Vermehrung der Einnahmen wirthschaftlich nicht möglich ist. Naturgemäßer wird behauptet, die Einnahmen müßten sich nach den vernünftigen Ausgaben richten; denn das Bedürfniß und der Hang zum Lebensgenusse war schon vor den Einnahmen da und das Prinzip der Selbsterhaltung ist im Menschen so stark, daß er Alles aufbietet, um die erforderlichen Bedürfnisse zu erlangen. Allein auch dies ist einseitig, weil jedenfalls die Gründe der Ausgaben unbegränzt, die Güterquellen aber begränzt sind. Die vielmehr in der Mitte liegende Wahrheit besteht daher in dem wirthschaftlichen Prinzipe, die Einnahmen nach obigen Gesetzen (§. 71.) stets im Verhältnisse der vernünftigen Ausgaben zu vergrößern und die Ausgaben einer vernunft- und sachgemäßen Beschränkung zu unter- ziehen. Dies ist die wahre Bedeutung von der Sparsamkeit, welche als solche noch verschiedene Grade haben kann, bis sie die moralische Gesinnung ihren Charakter mit Geitz und Habsucht ver- wechseln läßt. Aber es ergeben sich aus dem Verhältnisse zwischen Einnahme und Ausgabe gewisse Wirthschaftszustände, je nach denen auch die Sparsamkeit einen andern Grad annehmen kann. Sie sind: 1) das Auskommen, d. h. derjenige wirthschaftliche Zustand, in welchem sich Bedürfnisse und Einnahmen ausgleichen; 2) der Wohlstand, d. h. derjenige wirthschaftliche Zustand, wo der über jene Ausgleichung bleibende Ueberschuß noch einen standes- mäßigen Lebensgenuß oder Ersparnisse gestattet; 3) der Reich- thum, d. h. derjenige Grad von Wohlstand, worin der Erwerb des Bedarfs, auch ohne Arbeit des Besitzers, die Bedürfnisse weit übersteigt, und Wohlleben gestattet; 4) der Ueberfluß, d. h. jener Grad von Reichthum, wo das Sparen ganz unnöthig er- scheint; 5) der Mangel, d. h. der dem Ueberflusse gerade entgegen- gesetzte Zustand, worin die Erlangung des nöthigsten Bedarfes nicht Statt findet; 6) die Armuth, d. h. der gerade Gegensatz des Reichthums, oder die Unfähigkeit der Wirthschaft, selbst durch Arbeit die dringenden Bedürfnisse ganz zu befriedigen, wo also der Beistand Anderer noch nöthig wird; und 7) die Dürftigkeit, d. h. der Gegensatz des Wohlstandes, in welchem noch Entbehrungen mancher Art nothwendig sind. Eine mathematische Gränze läßt sich hier nicht ziehen, und die Vorstellungen von diesen Zuständen sind bei verschiedenen Nationen auch verschieden.
§. 74. Fortsetzung.
Es verlangt das wirthschaftliche Prinzip allgemeinhin 1) daß man die kleinsten Ausgaben mache, d. h. sich die Bedürfnisse und
Baumstark Encyclopädie. 7
Vermehrung der Einnahmen wirthſchaftlich nicht möglich iſt. Naturgemäßer wird behauptet, die Einnahmen müßten ſich nach den vernünftigen Ausgaben richten; denn das Bedürfniß und der Hang zum Lebensgenuſſe war ſchon vor den Einnahmen da und das Prinzip der Selbſterhaltung iſt im Menſchen ſo ſtark, daß er Alles aufbietet, um die erforderlichen Bedürfniſſe zu erlangen. Allein auch dies iſt einſeitig, weil jedenfalls die Gründe der Ausgaben unbegränzt, die Güterquellen aber begränzt ſind. Die vielmehr in der Mitte liegende Wahrheit beſteht daher in dem wirthſchaftlichen Prinzipe, die Einnahmen nach obigen Geſetzen (§. 71.) ſtets im Verhältniſſe der vernünftigen Ausgaben zu vergrößern und die Ausgaben einer vernunft- und ſachgemäßen Beſchränkung zu unter- ziehen. Dies iſt die wahre Bedeutung von der Sparſamkeit, welche als ſolche noch verſchiedene Grade haben kann, bis ſie die moraliſche Geſinnung ihren Charakter mit Geitz und Habſucht ver- wechſeln läßt. Aber es ergeben ſich aus dem Verhältniſſe zwiſchen Einnahme und Ausgabe gewiſſe Wirthſchaftszuſtände, je nach denen auch die Sparſamkeit einen andern Grad annehmen kann. Sie ſind: 1) das Auskommen, d. h. derjenige wirthſchaftliche Zuſtand, in welchem ſich Bedürfniſſe und Einnahmen ausgleichen; 2) der Wohlſtand, d. h. derjenige wirthſchaftliche Zuſtand, wo der über jene Ausgleichung bleibende Ueberſchuß noch einen ſtandes- mäßigen Lebensgenuß oder Erſparniſſe geſtattet; 3) der Reich- thum, d. h. derjenige Grad von Wohlſtand, worin der Erwerb des Bedarfs, auch ohne Arbeit des Beſitzers, die Bedürfniſſe weit überſteigt, und Wohlleben geſtattet; 4) der Ueberfluß, d. h. jener Grad von Reichthum, wo das Sparen ganz unnöthig er- ſcheint; 5) der Mangel, d. h. der dem Ueberfluſſe gerade entgegen- geſetzte Zuſtand, worin die Erlangung des nöthigſten Bedarfes nicht Statt findet; 6) die Armuth, d. h. der gerade Gegenſatz des Reichthums, oder die Unfähigkeit der Wirthſchaft, ſelbſt durch Arbeit die dringenden Bedürfniſſe ganz zu befriedigen, wo alſo der Beiſtand Anderer noch nöthig wird; und 7) die Dürftigkeit, d. h. der Gegenſatz des Wohlſtandes, in welchem noch Entbehrungen mancher Art nothwendig ſind. Eine mathematiſche Gränze läßt ſich hier nicht ziehen, und die Vorſtellungen von dieſen Zuſtänden ſind bei verſchiedenen Nationen auch verſchieden.
