Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.Einleitung. §. 8. Nach allen diesem verliert der Clavier-Spieler diesen §. 9. An statt dieser kriegt der Schüler durch oben ange- §. 10. (*) Jch habe für nöthig gefunden denen zu Gefallen, welchen das Amt den
General-Baß zu spielen aufgetragen ist, meine Gedancken über die Art geschwinde Noten auf einem Tone mit der lincken Hand abzufertigen, bey dieser Gelegenheit zu eröfnen. Es ist dieses sonst die sicherste Gelegenheit, wodurch die besten Hände verdorben und steif werden können, indem dergleichen Noten bey unserer jetzigen Setz-Art sehr gewöhnlich sind. Es können ferner diejenigen durch diese Anmerckung sich rechtfertigen, von welchen ausdrücklich verlangt wird, alle Noten mit der lincken Hand auszudrücken. Da das Durchgehen der Noten im General-Basse überhaupt bekannt genug ist, so versteht es sich von selbst, daß die rechte Hand, in diesem Falle ebenfalls nicht alle Noten anschlägt. Die geschwinden Noten auf einem Tone, von deren Schädlichkeit ich spreche, sind die Acht-Theile in geschwinder Zeit-Maasse, und in gemäßigter die Sechszehn-Theile. Jch setze ferner zum voraus, daß aus- ser dem Claviere noch ein anderes Jnstrument den Baß mitspielt. Jst das Cla- vier alleine, so spielt man solche Noten, wie die Schwärmer, mit abgewechselten Fingern. Es wird zwar auf diese Art, durch Hinweglassung der Octave, der Baß nicht allezeit durchdringend genug seyn, man muß aber diese kleine Unvollkommen- heit andern grössern Uebeln vorziehen. Man thut also am besten, man läßt von solchen Noten nach Beschaffenheit der Zeit-Maasse und der Tact-Art, eine, drey, oder Einleitung. §. 8. Nach allen dieſem verliert der Clavier-Spieler dieſen §. 9. An ſtatt dieſer kriegt der Schuͤler durch oben ange- §. 10. (*) Jch habe fuͤr noͤthig gefunden denen zu Gefallen, welchen das Amt den
General-Baß zu ſpielen aufgetragen iſt, meine Gedancken uͤber die Art geſchwinde Noten auf einem Tone mit der lincken Hand abzufertigen, bey dieſer Gelegenheit zu eroͤfnen. Es iſt dieſes ſonſt die ſicherſte Gelegenheit, wodurch die beſten Haͤnde verdorben und ſteif werden koͤnnen, indem dergleichen Noten bey unſerer jetzigen Setz-Art ſehr gewoͤhnlich ſind. Es koͤnnen ferner diejenigen durch dieſe Anmerckung ſich rechtfertigen, von welchen ausdruͤcklich verlangt wird, alle Noten mit der lincken Hand auszudruͤcken. Da das Durchgehen der Noten im General-Baſſe uͤberhaupt bekannt genug iſt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß die rechte Hand, in dieſem Falle ebenfalls nicht alle Noten anſchlaͤgt. Die geſchwinden Noten auf einem Tone, von deren Schaͤdlichkeit ich ſpreche, ſind die Acht-Theile in geſchwinder Zeit-Maaſſe, und in gemaͤßigter die Sechszehn-Theile. Jch ſetze ferner zum voraus, daß auſ- ſer dem Claviere noch ein anderes Jnſtrument den Baß mitſpielt. Jſt das Cla- vier alleine, ſo ſpielt man ſolche Noten, wie die Schwaͤrmer, mit abgewechſelten Fingern. Es wird zwar auf dieſe Art, durch Hinweglaſſung der Octave, der Baß nicht allezeit durchdringend genug ſeyn, man muß aber dieſe kleine Unvollkommen- heit andern groͤſſern Uebeln vorziehen. Man thut alſo am beſten, man laͤßt von ſolchen Noten nach Beſchaffenheit der Zeit-Maaſſe und der Tact-Art, eine, drey, oder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0012" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Einleitung.</hi> </hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head>§. 8.</head> <p>Nach allen dieſem verliert der Clavier-Spieler dieſen<lb/> beſondern Vortheil, welchen kein anderer Muſikus hat, mit Leich-<lb/> tigkeit im Tacte feſte zu werden, und deſſen kleinſte Theilgen auf<lb/> das genaueſte zu beſtimmen, indem in eigentlichen Clavier-Sa-<lb/> chen ſo viele Ruͤckungen, kleine Pauſen und kurtze Nachſchlaͤge<lb/> vorkommen, als in keinen andern Compoſitionen. Auf unſerm<lb/> Jnſtrumente fallen dieſe ſonſt ſchwere Tact-Theilgen zu erlernen<lb/> beſonders leichte, weil eine Hand der andern zu Huͤlfe kommt;<lb/> folglich entſteht hieraus unvermerckt eine Feſtigkeit im Tacte.