Aus dem Bisherigen über den Erwerb ist die Entstehung von Veränderungen in der Wirthschaft klar zu machen. Sie sind im Allgemeinen folgende:
1) Der Vermögensstamm erhält Zuflüsse, die man allgemein- hin Einnahme nennt.
2) Derselbe erleidet Abflüsse, die man allgemeinhin Ausga- ben heißt.
3) Wenn man die Einnahmen ohne Bezug auf die Ausgaben betrachtet, so heißen sie rohe Einnahmen (Roheinkommen, Rohertrag, Bruttoertrag).
4) Man nennt aber den Rest nach Abzug der Ausgaben, um Einnahmen zu bewirken, reine Einnahmen (Reineinkommen, Reinertrag, Nettoertrag, Ueberschuß, Gewinn).
5) Uebersteigen aber die Ausgaben den Rohertrag, dann findet Verlust Statt, es wird das Zusetzen und Schuldenmachen nöthig.
Man muß daher als ordentlicher Wirth suchen: 1) einen großen Rohertrag zu erwerben, weil der Reinertrag um so größer sein kann1); 2) einen geringen Kostenaufwand für den Erwerb zu machen; und 3) den Erwerb so sicher und dauerhaft als möglich zu erhalten, d. h. die Wirthschaft nachhaltig einzurichten und zu führen; 4) nur eine solche Erwerbsart zu wählen, wozu man die erforderlichen Kenntnisse und Geschicklichkeiten hat; 5) nur eine solche Wahl zu treffen, bei welcher man nach dem Stande der Verhältnisse dauernden Erwerb haben kann; 6) also alle sogenann- ten Windprojekte zu vermeiden; 7) bei der Einrichtung einer Erwerbsart wo möglich die vorzüglichsten sachlichen Capitalien sich anzuschaffen; 8) dabei aber nach der Anschaffung aller körperlosen Capitalien und Verhältnisse zu streben, welche den Erwerb erhöhen können; 9) in der Anlage der Capitalien blos auf das Nöthige und Nützliche zu sehen, und Alles Andere zu vermeiden; 10) in der Unterhaltung derselben keine Kosten zu scheuen und nicht fahrlässig zu sein; 11) die Naturkräfte so viel und so geschickt als möglich zu benutzen; 12) in der Wahl der Gehilfen und Arbeiter behutsam zu sein; 13) die Arbeiten geschickt unter sie zu vertheilen und zu ordnen, so daß keiner unbeschäftigt oder unrichtig beschäftigt ist; 14) dieselbe durch pünktliche Löhnung und Hausbewirthung bei Fleiß und Kraft zu erhalten; 15) nicht zu viele Erwerbsarten auf einmal zu betreiben, wenn man seines hinreichenden Capitales und der erforderlichen Umsicht nicht gewiß ist; 16) in den Erwerbs-
§. 62. Veränderungen im Gewerbe.
Aus dem Bisherigen über den Erwerb iſt die Entſtehung von Veränderungen in der Wirthſchaft klar zu machen. Sie ſind im Allgemeinen folgende:
1) Der Vermögensſtamm erhält Zuflüſſe, die man allgemein- hin Einnahme nennt.
2) Derſelbe erleidet Abflüſſe, die man allgemeinhin Ausga- ben heißt.
3) Wenn man die Einnahmen ohne Bezug auf die Ausgaben betrachtet, ſo heißen ſie rohe Einnahmen (Roheinkommen, Rohertrag, Bruttoertrag).
4) Man nennt aber den Reſt nach Abzug der Ausgaben, um Einnahmen zu bewirken, reine Einnahmen (Reineinkommen, Reinertrag, Nettoertrag, Ueberſchuß, Gewinn).
5) Ueberſteigen aber die Ausgaben den Rohertrag, dann findet Verluſt Statt, es wird das Zuſetzen und Schuldenmachen nöthig.
