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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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vom Kleyder-Pracht.
Eingang.
Heliebte in Christo dem HErren!

DAß GOtt der HErr in der Schöpffung zwar die unver-Warum
der Mensch
Anfangs
nacket er-
schaffen.

nünfftige Thier/ jedes mit seiner Decke wol versehen und versor-
get/ den Menschen aber nacket und bloß geschaffen/ das ist vor-
nemlich der Ursach halben geschehen/ weil der Mensch keiner Decke
noch Kleydung vonnöthen hatte. Der Mensch damahlen be-
dorffte keiner Kleydung seine Schand zu decken/ dann es war nirgend keine
Schand an ihm/ sondern Heiligkeit und Gerechtigkeit: Keiner Kleyder be-
dorffte er/ sich damit vor Hitz oder Frost zu verwahren/ dann er saß im Paradiß/
an einem bequemen/ schönen Ort/ der mit einer lieblichen gesunden Lufft tem-
peri
rt war/ also daß seinem Leib nichts widriges begegnen konnte: So bedarfft
ers auch nicht/ daß er sich mit Kleydern hätte zieren sollen/ dann deß Menschen
Leib war an sich selbsten so schön und wolgestalt/ daß man wol jetzo in der gan-
tzen Welt kein so schönen Menschen finden wird/ als die erste beyde neugeschaf-
fene Menschen im Paradiß gewesen seyn. Nach dem Fall aber muß jetzo derNach dem
Fall brauche
er jetzo die
Kleyder/

Mensch die Kleyder zu seinem Leben nothwendig haben. Syr. 39. Die ihme
doch nicht selber von Natur an den Leib wachsen/ wie den unvernünfftigen
Thieren ihre Woll/ Haar/ Locken/ Borsten/ Stachel/ Federn/ Schuppen und
dergleichen. Sondern GOtt der HErr gibt dem Menschen die Vernunfft/
Kräfften und Mittel/ daß er ihm selber/ seines Gefallens Kleyder schaffen und
anziehen kan. Worinnen doch GOtt dem Menschen einen grossen Vor-
thel gibt vor den unvernünfftigen Thieren/ dann die Thier können ihre Röck/
und (daß wir so reden) ihre Kleydung niemals ablegen/ müssens Tag und
Nacht antragen und mit sich schleppen/ so können sie auch ihr Kleydung nicht
änderen noch wechslen/ wie es die Natur eines jeden gibt/ dabey muß es bleiben
sein Lebenlang: Aber der Mensch kan seine Kleyder/ wann er will/ außziehen
und ablegen/ wann ihm eins nicht wol gefällt/ kan ers ändern und bessern/ kans
wol gar hinweg legen/ und ihm selber ein anders und bequemers ordnen/ kan
sich in Stand und Land/ in Freud und Leyd schicken mit seinen Kleydern/ wel-
ches alles GOtt dem HErrn nicht zu wider ist. Allein daß man/ wie in anEr soll aber
darinn nicht
stolziren.

deren Sachen/ also auch in der Kleydung/ alles ehrlich und ordentlich lasse her-
gehen. 1. Cor. 14. Und wie im Hertzen/ Worten und Geberden/ also auch in
den Kleydern/ nicht stoltz und hoffärtig seye/ worinnen sich sonderlich schwer
versündiget der reiche Schlemmer/ dessen der HErr Christus gedenckt/ in denen
E. L. vorgeleßnen Worten: Es war ein reicher Mann/ der kleydet
sich mit Purpur und köstlichem Leinwad.
Weil wir dann in unsernVortrag.
vorhabenden Laster-Predigten/ zum nechsten gehört/ daß wir Christen die Hof-

fart
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vom Kleyder-Pracht.
Eingang.
Heliebte in Chriſto dem HErren!

