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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Das erste Hauptstück. Von der Finger-Setzung.
die Vorzeichnung des Schlüssels habe ich hierbey jeder Hand
das ihrige angewiesen; ausserdem pflegt man auch durch hinzu-
gefügte Wörter dieses zu thun. Man findet oft dergleichen Stü-
cke, wo der Urheber davon ohne Noth dieses Ueberschlagen der
Hände haben will. Man ist alsdenn hieran nicht gebunden,
sondern ziehet den natürlichen Gebrauch der Hände dieser Gau-
ckeley vor. Dem ohngeacht ist diese Art zu spielen gar nicht
zu verwerfen, in so ferne sie unser Jnstrument noch vollkomm-
ner macht, und hierdurch gute neue Gedancken heraus gebracht
werden können. Nur müssen sie so beschaffen seyn, daß sie ohne
Ueberschlagen entweder gar nicht, oder sehr unbequem gespielt
werden können, indem der Gesang jeder Stimme bald durch heß-
liche Absätze verstümmelt, bald gar zerrissen wird. Ausserdem
ist es vergeblicher Wind, welcher blos Unverständige blenden kan;
denn ein Kenner weiß gar wohl, daß dieses Ueberschlagen allein
betrachtet ausser einer kleinen Ungewohnheit, welche bald über-
wunden ist, gar nichts schweres in sich hat, ob wir schon aus
der Erfahrung wissen, daß sehr gute und auch schwere Sachen
auf diese Art gesetzt worden sind.

§. 98.

Was wegen der Finger-Setzung bey den Manieren
zu mercken ist, wird in dem besondern Haupt-Stück von den
Manieren abgehandelt werden, weil deren Erklärung vorhero hierzu
erfordert wird. Zuweilen sind bey einigen durch kleine Nötgen
angedeuteten Manieren die Ziffern weggelassen worden, weil man
sie aus der folgenden bezifferten Haupt-Note beurtheilen kan.

§. 99.

Jm übrigen verweise ich meine Leser auf die zu-
letzt angehängte Probe-Stücke, allwo von allen in der Ap-
plicatur vorkommenden Fällen zusammen hangende Exempel an-
zutreffen sind.

Zwey-

Das erſte Hauptſtuͤck. Von der Finger-Setzung.
die Vorzeichnung des Schluͤſſels habe ich hierbey jeder Hand
das ihrige angewieſen; auſſerdem pflegt man auch durch hinzu-
gefuͤgte Woͤrter dieſes zu thun. Man findet oft dergleichen Stuͤ-
cke, wo der Urheber davon ohne Noth dieſes Ueberſchlagen der
Haͤnde haben will. Man iſt alsdenn hieran nicht gebunden,
ſondern ziehet den natuͤrlichen Gebrauch der Haͤnde dieſer Gau-
ckeley vor. Dem ohngeacht iſt dieſe Art zu ſpielen gar nicht
zu verwerfen, in ſo ferne ſie unſer Jnſtrument noch vollkomm-
ner macht, und hierdurch gute neue Gedancken heraus gebracht
werden koͤnnen. Nur muͤſſen ſie ſo beſchaffen ſeyn, daß ſie ohne
Ueberſchlagen entweder gar nicht, oder ſehr unbequem geſpielt
werden koͤnnen, indem der Geſang jeder Stimme bald durch heß-
liche Abſaͤtze verſtuͤmmelt, bald gar zerriſſen wird. Auſſerdem
iſt es vergeblicher Wind, welcher blos Unverſtaͤndige blenden kan;
denn ein Kenner weiß gar wohl, daß dieſes Ueberſchlagen allein
betrachtet auſſer einer kleinen Ungewohnheit, welche bald uͤber-
wunden iſt, gar nichts ſchweres in ſich hat, ob wir ſchon aus
der Erfahrung wiſſen, daß ſehr gute und auch ſchwere Sachen
auf dieſe Art geſetzt worden ſind.

§. 98.

Was wegen der Finger-Setzung bey den Manieren
zu mercken iſt, wird in dem beſondern Haupt-Stuͤck von den
Manieren abgehandelt werden, weil deren Erklaͤrung vorhero hierzu
erfordert wird. Zuweilen ſind bey einigen durch kleine Noͤtgen
angedeuteten Manieren die Ziffern weggelaſſen worden, weil man
ſie aus der folgenden bezifferten Haupt-Note beurtheilen kan.

§. 99.

Jm uͤbrigen verweiſe ich meine Leſer auf die zu-
letzt angehaͤngte Probe-Stuͤcke, allwo von allen in der Ap-
plicatur vorkommenden Faͤllen zuſammen hangende Exempel an-
zutreffen ſind.

Zwey-
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[44/0052] Das erſte Hauptſtuͤck. Von der Finger-Setzung. die Vorzeichnung des Schluͤſſels habe ich hierbey jeder Hand das ihrige angewieſen; auſſerdem pflegt man auch durch hinzu- gefuͤgte Woͤrter dieſes zu thun. Man findet oft dergleichen Stuͤ- cke, wo der Urheber davon ohne Noth dieſes Ueberſchlagen der Haͤnde haben will. Man iſt alsdenn hieran nicht gebunden, ſondern ziehet den natuͤrlichen Gebrauch der Haͤnde dieſer Gau- ckeley vor. Dem ohngeacht iſt dieſe Art zu ſpielen gar nicht zu verwerfen, in ſo ferne ſie unſer Jnſtrument noch vollkomm- ner macht, und hierdurch gute neue Gedancken heraus gebracht werden koͤnnen. Nur muͤſſen ſie ſo beſchaffen ſeyn, daß ſie ohne Ueberſchlagen entweder gar nicht, oder ſehr unbequem geſpielt werden koͤnnen, indem der Geſang jeder Stimme bald durch heß- liche Abſaͤtze verſtuͤmmelt, bald gar zerriſſen wird. Auſſerdem iſt es vergeblicher Wind, welcher blos Unverſtaͤndige blenden kan; denn ein Kenner weiß gar wohl, daß dieſes Ueberſchlagen allein betrachtet auſſer einer kleinen Ungewohnheit, welche bald uͤber- wunden iſt, gar nichts ſchweres in ſich hat, ob wir ſchon aus der Erfahrung wiſſen, daß ſehr gute und auch ſchwere Sachen auf dieſe Art geſetzt worden ſind. §. 98. Was wegen der Finger-Setzung bey den Manieren zu mercken iſt, wird in dem beſondern Haupt-Stuͤck von den Manieren abgehandelt werden, weil deren Erklaͤrung vorhero hierzu erfordert wird. Zuweilen ſind bey einigen durch kleine Noͤtgen angedeuteten Manieren die Ziffern weggelaſſen worden, weil man ſie aus der folgenden bezifferten Haupt-Note beurtheilen kan. §. 99. Jm uͤbrigen verweiſe ich meine Leſer auf die zu- letzt angehaͤngte Probe-Stuͤcke, allwo von allen in der Ap- plicatur vorkommenden Faͤllen zuſammen hangende Exempel an- zutreffen ſind. Zwey-

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/52>, abgerufen am 21.11.2024.