§. 74. Fortſetzung.
Es verlangt das wirthſchaftliche Prinzip allgemeinhin 1) daß man die kleinſten Ausgaben mache, d. h. ſich die Bedürfniſſe und
Baumſtark Encyclopädie. 7
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Vermehrung der Einnahmen wirthſchaftlich nicht möglich iſt.
Naturgemäßer wird behauptet, die Einnahmen müßten ſich nach
den vernünftigen Ausgaben richten; denn das Bedürfniß und der
Hang zum Lebensgenuſſe war ſchon vor den Einnahmen da und das
Prinzip der Selbſterhaltung iſt im Menſchen ſo ſtark, daß er Alles
aufbietet, um die erforderlichen Bedürfniſſe zu erlangen. Allein
auch dies iſt einſeitig, weil jedenfalls die Gründe der Ausgaben
unbegränzt, die Güterquellen aber begränzt ſind. Die vielmehr in
der Mitte liegende Wahrheit beſteht daher in dem wirthſchaftlichen
Prinzipe, die Einnahmen nach obigen Geſetzen (§. 71.) ſtets im
Verhältniſſe der vernünftigen Ausgaben zu vergrößern und die
Ausgaben einer vernunft- und ſachgemäßen Beſchränkung zu unter-
ziehen. Dies iſt die wahre Bedeutung von der Sparſamkeit,
welche als ſolche noch verſchiedene Grade haben kann, bis ſie die
moraliſche Geſinnung ihren Charakter mit Geitz und Habſucht ver-
wechſeln läßt. Aber es ergeben ſich aus dem Verhältniſſe zwiſchen
Einnahme und Ausgabe gewiſſe Wirthſchaftszuſtände, je nach
denen auch die Sparſamkeit einen andern Grad annehmen kann.
Sie ſind: 1) das Auskommen, d. h. derjenige wirthſchaftliche
Zuſtand, in welchem ſich Bedürfniſſe und Einnahmen ausgleichen;
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der über jene Ausgleichung bleibende Ueberſchuß noch einen ſtandes-
mäßigen Lebensgenuß oder Erſparniſſe geſtattet; 3) der Reich-
thum, d. h. derjenige Grad von Wohlſtand, worin der Erwerb
des Bedarfs, auch ohne Arbeit des Beſitzers, die Bedürfniſſe weit
überſteigt, und Wohlleben geſtattet; 4) der Ueberfluß, d. h.
jener Grad von Reichthum, wo das Sparen ganz unnöthig er-
ſcheint; 5) der Mangel, d. h. der dem Ueberfluſſe gerade entgegen-
geſetzte Zuſtand, worin die Erlangung des nöthigſten Bedarfes nicht
Statt findet; 6) die Armuth, d. h. der gerade Gegenſatz des
Reichthums, oder die Unfähigkeit der Wirthſchaft, ſelbſt durch
Arbeit die dringenden Bedürfniſſe ganz zu befriedigen, wo alſo der
Beiſtand Anderer noch nöthig wird; und 7) die Dürftigkeit,
d. h. der Gegenſatz des Wohlſtandes, in welchem noch Entbehrungen
mancher Art nothwendig ſind. Eine mathematiſche Gränze läßt
ſich hier nicht ziehen, und die Vorſtellungen von dieſen Zuſtänden
ſind bei verſchiedenen Nationen auch verſchieden.
§. 74.
Fortſetzung.
Es verlangt das wirthſchaftliche Prinzip allgemeinhin 1) daß
man die kleinſten Ausgaben mache, d. h. ſich die Bedürfniſſe und
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/119>, abgerufen am 21.11.2024.
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