Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.Die XXXVII. Laster-Predigt/ Lehr. Lehr.Vor der un- ordentlichen Selbst-Liebe sich zu hü- ten/ weil sol- ches Laster ist: ALlhier haben wir nun von einem solchen Laster zu reden/ das eigentlich Eine unor- dentliche Liebe/ wider GOttes Ordnung und Gebott. Text. I. Soll sich ein jeder Christ vor der unordentlichen Selbst- und Ei- Eine ver- messene Liebe. II. Weil es eine vermessene Liebe ist. Es ist eine lautere Vermes- fromm
Die XXXVII. Laſter-Predigt/ Lehr. Lehr.Vor der un- ordentlichen Selbſt-Liebe ſich zu huͤ- ten/ weil ſol- ches Laſter iſt: ALlhier haben wir nun von einem ſolchen Laſter zu reden/ das eigentlich Eine unor- dentliche Liebe/ wider GOttes Ordnung und Gebott. Text. I. Soll ſich ein jeder Chriſt vor der unordentlichen Selbſt- und Ei- Eine ver- meſſene Liebe. II. Weil es eine vermeſſene Liebe iſt. Es iſt eine lautere Vermeſ- fromm
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Die XXXVII. Laſter-Predigt/
Lehr.
ALlhier haben wir nun von einem ſolchen Laſter zu reden/ das eigentlich
auf den Menſchen ſelbſten ſiehet und gehet/ welches iſt Φιλαυτία, die
unordentliche/ ungeziemte Selbſt- oder Eigen-Liebe/ Eigen-Sinn
und Einbildung/ da ein Menſch in ſeinen Raͤthen und Anſchlaͤgen/
in ſeinem Thun und Laſſen/ ihm ſelber ſich allzuwol gefallen laͤſſet/ ſich allein
liebet/ und andere neben ſich verachtet. Darfuͤr ſoll ſich ein jeder Chriſt fleiſ-
ſig huͤten/ und das um nach folgender vier Urſachen willen.
I. Soll ſich ein jeder Chriſt vor der unordentlichen Selbſt- und Ei-
gen-Liebe huͤten/ eben darum/ weil es eine unordentliche Liebe iſt/ ſo wi-
der GOttes Ordnung und Gebott lauffet. Wie dann der HErꝛ deßwegen
ein ſolch Gleichnuͤß/ vom ſtoltzen Phariſeer/ der ihm ſelber ſo wol gefallen/
und daruͤber von GOtt dem HErꝛn verworffen worden/ erzehlet/ daß er maͤn-
niglich von dieſem Laſter abmahne und abhalte. Zwar/ nicht alle Selbſt-
Liebe iſt verbotten/ dann das ein Chriſt mit Luſt und Freude bedencket/ und
gegen GOtt danckbarlich erkennet/ daß er eine vernuͤnfftige Creatur GOttes/
ein widergeborner Chriſt und Tempel deß H. Geiſtes iſt/ ſich ſelber in Acht
nimmt/ an getreuer Seelen- und Leibes-Pfiege ihm ſelbſten alles Gutes an-
thut/ das iſt nicht unrecht/ GOtt hat es ſelber einem jeden in ſeine Natur ein-
gepflantzet/ wie Paulus ſagt: Niemand hat jemals ſein eigen Fleiſch gehaſ-
ſet/ ſondern naͤhret es und pfleget ſeyn/ Eph. 5. Aber ſolche angeborne und
eingepflantzte Selbſt-Liebe ſollen wir wol im Zaum halten/ daß ſie in ihren
ordentlichen Schrancken verbleibe/ und nicht zu weit graſe: Dann/ wann
der Menſch zu viel auf ſich ſelbſten haͤlt/ ihm ſelber zu viel einbildet/ alles allein
ſeyn wil/ und niemand neben ihm wil laſſen aufkommen/ ſo heiſſet und iſt das
eine unordentliche/ ungeziemte/ laſterhaffte/ und demnach verbottene Selbſt-
Liebe/ darvon Paulus ſagt: Haltet euch nicht ſelbſt fuͤr klug/ Rom. 12. und
wiederum ſpricht er: Wir/ die wir ſtarck ſeyn/ ſollen der Schwachen Ge-
brechlichkeit tragen/ und nicht Gefallen an uns ſelber haben. Es ſtelle ſich
aber ein jeglicher unter uns alſo/ daß er ſeinem Naͤchſten gefalle zum Guten/
zur Beſſerung/ denn auch Chriſtus nicht an ihm ſelber Gefallen hatte/ daß er
nemlich ſeine eigene Ehre/ Ruhm und Nutzen in dieſer Welt geſucht haͤtte/
Rom. 15. Darum ſoll ſich ein Chriſt vor ſolcher unordentlicher Selbſt-
Liebe huͤten. Und das
II. Weil es eine vermeſſene Liebe iſt. Es iſt eine lautere Vermeſ-
ſenheit/ daß ein Menſch ſich ſelbſten beredet und einbildet/ er ſey vor andern
fromm/ gelehrt/ geſcheid und geſchickt/ und laͤßt ſich beduͤncken/ alles was er
redt und thut ſey recht/ und ſtehe ihm alles wol an. Darum ſtehet in unſerm
Text/ der HErꝛ Chriſtus habe ein ſolch Gleichnuͤß geſagt/ nicht denen/ die
fromm
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