Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].Die Sittenlehre andrer einen Anstoß, oder ihnen ein Aergernißzu geben. Lebe so erbaulich, daß andre durch dein Exempel tugendhafter werden. Wenn du für die Tugend leidest; so verbirg den Schmerz, den du fühlest, wenigstens so, daß die Standhaf- tigkeit dich nicht zu gereuen scheine. Wenn du aber durch Tugend und Weisheit fremde Sünden veranlassest, so ist die Verschuldung des Aerger- nisses bloß auf der andern Seite, und an der dei- nigen ein unverschuldetes Schicksal. Weil das Künftige ungewiß ist; so trifft Laß dich deßwegen, weil der Erfolg oft §. 24. Die Arbeitsamkeit ist ein großer Theil der Ver-
Die Sittenlehre andrer einen Anſtoß, oder ihnen ein Aergernißzu geben. Lebe ſo erbaulich, daß andre durch dein Exempel tugendhafter werden. Wenn du fuͤr die Tugend leideſt; ſo verbirg den Schmerz, den du fuͤhleſt, wenigſtens ſo, daß die Standhaf- tigkeit dich nicht zu gereuen ſcheine. Wenn du aber durch Tugend und Weisheit fremde Suͤnden veranlaſſeſt, ſo iſt die Verſchuldung des Aerger- niſſes bloß auf der andern Seite, und an der dei- nigen ein unverſchuldetes Schickſal. Weil das Künftige ungewiß iſt; ſo trifft Laß dich deßwegen, weil der Erfolg oft §. 24. Die Arbeitſamkeit iſt ein großer Theil der Ver-
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Die Sittenlehre
andrer einen Anſtoß, oder ihnen ein Aergerniß
zu geben. Lebe ſo erbaulich, daß andre durch
dein Exempel tugendhafter werden. Wenn du
fuͤr die Tugend leideſt; ſo verbirg den Schmerz,
den du fuͤhleſt, wenigſtens ſo, daß die Standhaf-
tigkeit dich nicht zu gereuen ſcheine. Wenn du
aber durch Tugend und Weisheit fremde Suͤnden
veranlaſſeſt, ſo iſt die Verſchuldung des Aerger-
niſſes bloß auf der andern Seite, und an der dei-
nigen ein unverſchuldetes Schickſal.
Weil das Künftige ungewiß iſt; ſo trifft
die menſchliche Weisheit nicht allemal das Ziel;
aber die Gluͤckſeligkeit wird dadurch ſchon ſehr
groß, weil es ſeltener verfehlt, als getroffen wird.
Laß dich deßwegen, weil der Erfolg oft
wider die Wahrſcheinlichkeit eintrifft, nicht
abhalten, nach derſelben zu handeln, wenn nicht
der bloß moͤgliche Erfolg ſo wichtig iſt, daß du
deßwegen unterlaſſen mußt, den wahrſcheinlichen
kleinern Vortheil zu befoͤrdern, oder die wahr-
ſcheinlichen kleinern Uebel abzuwenden.
§. 24.
Die Arbeitſamkeit iſt ein großer Theil der
Pflichten gegen die Welt. Sie iſt der Trieb,
die Kraͤfte zur Erfindung, Beurtheilung, Anzei-
gung, Aufſuchung, Bewahrung, Verfertigung,
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