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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Einleitung.
§. 11.

Bevor wir diesen Fehlern durch gegründete Vor-
schriften abzuhelfen suchen, müssen wir noch etwas von dem Jn-
strumente sagen. Man hat ausser vielen Arten der Claviere,
welche theils wegen ihrer Mängel unbekant geblieben, theils noch
nicht überall eingeführt sind, hauptsächlich zwey Arten, nemlich
die Flügel und Clavicorde, welche bis hieher den meisten Beyfall
erhalten haben. Jene braucht man insgemein zu starcken Musicken,
diese zum allein spielen. Die neuern Forte piano, wenn sie dau-
erhaft und gut gearbeitet sind, haben viele Vorzüge, ohngeachtet
ihre Tractirung besonders und nicht ohne Schwierigkeit ausstu-
diret werden muß. Sie thun gut beym allein spielen und bey
einer nicht gar zu starck besetzten Music, ich glaube aber doch,
daß ein gutes Clavicord, ausgenommen daß es einen schwächern
Ton hat, alle Schönheiten mit jenem gemein und überdem noch
die Bebung und das Tragen der Töne voraus hat, weil ich
nach dem Anschlage noch jeder Note einen Druck geben kan.
Das Clavicord ist also das Jnstrument, worauf man einen
Clavieristen aufs genaueste zu beurtheilen fähig ist.

§. 12.

Zur Eigenschaft eines guten Clavicords gehört: daß
es ausser einem guten nachsingenden schmeichelnden Ton die gehö-
rige Anzahl Tasten habe, welche sich wenigstens von dem grossen
C bis ins [irrelevantes Material] erstrecken muß. Dieses [irrelevantes Material] ist deswegen nöthig,
damit man manchesmal andere Sachen darauf probiren könne,
indem die Componisten gern so hoch setzen, weil andere Jnstru-

men-
indem die andern wegen vieler Passagien oder Rückungen mit sich selbst genug
beschäftiget sind; besonders haben die Stimmen, welche Tempo rubato haben, hier-
durch den nöthigen, nachdrücklichen Vorschlag des Tacts. Endlich kan auf diese
Art, weil man durch das zu viele Geräusche des Flügels an der genauesten Wahr-
nehmung nicht verhindert wird, sehr leicht das Zeit-Maas, wie es oft nöthig ist,
um etwas weniges geändert werden, und die hinter, oder neben dem Flügel sich
befindenden Musici haben einen in beyden Händen gleichen, durchdringenden und
folglich den mercklichsten Schlag des Tacts vor Augen.
Einleitung.
§. 11.

Bevor wir dieſen Fehlern durch gegruͤndete Vor-
ſchriften abzuhelfen ſuchen, muͤſſen wir noch etwas von dem Jn-
ſtrumente ſagen. Man hat auſſer vielen Arten der Claviere,
welche theils wegen ihrer Maͤngel unbekant geblieben, theils noch
nicht uͤberall eingefuͤhrt ſind, hauptſaͤchlich zwey Arten, nemlich
die Fluͤgel und Clavicorde, welche bis hieher den meiſten Beyfall
erhalten haben. Jene braucht man insgemein zu ſtarcken Muſicken,
dieſe zum allein ſpielen. Die neuern Forte piano, wenn ſie dau-
erhaft und gut gearbeitet ſind, haben viele Vorzuͤge, ohngeachtet
ihre Tractirung beſonders und nicht ohne Schwierigkeit ausſtu-
diret werden muß. Sie thun gut beym allein ſpielen und bey
einer nicht gar zu ſtarck beſetzten Muſic, ich glaube aber doch,
daß ein gutes Clavicord, ausgenommen daß es einen ſchwaͤchern
Ton hat, alle Schoͤnheiten mit jenem gemein und uͤberdem noch
die Bebung und das Tragen der Toͤne voraus hat, weil ich
nach dem Anſchlage noch jeder Note einen Druck geben kan.
Das Clavicord iſt alſo das Jnſtrument, worauf man einen
Clavieriſten aufs genaueſte zu beurtheilen faͤhig iſt.

§. 12.

