Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.Die LXXV. Laster-Predigt/ und gefiel wol/ dem Herode/ und denen/ die am Tischsassen. Eingang. Exempel/Geliebte in Christo dem HErren! von denen/ die das Tan- tzen ver- werffen ES haben sich Leute gefunden/ und gibt deren noch/ be- Daher
Die LXXV. Laſter-Predigt/ und gefiel wol/ dem Herode/ und denen/ die am Tiſchſaſſen. Eingang. Exempel/Geliebte in Chriſto dem HErren! von denen/ die das Tan- tzen ver- werffen ES haben ſich Leute gefunden/ und gibt deren noch/ be- Daher
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Die LXXV. Laſter-Predigt/
und gefiel wol/ dem Herode/ und denen/ die am Tiſch
ſaſſen.
Eingang.
Geliebte in Chriſto dem HErren!
ES haben ſich Leute gefunden/ und gibt deren noch/ be-
nanntlich unter den Calviniſten/ die alles Tantzen als ein un-
Chriſtlich/ ungeziemt Werck uͤber einen Hauffen verwerffen/
und als Gottloß und Teufeliſch verfluchen. Cicero ſagt/ es
tantze kein nuͤchterer Menſch/ er ſey dann unſinnig. Scaliger
ſagt/ er habe nie nichts laͤppiſchers in der Welt geſehen/ als das Tantzen.
Kaͤyſer Albertus I. ſagte/ das Jagen ſey Maͤnniſch/ und das Tantzen ſey
Weibiſch. Kaͤyſer Friderich der IV. ſagte/ er wolle lieber am Fieber kranck
ligen/ als tantzen. Ludovicus Vives erzehlet/ daß einsmals fremde Leute
in das Teutſchland kommen/ und von fernen einen Tantz geſehen/ aber keine
Muſicanten gehoͤret/ da haben ſie nicht anders vermeinet/ dieſe Leute ſeyen alle
unſinnig. Daher Johann von Muͤnſter/ ein Holſteiniſcher Rath/ einen ei-
genen Tractat von dem ungottſeligen Tantzen geſchrieben/ darinnen er
Spruͤche und Exempel auß H. Schrifft/ wider das Tantzen anziehet/ und un-
terſtehet ſich zu erweiſen/ daß die erſte Chriſtliche Kirche nichts darvon ge-
wußt/ das Tantzen ſey nicht allein unnuͤtz/ ſondern gebe auch zu vielem Un-
gluͤck eine Urſach/ und daher (meinet er/) ſoll man alles Tantzen abſtellen.
Nun kan man zwar nicht laͤugnen/ und gibt der Augenſchein und Erfah-
rung/ daß bey den Taͤntzen gemeiniglich ein ſchaͤndlich/ leichtfertig/ hoch-aͤr-
gerlich/ manchmal auch ein ſaͤuiſch/ unſinnig Schand-Weſen vorgehet/ daß
es ſchier am beſten waͤre/ mangienge deß Tantzens gar muͤſſig/ nicht/ als
wann das Tantzen an ſich ſelbſt boͤß waͤre/ ſondern weil gemeiniglich die boͤß
ſeyn/ die tantzen/ doch ſoll man/ deß Mißbrauchs halben/ nicht alles Tantzen
ſo bald tadlen und verwerffen/ dann Salomo in ſeinem Prediger c. 3. zeuget/
daß das Tantzen ſeine Zeit habe/ hat nun das Tantzen ſeine Zeit/ ſo muß nicht
alles Tantzen boͤß und verbotten ſeyn. Darnach ſo iſt das Tantzen ein Adia-
phorum oder frey Mittel-Ding/ das uns in H. Schrifft nicht gebotten und
nicht verbotten iſt/ ja/ ein ehrlicher Tantz iſt junger Leute Freude/ dergleichen
ehrliche Freude und Ergoͤtzligkeit ihnen nicht verbotten/ ſondern mit ſeiner
Maß gebotten iſt/ da Salomo ſagt: Freue dich Juͤngling in deiner Jugend/
und laß dein Hertz guter Dinge ſeyn in deiner Jugend/ Pred. 11. uͤber das iſt
ein ehrlicher Tantz offt eine Gelegenheit zu einer kuͤnfftigen Ehe/ darbey junge
Leute einander in Ehren bekandt/ und zur ehelichen Liebe gewonnen werden.
Daher
D. B. Meiſn.
Phil. Sobr.
part. 1.
p 575.
Urtheil
hieruͤber.
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