DAß GOtt der HErꝛ in der Schoͤpffung zwar die unver-Warum
der Menſch
Anfangs
nacket er-
ſchaffen.

nuͤnfftige Thier/ jedes mit ſeiner Decke wol verſehen und verſor-
get/ den Menſchen aber nacket und bloß geſchaffen/ das iſt vor-
nemlich der Urſach halben geſchehen/ weil der Menſch keiner Decke
noch Kleydung vonnoͤthen hatte. Der Menſch damahlen be-
dorffte keiner Kleydung ſeine Schand zu decken/ dann es war nirgend keine
Schand an ihm/ ſondern Heiligkeit und Gerechtigkeit: Keiner Kleyder be-
dorffte er/ ſich damit vor Hitz oder Froſt zu verwahren/ dann er ſaß im Paradiß/
an einem bequemen/ ſchoͤnen Ort/ der mit einer lieblichen geſunden Lufft tem-
peri
rt war/ alſo daß ſeinem Leib nichts widriges begegnen konnte: So bedarfft
ers auch nicht/ daß er ſich mit Kleydern haͤtte zieren ſollen/ dann deß Menſchen
Leib war an ſich ſelbſten ſo ſchoͤn und wolgeſtalt/ daß man wol jetzo in der gan-
tzen Welt kein ſo ſchoͤnen Menſchen finden wird/ als die erſte beyde neugeſchaf-
fene Menſchen im Paradiß geweſen ſeyn. Nach dem Fall aber muß jetzo derNach dem
Fall brauche
er jetzo die
Kleyder/

Menſch die Kleyder zu ſeinem Leben nothwendig haben. Syr. 39. Die ihme
doch nicht ſelber von Natur an den Leib wachſen/ wie den unvernuͤnfftigen
Thieren ihre Woll/ Haar/ Locken/ Borſten/ Stachel/ Federn/ Schuppen und
dergleichen. Sondern GOtt der HErꝛ gibt dem Menſchen die Vernunfft/
Kraͤfften und Mittel/ daß er ihm ſelber/ ſeines Gefallens Kleyder ſchaffen und
anziehen kan. Worinnen doch GOtt dem Menſchen einen groſſen Vor-
thel gibt vor den unvernuͤnfftigen Thieren/ dann die Thier koͤnnen ihre Roͤck/
und (daß wir ſo reden) ihre Kleydung niemals ablegen/ muͤſſens Tag und
Nacht antragen und mit ſich ſchleppen/ ſo koͤnnen ſie auch ihr Kleydung nicht
aͤnderen noch wechslen/ wie es die Natur eines jeden gibt/ dabey muß es bleiben
ſein Lebenlang: Aber der Menſch kan ſeine Kleyder/ wann er will/ außziehen
und ablegen/ wann ihm eins nicht wol gefaͤllt/ kan ers aͤndern und beſſern/ kans
wol gar hinweg legen/ und ihm ſelber ein anders und bequemers ordnen/ kan
ſich in Stand und Land/ in Freud und Leyd ſchicken mit ſeinen Kleydern/ wel-
ches alles GOtt dem HErꝛn nicht zu wider iſt. Allein daß man/ wie in anEr ſoll aber
darinn nicht
ſtolziren.

deren Sachen/ alſo auch in der Kleydung/ alles ehrlich und ordentlich laſſe her-
gehen. 1. Cor. 14. Und wie im Hertzen/ Worten und Geberden/ alſo auch in
den Kleydern/ nicht ſtoltz und hoffaͤrtig ſeye/ worinnen ſich ſonderlich ſchwer
verſuͤndiget der reiche Schlemmer/ deſſen der HErꝛ Chriſtus gedenckt/ in denen
E. L. vorgeleßnen Worten: Es war ein reicher Mann/ der kleydet
ſich mit Purpur und koͤſtlichem Leinwad.
Weil wir dann in unſernVortrag.
vorhabenden Laſter-Predigten/ zum nechſten gehoͤrt/ daß wir Chriſten die Hof-