Man muß daher als ordentlicher Wirth ſuchen: 1) einen großen Rohertrag zu erwerben, weil der Reinertrag um ſo größer ſein kann1); 2) einen geringen Koſtenaufwand für den Erwerb zu machen; und 3) den Erwerb ſo ſicher und dauerhaft als möglich zu erhalten, d. h. die Wirthſchaft nachhaltig einzurichten und zu führen; 4) nur eine ſolche Erwerbsart zu wählen, wozu man die erforderlichen Kenntniſſe und Geſchicklichkeiten hat; 5) nur eine ſolche Wahl zu treffen, bei welcher man nach dem Stande der Verhältniſſe dauernden Erwerb haben kann; 6) alſo alle ſogenann- ten Windprojekte zu vermeiden; 7) bei der Einrichtung einer Erwerbsart wo möglich die vorzüglichſten ſachlichen Capitalien ſich anzuſchaffen; 8) dabei aber nach der Anſchaffung aller körperloſen Capitalien und Verhältniſſe zu ſtreben, welche den Erwerb erhöhen können; 9) in der Anlage der Capitalien blos auf das Nöthige und Nützliche zu ſehen, und Alles Andere zu vermeiden; 10) in der Unterhaltung derſelben keine Koſten zu ſcheuen und nicht fahrläſſig zu ſein; 11) die Naturkräfte ſo viel und ſo geſchickt als möglich zu benutzen; 12) in der Wahl der Gehilfen und Arbeiter behutſam zu ſein; 13) die Arbeiten geſchickt unter ſie zu vertheilen und zu ordnen, ſo daß keiner unbeſchäftigt oder unrichtig beſchäftigt iſt; 14) dieſelbe durch pünktliche Löhnung und Hausbewirthung bei Fleiß und Kraft zu erhalten; 15) nicht zu viele Erwerbsarten auf einmal zu betreiben, wenn man ſeines hinreichenden Capitales und der erforderlichen Umſicht nicht gewiß iſt; 16) in den Erwerbs-
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§. 62.
Veränderungen im Gewerbe.
Aus dem Bisherigen über den Erwerb iſt die Entſtehung von
Veränderungen in der Wirthſchaft klar zu machen. Sie ſind im
Allgemeinen folgende:
1) Der Vermögensſtamm erhält Zuflüſſe, die man allgemein-
hin Einnahme nennt.
2) Derſelbe erleidet Abflüſſe, die man allgemeinhin Ausga-
ben heißt.
3) Wenn man die Einnahmen ohne Bezug auf die Ausgaben
betrachtet, ſo heißen ſie rohe Einnahmen (Roheinkommen,
Rohertrag, Bruttoertrag).
4) Man nennt aber den Reſt nach Abzug der Ausgaben, um
Einnahmen zu bewirken, reine Einnahmen (Reineinkommen,
Reinertrag, Nettoertrag, Ueberſchuß, Gewinn).
5) Ueberſteigen aber die Ausgaben den Rohertrag, dann findet
Verluſt Statt, es wird das Zuſetzen und Schuldenmachen nöthig.
Man muß daher als ordentlicher Wirth ſuchen: 1) einen
großen Rohertrag zu erwerben, weil der Reinertrag um ſo größer
ſein kann1); 2) einen geringen Koſtenaufwand für den Erwerb zu
machen; und 3) den Erwerb ſo ſicher und dauerhaft als möglich
zu erhalten, d. h. die Wirthſchaft nachhaltig einzurichten und zu
führen; 4) nur eine ſolche Erwerbsart zu wählen, wozu man die
erforderlichen Kenntniſſe und Geſchicklichkeiten hat; 5) nur eine
ſolche Wahl zu treffen, bei welcher man nach dem Stande der
Verhältniſſe dauernden Erwerb haben kann; 6) alſo alle ſogenann-
ten Windprojekte zu vermeiden; 7) bei der Einrichtung einer
Erwerbsart wo möglich die vorzüglichſten ſachlichen Capitalien ſich
anzuſchaffen; 8) dabei aber nach der Anſchaffung aller körperloſen
Capitalien und Verhältniſſe zu ſtreben, welche den Erwerb erhöhen
können; 9) in der Anlage der Capitalien blos auf das Nöthige
und Nützliche zu ſehen, und Alles Andere zu vermeiden; 10) in der
Unterhaltung derſelben keine Koſten zu ſcheuen und nicht fahrläſſig
zu ſein; 11) die Naturkräfte ſo viel und ſo geſchickt als möglich
zu benutzen; 12) in der Wahl der Gehilfen und Arbeiter behutſam
zu ſein; 13) die Arbeiten geſchickt unter ſie zu vertheilen und zu
ordnen, ſo daß keiner unbeſchäftigt oder unrichtig beſchäftigt iſt;
14) dieſelbe durch pünktliche Löhnung und Hausbewirthung bei
Fleiß und Kraft zu erhalten; 15) nicht zu viele Erwerbsarten auf
einmal zu betreiben, wenn man ſeines hinreichenden Capitales und
der erforderlichen Umſicht nicht gewiß iſt; 16) in den Erwerbs-
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/107>, abgerufen am 21.11.2024.
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