Zur Eigenſchaft eines guten Clavicords gehoͤrt: daß
es auſſer einem guten nachſingenden ſchmeichelnden Ton die gehoͤ-
rige Anzahl Taſten habe, welche ſich wenigſtens von dem groſſen
C bis ins [irrelevantes Material] erſtrecken muß. Dieſes [irrelevantes Material] iſt deswegen noͤthig,
damit man manchesmal andere Sachen darauf probiren koͤnne,
indem die Componiſten gern ſo hoch ſetzen, weil andere Jnſtru-

men-
indem die andern wegen vieler Paſſagien oder Ruͤckungen mit ſich ſelbſt genug
beſchaͤftiget ſind; beſonders haben die Stimmen, welche Tempo rubato haben, hier-
durch den noͤthigen, nachdruͤcklichen Vorſchlag des Tacts. Endlich kan auf dieſe
Art, weil man durch das zu viele Geraͤuſche des Fluͤgels an der genaueſten Wahr-
nehmung nicht verhindert wird, ſehr leicht das Zeit-Maas, wie es oft noͤthig iſt,
um etwas weniges geaͤndert werden, und die hinter, oder neben dem Fluͤgel ſich
befindenden Muſici haben einen in beyden Haͤnden gleichen, durchdringenden und
folglich den mercklichſten Schlag des Tacts vor Augen.
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[7/0015] Einleitung. §. 11. Bevor wir dieſen Fehlern durch gegruͤndete Vor- ſchriften abzuhelfen ſuchen, muͤſſen wir noch etwas von dem Jn- ſtrumente ſagen. Man hat auſſer vielen Arten der Claviere, welche theils wegen ihrer Maͤngel unbekant geblieben, theils noch nicht uͤberall eingefuͤhrt ſind, hauptſaͤchlich zwey Arten, nemlich die Fluͤgel und Clavicorde, welche bis hieher den meiſten Beyfall erhalten haben. Jene braucht man insgemein zu ſtarcken Muſicken, dieſe zum allein ſpielen. Die neuern Forte piano, wenn ſie dau- erhaft und gut gearbeitet ſind, haben viele Vorzuͤge, ohngeachtet ihre Tractirung beſonders und nicht ohne Schwierigkeit ausſtu- diret werden muß. Sie thun gut beym allein ſpielen und bey einer nicht gar zu ſtarck beſetzten Muſic, ich glaube aber doch, daß ein gutes Clavicord, ausgenommen daß es einen ſchwaͤchern Ton hat, alle Schoͤnheiten mit jenem gemein und uͤberdem noch die Bebung und das Tragen der Toͤne voraus hat, weil ich nach dem Anſchlage noch jeder Note einen Druck geben kan. Das Clavicord iſt alſo das Jnſtrument, worauf man einen Clavieriſten aufs genaueſte zu beurtheilen faͤhig iſt. §. 12. Zur Eigenſchaft eines guten Clavicords gehoͤrt: daß es auſſer einem guten nachſingenden ſchmeichelnden Ton die gehoͤ- rige Anzahl Taſten habe, welche ſich wenigſtens von dem groſſen C bis ins _ erſtrecken muß. Dieſes _ iſt deswegen noͤthig, damit man manchesmal andere Sachen darauf probiren koͤnne, indem die Componiſten gern ſo hoch ſetzen, weil andere Jnſtru- men- (*) (*) indem die andern wegen vieler Paſſagien oder Ruͤckungen mit ſich ſelbſt genug beſchaͤftiget ſind; beſonders haben die Stimmen, welche Tempo rubato haben, hier- durch den noͤthigen, nachdruͤcklichen Vorſchlag des Tacts. Endlich kan auf dieſe Art, weil man durch das zu viele Geraͤuſche des Fluͤgels an der genaueſten Wahr- nehmung nicht verhindert wird, ſehr leicht das Zeit-Maas, wie es oft noͤthig iſt, um etwas weniges geaͤndert werden, und die hinter, oder neben dem Fluͤgel ſich befindenden Muſici haben einen in beyden Haͤnden gleichen, durchdringenden und folglich den mercklichſten Schlag des Tacts vor Augen.

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/15>, abgerufen am 21.11.2024.