dienſtleute hatte, von den eigentlichen Hofchargen getrennt. Da der kaiſerliche Hof keinen ſtändigen Sitz hatte, ſo waren die ſogenannten Erzbeamte und die Reichsdienſtleute von den Hofchargen verſchieden. Dieſer Unterſchied begann mit den fränkiſchen Kaiſern. Der erſte Miniſter in geiſtlichen und weltlichen Angelegenheiten iſt fortan der Kanzler, der alſo die Gewalt des Pfalzgrafen und Apokriſtarius bei unmittelbarer Berathung mit dem Kaiſer beſaß. Der Pfalz- graf, als oberſter Richter, verſchwand und dieſe ſeine Funktion erhielt ein eigener Hofrichter. Nur der Pfalzgraf von Franken (am Rheine) iſt noch Reichserzbeamter. Das Richteramt der Pfalzgrafen, dieſer ausgenommen, war nach und nach mit allmäliger Verbreitung der Lehnsverfaſſung ein Fürſtenamt geworden in den eigenen und Lehnsbeſitzungen der Pfalzgrafen2).
II. Die Reichstage hatten eine andere Bedeutung bekom- men, da nicht beſtimmt war, in welchen Fragen die Reichsſtände mitzuſtimmen hatten, ausgenommen die Beſtimmung, daß ohne ſie kein Geſetz gegeben werden durfte, und daß man auf Reichs- tagen die auswärtige Politik berieth und Reichskriege beſchloß. Das Recht der Reichsſtandſchaft iſt ein rein perſönliches der weltlichen und geiſtlichen Fürſten, Grafen und Herrn, mit Aus- ſchluß aller Anderen, geworden3).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0037"n="15"/><noteplace="end"n="4)"><hirendition="#g">Eichhorn</hi>, a. a. O. I. §. 171. <hirendition="#g">Hüllmann</hi>, Geſchichte der Domän.<lb/>
Benutzung. S. 18.</note><lb/><noteplace="end"n="5)"><hirendition="#g">Hüllmann</hi>, Geſch. der Domänenbenutzung. S. 13–16. <hirendition="#g">Deſſelben</hi><lb/>
Geſch. des Urſpr. der Stände. §. 9. v. <hirendition="#g">Löw</hi> a. a. O. S. 117.</note></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#c">§. 13.<lb/><hirendition="#g">Deutſche Kammerverwaltung während des Reiches</hi><lb/>
v. J. 888–1272.</hi></head><lb/><p>Nach <hirendition="#g">Carl</hi> d. Gr. veränderte ſich die Staatsverfaſſung und<lb/>
Organiſation weſentlich. Denn ſchon <hirendition="#g">Ludwig</hi> der Fromme war<lb/>
nicht im Stande, das Inſtitut der Heerbannsmilitz zu halten.<lb/>
Der gegenſeitige Verband durch Benefizien, der vorher nur einen<lb/>
Theil ſeines Reichsverbandes gebildet hatte, dehnte ſich ſo aus,<lb/>
daß es allmälig der herrſchende Charakter des inneren Reichsver-<lb/>
bandes wurde. An die Stelle der früheren Gelobung von Abhän-<lb/>
gigkeit war allmälig jene der Treue und Dienſtgewärtigkeit des<lb/>
Adels und der Geiſtlichkeit getreten. Mit andern Worten: Der<lb/>
frühere Abſolutismus ging in einen <hirendition="#g">Feudalismus</hi>, d. h. in die<lb/><hirendition="#g">Lehnsverfaſſung</hi> über<hirendition="#sup">1</hi>). Dieſe Fundamentalveränderung iſt<lb/>
der Grund der Abänderungen in der Staatsverwaltung, und ins-<lb/>
beſondere der Kammerverwaltung. Es iſt nämlich</p><lb/><p>I. das <hirendition="#g">Miniſterium</hi>, ſeitdem der Kaiſer als Fürſt ſeine eigenen<lb/>
Dienſtleute hatte, von den eigentlichen Hofchargen getrennt. Da der<lb/>
kaiſerliche Hof keinen ſtändigen Sitz hatte, ſo waren die ſogenannten<lb/>
Erzbeamte und die Reichsdienſtleute von den Hofchargen verſchieden.<lb/>
Dieſer Unterſchied begann mit den fränkiſchen Kaiſern. Der erſte<lb/>
Miniſter in geiſtlichen und weltlichen Angelegenheiten iſt fortan der<lb/><hirendition="#g">Kanzler</hi>, der alſo die Gewalt des Pfalzgrafen und Apokriſtarius<lb/>
bei unmittelbarer Berathung mit dem Kaiſer beſaß. Der Pfalz-<lb/>
graf, als oberſter Richter, verſchwand und dieſe ſeine Funktion<lb/>
