Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Einklange.
[Abbildung]
§. 7.

Wenn ein Componist aus gewissen Ursachen einen
Gedanken in die Grundstimme setzet, welcher im eigentlichen
Einklange von den übrigen Stimmen begleitet wird, und folg-
lich keine Verdoppelung der Octaven, weder in der Höhe, noch
in der Tiefe verträget, weil er just in der vorgeschriebenen und
keiner andern Lage ausgeführet werden soll: so lässet man hierbey
die rechte Hand pausiren, und spielt diesen verführerischen Ein-
klang bloß mit der linken einstimmig. Eben so werden die Ge-
danken abgefertiget, welche zwar nicht allezeit etwas glänzendes
haben, aber doch von besonderm Ausdrucke sind, und zuweilen
ganz allein bey der Grundstimme in der Tiefe vorkom-
men, damit sie durch eine harmonische Begleitung weder bedecket,
noch durch eine Verdoppelung der Octave jünger gemachet wer-
den sollen. Der Componist, welcher dergleichen studirte Plans
machet, muß sie sehr accurat bezeichnen, oder er stehet in Gefahr,
daß seine Absichten nicht erreichet werden.

§. 8.

Der zweyte Fall, wo die Begleitung im Einklange
gut thut, betrift alle brillante Stellen in der Grundstimme, wo-
bey der Verfertiger eine besondere Absicht gehabt hat; sie mö-
gen in Sprüngen, in Läufern, in gebrochener Harmonie, in
Ketten von Trillern, und wer weiß in was für Figuren mehr
bestehen. Unsere Absicht ist hiebey, daß diese Stellen deutlich
hervorragen sollen, welches durch die harmonische Begleitung
nicht so gut geschiehet, als durch die, mit dem Einklange. Es

ist
Vom Einklange.
[Abbildung]
§. 7.

Wenn ein Componiſt aus gewiſſen Urſachen einen
Gedanken in die Grundſtimme ſetzet, welcher im eigentlichen
Einklange von den übrigen Stimmen begleitet wird, und folg-
lich keine Verdoppelung der Octaven, weder in der Höhe, noch
in der Tiefe verträget, weil er juſt in der vorgeſchriebenen und
keiner andern Lage ausgeführet werden ſoll: ſo läſſet man hierbey
die rechte Hand pauſiren, und ſpielt dieſen verführeriſchen Ein-
klang bloß mit der linken einſtimmig. Eben ſo werden die Ge-
danken abgefertiget, welche zwar nicht allezeit etwas glänzendes
haben, aber doch von beſonderm Ausdrucke ſind, und zuweilen
ganz allein bey der Grundſtimme in der Tiefe vorkom-
men, damit ſie durch eine harmoniſche Begleitung weder bedecket,
noch durch eine Verdoppelung der Octave jünger gemachet wer-
den ſollen. Der Componiſt, welcher dergleichen ſtudirte Plans
machet, muß ſie ſehr accurat bezeichnen, oder er ſtehet in Gefahr,
daß ſeine Abſichten nicht erreichet werden.

§. 8.

Der zweyte Fall, wo die Begleitung im Einklange
gut thut, betrift alle brillante Stellen in der Grundſtimme, wo-
bey der Verfertiger eine beſondere Abſicht gehabt hat; ſie mö-
gen in Sprüngen, in Läufern, in gebrochener Harmonie, in
Ketten von Trillern, und wer weiß in was für Figuren mehr
beſtehen. Unſere Abſicht iſt hiebey, daß dieſe Stellen deutlich
hervorragen ſollen, welches durch die harmoniſche Begleitung
nicht ſo gut geſchiehet, als durch die, mit dem Einklange. Es

iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0185" n="175"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vom Einklange.</hi> </fw><lb/>
          <figure/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>§. 7.</head>
          <p>Wenn ein Componi&#x017F;t aus gewi&#x017F;&#x017F;en Ur&#x017F;achen einen<lb/>
Gedanken in die Grund&#x017F;timme &#x017F;etzet, welcher im <hi rendition="#fr">eigentlichen</hi><lb/>
Einklange von den übrigen Stimmen begleitet wird, und folg-<lb/>
lich keine Verdoppelung der Octaven, weder in der Höhe, noch<lb/>
in der Tiefe verträget, weil er ju&#x017F;t in der vorge&#x017F;chriebenen und<lb/>
keiner andern Lage ausgeführet werden &#x017F;oll: &#x017F;o lä&#x017F;&#x017F;et man hierbey<lb/>
die rechte Hand pau&#x017F;iren, und &#x017F;pielt die&#x017F;en verführeri&#x017F;chen Ein-<lb/>
klang bloß mit der linken ein&#x017F;timmig. Eben &#x017F;o werden die Ge-<lb/>
danken abgefertiget, welche zwar nicht allezeit etwas glänzendes<lb/>
haben, aber doch von be&#x017F;onderm Ausdrucke &#x017F;ind, und zuweilen<lb/>
ganz <hi rendition="#fr">allein bey der Grund&#x017F;timme in der Tiefe</hi> vorkom-<lb/>
men, damit &#x017F;ie durch eine harmoni&#x017F;che Begleitung weder bedecket,<lb/>
noch durch eine Verdoppelung der Octave jünger gemachet wer-<lb/>
den &#x017F;ollen. Der Componi&#x017F;t, welcher dergleichen &#x017F;tudirte Plans<lb/>
machet, muß &#x017F;ie &#x017F;ehr accurat bezeichnen, oder er &#x017F;tehet in Gefahr,<lb/>
daß &#x017F;eine Ab&#x017F;ichten nicht erreichet werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 8.</head>
          <p>Der <hi rendition="#fr">zweyte Fall,</hi> wo die Begleitung im Einklange<lb/>
gut thut, betrift alle brillante Stellen in der Grund&#x017F;timme, wo-<lb/>
bey der Verfertiger eine be&#x017F;ondere Ab&#x017F;icht gehabt hat; &#x017F;ie mö-<lb/>
gen in Sprüngen, in Läufern, in gebrochener Harmonie, in<lb/>
Ketten von Trillern, und wer weiß in was für Figuren mehr<lb/>
be&#x017F;tehen. Un&#x017F;ere Ab&#x017F;icht i&#x017F;t hiebey, daß die&#x017F;e Stellen deutlich<lb/>
hervorragen &#x017F;ollen, welches durch die harmoni&#x017F;che Begleitung<lb/>
nicht &#x017F;o gut ge&#x017F;chiehet, als durch die, mit dem Einklange. Es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0185] Vom Einklange. [Abbildung] §. 7. Wenn ein Componiſt aus gewiſſen Urſachen einen Gedanken in die Grundſtimme ſetzet, welcher im eigentlichen Einklange von den übrigen Stimmen begleitet wird, und folg- lich keine Verdoppelung der Octaven, weder in der Höhe, noch in der Tiefe verträget, weil er juſt in der vorgeſchriebenen und keiner andern Lage ausgeführet werden ſoll: ſo läſſet man hierbey die rechte Hand pauſiren, und ſpielt dieſen verführeriſchen Ein- klang bloß mit der linken einſtimmig. Eben ſo werden die Ge- danken abgefertiget, welche zwar nicht allezeit etwas glänzendes haben, aber doch von beſonderm Ausdrucke ſind, und zuweilen ganz allein bey der Grundſtimme in der Tiefe vorkom- men, damit ſie durch eine harmoniſche Begleitung weder bedecket, noch durch eine Verdoppelung der Octave jünger gemachet wer- den ſollen. Der Componiſt, welcher dergleichen ſtudirte Plans machet, muß ſie ſehr accurat bezeichnen, oder er ſtehet in Gefahr, daß ſeine Abſichten nicht erreichet werden. §. 8. Der zweyte Fall, wo die Begleitung im Einklange gut thut, betrift alle brillante Stellen in der Grundſtimme, wo- bey der Verfertiger eine beſondere Abſicht gehabt hat; ſie mö- gen in Sprüngen, in Läufern, in gebrochener Harmonie, in Ketten von Trillern, und wer weiß in was für Figuren mehr beſtehen. Unſere Abſicht iſt hiebey, daß dieſe Stellen deutlich hervorragen ſollen, welches durch die harmoniſche Begleitung nicht ſo gut geſchiehet, als durch die, mit dem Einklange. Es iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/185
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/185>, abgerufen am 21.11.2024.