Von der einstimmigen Begleit. mit der linken Hand allein.
§. 2.
Die Italiäner brauchen beyde Arten entweder gar nicht, oder glauben vielleicht, daß man auf unserm Instrumente bey der Begleitung nichts als Ziffern spielen könne, und hal- ten es folglich zu ungeschicki zum Accompagnement der schönsten und affecktuösesten Stellen, bey welchen sehr oft die einstimmige Begleitung vorkommt. Das Geklimper ihrer Clavieristen wollen sie alsdenn nicht dabey haben, um so viel weniger, da sie von ihnen wissen, daß sie beynahe keinen Accord, ohne ihn zu brechen, anschlagen können. Man findet also bey ihren Sachen, in delicaten Fällen, gemeiniglich zur Warnung die Wörter, senza Cembalo über die Grundnoten gesetzet. Ganze Arien sind auf diese Art bezeichnet, und es kommt selbst den Sängern dieses Landes lächerlich vor, wenn man ihnen diese Vorschrift in ihren Musikalien zeiget.
§. 3.
Wir brauchen das tasto solo, wenn es nöthig ist, mit grossem Nutzen. Wenn z. E. Grundnoten mit der Haupt- stimme in vielen Terzen oder Sexten nacheinander fortgehen, ohne daß eine Mittelstimme weiter darzu gesetzet ist, so findet unsere Art von Begleitung statt. Das Stück kann zwey- oder mehrstimmig seyn. Wenn diese Grundnoten piano vorgetra- gen werden sollen, wenn die Terzen und Sexten ganz nahe bey einander liegen, und folglich in keiner Stimme mit der Octave verdoppelt werden, alsdenn ist kein ander Accompagnement nach der Natur möglich, als das unsrige; der Contraviolon schwei- get alsdenn stille, und die übrigen Bässe spielen mit dem Clavier diese Noten im eigentlichen Einklange ganz schwach mit. Fol- gende Exempel sind von dieser Art:
Z. E.
Bachs Versuch. 2. Theil. Z
Von der einſtim̃igen Begleit. mit der linken Hand allein.
§. 2.
Die Italiäner brauchen beyde Arten entweder gar nicht, oder glauben vielleicht, daß man auf unſerm Inſtrumente bey der Begleitung nichts als Ziffern ſpielen könne, und hal- ten es folglich zu ungeſchicki zum Accompagnement der ſchönſten und affecktuöſeſten Stellen, bey welchen ſehr oft die einſtimmige Begleitung vorkommt. Das Geklimper ihrer Clavieriſten wollen ſie alsdenn nicht dabey haben, um ſo viel weniger, da ſie von ihnen wiſſen, daß ſie beynahe keinen Accord, ohne ihn zu brechen, anſchlagen können. Man findet alſo bey ihren Sachen, in delicaten Fällen, gemeiniglich zur Warnung die Wörter, ſenza Cembalo über die Grundnoten geſetzet. Ganze Arien ſind auf dieſe Art bezeichnet, und es kommt ſelbſt den Sängern dieſes Landes lächerlich vor, wenn man ihnen dieſe Vorſchrift in ihren Muſikalien zeiget.
§. 3.
Wir brauchen das taſto ſolo, wenn es nöthig iſt, mit groſſem Nutzen. Wenn z. E. Grundnoten mit der Haupt- ſtimme in vielen Terzen oder Sexten nacheinander fortgehen, ohne daß eine Mittelſtimme weiter darzu geſetzet iſt, ſo findet unſere Art von Begleitung ſtatt. Das Stück kann zwey- oder mehrſtimmig ſeyn. Wenn dieſe Grundnoten piano vorgetra- gen werden ſollen, wenn die Terzen und Sexten ganz nahe bey einander liegen, und folglich in keiner Stimme mit der Octave verdoppelt werden, alsdenn iſt kein ander Accompagnement nach der Natur möglich, als das unſrige; der Contraviolon ſchwei- get alsdenn ſtille, und die übrigen Bäſſe ſpielen mit dem Clavier dieſe Noten im eigentlichen Einklange ganz ſchwach mit. Fol- gende Exempel ſind von dieſer Art:
Z. E.
Bachs Verſuch. 2. Theil. Z
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Von der einſtim̃igen Begleit. mit der linken Hand allein.
§. 2. Die Italiäner brauchen beyde Arten entweder gar
nicht, oder glauben vielleicht, daß man auf unſerm Inſtrumente
bey der Begleitung nichts als Ziffern ſpielen könne, und hal-
ten es folglich zu ungeſchicki zum Accompagnement der ſchönſten
und affecktuöſeſten Stellen, bey welchen ſehr oft die einſtimmige
Begleitung vorkommt. Das Geklimper ihrer Clavieriſten
wollen ſie alsdenn nicht dabey haben, um ſo viel weniger, da
ſie von ihnen wiſſen, daß ſie beynahe keinen Accord, ohne ihn
zu brechen, anſchlagen können. Man findet alſo bey ihren
Sachen, in delicaten Fällen, gemeiniglich zur Warnung die
Wörter, ſenza Cembalo über die Grundnoten geſetzet. Ganze
Arien ſind auf dieſe Art bezeichnet, und es kommt ſelbſt den
Sängern dieſes Landes lächerlich vor, wenn man ihnen dieſe
Vorſchrift in ihren Muſikalien zeiget.
§. 3. Wir brauchen das taſto ſolo, wenn es nöthig iſt,
mit groſſem Nutzen. Wenn z. E. Grundnoten mit der Haupt-
ſtimme in vielen Terzen oder Sexten nacheinander fortgehen,
ohne daß eine Mittelſtimme weiter darzu geſetzet iſt, ſo findet
unſere Art von Begleitung ſtatt. Das Stück kann zwey- oder
mehrſtimmig ſeyn. Wenn dieſe Grundnoten piano vorgetra-
gen werden ſollen, wenn die Terzen und Sexten ganz nahe bey
einander liegen, und folglich in keiner Stimme mit der Octave
verdoppelt werden, alsdenn iſt kein ander Accompagnement nach
der Natur möglich, als das unſrige; der Contraviolon ſchwei-
get alsdenn ſtille, und die übrigen Bäſſe ſpielen mit dem Clavier
dieſe Noten im eigentlichen Einklange ganz ſchwach mit. Fol-
gende Exempel ſind von dieſer Art:
Z. E.
Bachs Verſuch. 2. Theil. Z
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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/187>, abgerufen am 22.02.2025.
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