fart
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[533/0603] vom Kleyder-Pracht. Eingang. Heliebte in Chriſto dem HErren! DAß GOtt der HErꝛ in der Schoͤpffung zwar die unver- nuͤnfftige Thier/ jedes mit ſeiner Decke wol verſehen und verſor- get/ den Menſchen aber nacket und bloß geſchaffen/ das iſt vor- nemlich der Urſach halben geſchehen/ weil der Menſch keiner Decke noch Kleydung vonnoͤthen hatte. Der Menſch damahlen be- dorffte keiner Kleydung ſeine Schand zu decken/ dann es war nirgend keine Schand an ihm/ ſondern Heiligkeit und Gerechtigkeit: Keiner Kleyder be- dorffte er/ ſich damit vor Hitz oder Froſt zu verwahren/ dann er ſaß im Paradiß/ an einem bequemen/ ſchoͤnen Ort/ der mit einer lieblichen geſunden Lufft tem- perirt war/ alſo daß ſeinem Leib nichts widriges begegnen konnte: So bedarfft ers auch nicht/ daß er ſich mit Kleydern haͤtte zieren ſollen/ dann deß Menſchen Leib war an ſich ſelbſten ſo ſchoͤn und wolgeſtalt/ daß man wol jetzo in der gan- tzen Welt kein ſo ſchoͤnen Menſchen finden wird/ als die erſte beyde neugeſchaf- fene Menſchen im Paradiß geweſen ſeyn. Nach dem Fall aber muß jetzo der Menſch die Kleyder zu ſeinem Leben nothwendig haben. Syr. 39. Die ihme doch nicht ſelber von Natur an den Leib wachſen/ wie den unvernuͤnfftigen Thieren ihre Woll/ Haar/ Locken/ Borſten/ Stachel/ Federn/ Schuppen und dergleichen. Sondern GOtt der HErꝛ gibt dem Menſchen die Vernunfft/ Kraͤfften und Mittel/ daß er ihm ſelber/ ſeines Gefallens Kleyder ſchaffen und anziehen kan. Worinnen doch GOtt dem Menſchen einen groſſen Vor- thel gibt vor den unvernuͤnfftigen Thieren/ dann die Thier koͤnnen ihre Roͤck/ und (daß wir ſo reden) ihre Kleydung niemals ablegen/ muͤſſens Tag und Nacht antragen und mit ſich ſchleppen/ ſo koͤnnen ſie auch ihr Kleydung nicht aͤnderen noch wechslen/ wie es die Natur eines jeden gibt/ dabey muß es bleiben ſein Lebenlang: Aber der Menſch kan ſeine Kleyder/ wann er will/ außziehen und ablegen/ wann ihm eins nicht wol gefaͤllt/ kan ers aͤndern und beſſern/ kans wol gar hinweg legen/ und ihm ſelber ein anders und bequemers ordnen/ kan ſich in Stand und Land/ in Freud und Leyd ſchicken mit ſeinen Kleydern/ wel- ches alles GOtt dem HErꝛn nicht zu wider iſt. Allein daß man/ wie in an deren Sachen/ alſo auch in der Kleydung/ alles ehrlich und ordentlich laſſe her- gehen. 1. Cor. 14. Und wie im Hertzen/ Worten und Geberden/ alſo auch in den Kleydern/ nicht ſtoltz und hoffaͤrtig ſeye/ worinnen ſich ſonderlich ſchwer verſuͤndiget der reiche Schlemmer/ deſſen der HErꝛ Chriſtus gedenckt/ in denen E. L. vorgeleßnen Worten: Es war ein reicher Mann/ der kleydet ſich mit Purpur und koͤſtlichem Leinwad. Weil wir dann in unſern vorhabenden Laſter-Predigten/ zum nechſten gehoͤrt/ daß wir Chriſten die Hof- fart Warum der Menſch Anfangs nacket er- ſchaffen. Nach dem Fall brauche er jetzo die Kleyder/ Er ſoll aber darinn nicht ſtolziren. Vortrag. X x x 3

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/603>, abgerufen am 21.11.2024.