erhielt ein eigener <hirendition="#g">Hofrichter</hi>. Nur der Pfalzgraf von Franken<lb/>
(am Rheine) iſt noch Reichserzbeamter. Das Richteramt der<lb/>
Pfalzgrafen, dieſer ausgenommen, war nach und nach mit allmäliger<lb/>
Verbreitung der Lehnsverfaſſung ein Fürſtenamt geworden in den<lb/>
eigenen und Lehnsbeſitzungen der Pfalzgrafen<hirendition="#sup">2</hi>).</p><lb/><p>II. <hirendition="#g">Die Reichstage</hi> hatten eine andere Bedeutung bekom-<lb/>
men, da nicht beſtimmt war, in welchen Fragen die Reichsſtände<lb/>
mitzuſtimmen hatten, ausgenommen die Beſtimmung, daß ohne ſie<lb/>
kein <hirendition="#g">Geſetz</hi> gegeben werden durfte, und daß man auf Reichs-<lb/>
tagen die auswärtige Politik berieth und Reichskriege beſchloß.<lb/>
Das Recht der Reichsſtandſchaft iſt ein rein <hirendition="#g">perſönliches</hi> der<lb/>
weltlichen und geiſtlichen Fürſten, Grafen und Herrn, mit Aus-<lb/>ſchluß aller Anderen, geworden<hirendition="#sup">3</hi>).</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[15/0037]
⁴⁾ Eichhorn, a. a. O. I. §. 171. Hüllmann, Geſchichte der Domän.
Benutzung. S. 18.
⁵⁾ Hüllmann, Geſch. der Domänenbenutzung. S. 13–16. Deſſelben
Geſch. des Urſpr. der Stände. §. 9. v. Löw a. a. O. S. 117.
§. 13.
Deutſche Kammerverwaltung während des Reiches
v. J. 888–1272.
Nach Carl d. Gr. veränderte ſich die Staatsverfaſſung und
Organiſation weſentlich. Denn ſchon Ludwig der Fromme war
nicht im Stande, das Inſtitut der Heerbannsmilitz zu halten.
Der gegenſeitige Verband durch Benefizien, der vorher nur einen
Theil ſeines Reichsverbandes gebildet hatte, dehnte ſich ſo aus,
daß es allmälig der herrſchende Charakter des inneren Reichsver-
bandes wurde. An die Stelle der früheren Gelobung von Abhän-
gigkeit war allmälig jene der Treue und Dienſtgewärtigkeit des
Adels und der Geiſtlichkeit getreten. Mit andern Worten: Der
frühere Abſolutismus ging in einen Feudalismus, d. h. in die
Lehnsverfaſſung über1). Dieſe Fundamentalveränderung iſt
der Grund der Abänderungen in der Staatsverwaltung, und ins-
beſondere der Kammerverwaltung. Es iſt nämlich
I. das Miniſterium, ſeitdem der Kaiſer als Fürſt ſeine eigenen
Dienſtleute hatte, von den eigentlichen Hofchargen getrennt. Da der
kaiſerliche Hof keinen ſtändigen Sitz hatte, ſo waren die ſogenannten
Erzbeamte und die Reichsdienſtleute von den Hofchargen verſchieden.
Dieſer Unterſchied begann mit den fränkiſchen Kaiſern. Der erſte
Miniſter in geiſtlichen und weltlichen Angelegenheiten iſt fortan der
Kanzler, der alſo die Gewalt des Pfalzgrafen und Apokriſtarius
bei unmittelbarer Berathung mit dem Kaiſer beſaß. Der Pfalz-
graf, als oberſter Richter, verſchwand und dieſe ſeine Funktion
erhielt ein eigener Hofrichter. Nur der Pfalzgraf von Franken
(am Rheine) iſt noch Reichserzbeamter. Das Richteramt der
Pfalzgrafen, dieſer ausgenommen, war nach und nach mit allmäliger
Verbreitung der Lehnsverfaſſung ein Fürſtenamt geworden in den
eigenen und Lehnsbeſitzungen der Pfalzgrafen2).
II. Die Reichstage hatten eine andere Bedeutung bekom-
men, da nicht beſtimmt war, in welchen Fragen die Reichsſtände
mitzuſtimmen hatten, ausgenommen die Beſtimmung, daß ohne ſie
kein Geſetz gegeben werden durfte, und daß man auf Reichs-
tagen die auswärtige Politik berieth und Reichskriege beſchloß.
Das Recht der Reichsſtandſchaft iſt ein rein perſönliches der
weltlichen und geiſtlichen Fürſten, Grafen und Herrn, mit Aus-
ſchluß aller Anderen, geworden3).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/37>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.