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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Von den Manieren überhaupt.
ten; und indem man bey denen Stücken, wo alle Manieren an-
gedeutet sind, deswegen unbekümmert seyn kan, so pflegen im Ge-
gentheil die Stücke, wo wenig oder nichts dabey gezeichnet ist,
nach der gewöhnlichen Art mit ihren Manieren versehen zu werden.

§. 12.

Jndem ich mich in dieser schweren Sache, noch zur
Zeit keines Vorgängers, welcher mir diese schlüpfrige Bahn ge-
brochen hätte, zu erinnern weiß: so wird mir niemand verüblen
können, wenn ich glaube, daß, ohngeacht gewisser fest gesetzten
Fälle, dennoch vielleicht eine Möglichkeit zur Ausnahme vorhan-
den seyn kan.

§. 13.

Deswegen ist nöthig, weil bey dieser Materie, um
sie mit Vernunft zu gebrauchen, viele Kleinigkeiten in acht zu
nehmen sind, daß man, so viel als möglich, durch fleißige An-
hörung guter Musicken sein Gehör übe, und vor allen Dingen,
um vieles desto besser zu verstehen, die Wissenschaft des General-
Basses besitze. Wir haben aus der Erfahrung, daß derjenige, wel-
cher nichts gründliches von der Harmonie versteht, allezeit bey
Anbringung der Manieren, im finstern tappet, und den guten
Ablauf niemals seiner Einsicht, sondern dem blossen Glücke zuzu-
schreiben hat. Jch werde zu dem Ende allezeit, wo es nöthig
ist, den Baß den Exempeln beyfügen.

§. 14.

Ohngeachtet die Sänger so wohl als andere Jnstru-
mentisten, wenn sie ihre Stücke gut ausüben wollen, eben so
wenig die meisten von unsern kleinen Manieren entbehren können
als die Clavieristen, so haben doch die letztern ordentlicher ver-
fahren, da sie den Manieren gewisse Kennzeichen gegeben, wodurch
die Art, ihre Stücke zu spielen, deutlich angedeutet worden ist.

§. 15.

Da man dieser löblichen Vorsicht nicht gefolget ist,
und im Gegentheil durch wenige Zeichen alles andeuten wollen,
so wird den übrigen die Lehre von den Manieren nicht nur viel

sau-
G

Von den Manieren uͤberhaupt.
ten; und indem man bey denen Stuͤcken, wo alle Manieren an-
gedeutet ſind, deswegen unbekuͤmmert ſeyn kan, ſo pflegen im Ge-
gentheil die Stuͤcke, wo wenig oder nichts dabey gezeichnet iſt,
nach der gewoͤhnlichen Art mit ihren Manieren verſehen zu werden.

§. 12.

Jndem ich mich in dieſer ſchweren Sache, noch zur
Zeit keines Vorgaͤngers, welcher mir dieſe ſchluͤpfrige Bahn ge-
brochen haͤtte, zu erinnern weiß: ſo wird mir niemand veruͤblen
koͤnnen, wenn ich glaube, daß, ohngeacht gewiſſer feſt geſetzten
Faͤlle, dennoch vielleicht eine Moͤglichkeit zur Ausnahme vorhan-
den ſeyn kan.

§. 13.

Deswegen iſt noͤthig, weil bey dieſer Materie, um
ſie mit Vernunft zu gebrauchen, viele Kleinigkeiten in acht zu
nehmen ſind, daß man, ſo viel als moͤglich, durch fleißige An-
hoͤrung guter Muſicken ſein Gehoͤr uͤbe, und vor allen Dingen,
um vieles deſto beſſer zu verſtehen, die Wiſſenſchaft des General-
Baſſes beſitze. Wir haben aus der Erfahrung, daß derjenige, wel-
cher nichts gruͤndliches von der Harmonie verſteht, allezeit bey
Anbringung der Manieren, im finſtern tappet, und den guten
Ablauf niemals ſeiner Einſicht, ſondern dem bloſſen Gluͤcke zuzu-
ſchreiben hat. Jch werde zu dem Ende allezeit, wo es noͤthig
iſt, den Baß den Exempeln beyfuͤgen.

§. 14.

Ohngeachtet die Saͤnger ſo wohl als andere Jnſtru-
mentiſten, wenn ſie ihre Stuͤcke gut ausuͤben wollen, eben ſo
wenig die meiſten von unſern kleinen Manieren entbehren koͤnnen
als die Clavieriſten, ſo haben doch die letztern ordentlicher ver-
fahren, da ſie den Manieren gewiſſe Kennzeichen gegeben, wodurch
die Art, ihre Stuͤcke zu ſpielen, deutlich angedeutet worden iſt.

§. 15.

Da man dieſer loͤblichen Vorſicht nicht gefolget iſt,
und im Gegentheil durch wenige Zeichen alles andeuten wollen,
ſo wird den uͤbrigen die Lehre von den Manieren nicht nur viel

ſau-
G
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[49/0057] Von den Manieren uͤberhaupt. ten; und indem man bey denen Stuͤcken, wo alle Manieren an- gedeutet ſind, deswegen unbekuͤmmert ſeyn kan, ſo pflegen im Ge- gentheil die Stuͤcke, wo wenig oder nichts dabey gezeichnet iſt, nach der gewoͤhnlichen Art mit ihren Manieren verſehen zu werden. §. 12. Jndem ich mich in dieſer ſchweren Sache, noch zur Zeit keines Vorgaͤngers, welcher mir dieſe ſchluͤpfrige Bahn ge- brochen haͤtte, zu erinnern weiß: ſo wird mir niemand veruͤblen koͤnnen, wenn ich glaube, daß, ohngeacht gewiſſer feſt geſetzten Faͤlle, dennoch vielleicht eine Moͤglichkeit zur Ausnahme vorhan- den ſeyn kan. §. 13. Deswegen iſt noͤthig, weil bey dieſer Materie, um ſie mit Vernunft zu gebrauchen, viele Kleinigkeiten in acht zu nehmen ſind, daß man, ſo viel als moͤglich, durch fleißige An- hoͤrung guter Muſicken ſein Gehoͤr uͤbe, und vor allen Dingen, um vieles deſto beſſer zu verſtehen, die Wiſſenſchaft des General- Baſſes beſitze. Wir haben aus der Erfahrung, daß derjenige, wel- cher nichts gruͤndliches von der Harmonie verſteht, allezeit bey Anbringung der Manieren, im finſtern tappet, und den guten Ablauf niemals ſeiner Einſicht, ſondern dem bloſſen Gluͤcke zuzu- ſchreiben hat. Jch werde zu dem Ende allezeit, wo es noͤthig iſt, den Baß den Exempeln beyfuͤgen. §. 14. Ohngeachtet die Saͤnger ſo wohl als andere Jnſtru- mentiſten, wenn ſie ihre Stuͤcke gut ausuͤben wollen, eben ſo wenig die meiſten von unſern kleinen Manieren entbehren koͤnnen als die Clavieriſten, ſo haben doch die letztern ordentlicher ver- fahren, da ſie den Manieren gewiſſe Kennzeichen gegeben, wodurch die Art, ihre Stuͤcke zu ſpielen, deutlich angedeutet worden iſt. §. 15. Da man dieſer loͤblichen Vorſicht nicht gefolget iſt, und im Gegentheil durch wenige Zeichen alles andeuten wollen, ſo wird den uͤbrigen die Lehre von den Manieren nicht nur viel ſau- G

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/57>, abgerufen am 21.11.2024.