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. 9.</head> <p>An ſtatt dieſer kriegt der Schuͤler durch oben ange-<lb/> fuͤhrte Baͤſſe eine ſteife lincke Hand, indem kaum zu glauben<lb/> ſteht, was das geſchwinde Anſchlagen eines Tons ohne Abwech-<lb/> ſelung der Finger, den Haͤnden fuͤr Schaden thut. Mancher<lb/> hat es ſchon mit ſeinem Nachtheil durch ein vieljaͤhriges fleißiges<lb/> General-Baßſpielen, erfahren, als bey welchem oft beyde Haͤnde,<lb/> beſonders aber die lincke, ſolche geſchwinde Noten durch beſtaͤndige<lb/> Verdoppelung des Grund-Tones vorzutragen haben. <note xml:id="a001" next="#a001b" place="foot" n="(*)">Jch habe fuͤr noͤthig gefunden denen zu Gefallen, welchen das Amt den<lb/> General-Baß zu ſpielen aufgetragen iſt, meine Gedancken uͤber die Art geſchwinde<lb/> Noten auf einem Tone mit der lincken Hand abzufertigen, bey dieſer Gelegenheit<lb/> zu eroͤfnen. Es iſt dieſes ſonſt die ſicherſte Gelegenheit, wodurch die beſten Haͤnde<lb/> verdorben und ſteif werden koͤnnen, indem dergleichen Noten bey unſerer jetzigen<lb/> Setz-Art ſehr gewoͤhnlich ſind. Es koͤnnen ferner diejenigen durch dieſe Anmerckung<lb/> ſich rechtfertigen, von welchen ausdruͤcklich verlangt wird, alle Noten mit der lincken<lb/> Hand auszudruͤcken. Da das Durchgehen der Noten im General-Baſſe uͤberhaupt<lb/> bekannt genug iſt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß die rechte Hand, in dieſem<lb/> Falle ebenfalls nicht alle Noten anſchlaͤgt. Die geſchwinden Noten auf einem Tone,<lb/> von deren Schaͤdlichkeit ich ſpreche, ſind die Acht-Theile in geſchwinder Zeit-Maaſſe,<lb/> und in gemaͤßigter die Sechszehn-Theile. Jch ſetze ferner zum voraus, daß auſ-<lb/> ſer dem Claviere noch ein anderes Jnſtrument den Baß mitſpielt. Jſt das Cla-<lb/> vier alleine, ſo ſpielt man ſolche Noten, wie die Schwaͤrmer, mit abgewechſelten<lb/> Fingern. Es wird zwar auf dieſe Art, durch Hinweglaſſung der Octave, der Baß<lb/> nicht allezeit durchdringend genug ſeyn, man muß aber dieſe kleine Unvollkommen-<lb/> heit andern groͤſſern Uebeln vorziehen. Man thut alſo am beſten, man laͤßt von<lb/> ſolchen Noten nach Beſchaffenheit der Zeit-Maaſſe und der Tact-Art, eine, drey,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">oder</fw></note></p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 10.</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [4/0012]
Einleitung.
§. 8. Nach allen dieſem verliert der Clavier-Spieler dieſen
beſondern Vortheil, welchen kein anderer Muſikus hat, mit Leich-
tigkeit im Tacte feſte zu werden, und deſſen kleinſte Theilgen auf
das genaueſte zu beſtimmen, indem in eigentlichen Clavier-Sa-
chen ſo viele Ruͤckungen, kleine Pauſen und kurtze Nachſchlaͤge
vorkommen, als in keinen andern Compoſitionen. Auf unſerm
Jnſtrumente fallen dieſe ſonſt ſchwere Tact-Theilgen zu erlernen
beſonders leichte, weil eine Hand der andern zu Huͤlfe kommt;
folglich entſteht hieraus unvermerckt eine Feſtigkeit im Tacte.
§. 9. An ſtatt dieſer kriegt der Schuͤler durch oben ange-
fuͤhrte Baͤſſe eine ſteife lincke Hand, indem kaum zu glauben
ſteht, was das geſchwinde Anſchlagen eines Tons ohne Abwech-
ſelung der Finger, den Haͤnden fuͤr Schaden thut. Mancher
hat es ſchon mit ſeinem Nachtheil durch ein vieljaͤhriges fleißiges
General-Baßſpielen, erfahren, als bey welchem oft beyde Haͤnde,
beſonders aber die lincke, ſolche geſchwinde Noten durch beſtaͤndige
Verdoppelung des Grund-Tones vorzutragen haben. (*)
§. 10.
(*) Jch habe fuͤr noͤthig gefunden denen zu Gefallen, welchen das Amt den
General-Baß zu ſpielen aufgetragen iſt, meine Gedancken uͤber die Art geſchwinde
Noten auf einem Tone mit der lincken Hand abzufertigen, bey dieſer Gelegenheit
zu eroͤfnen. Es iſt dieſes ſonſt die ſicherſte Gelegenheit, wodurch die beſten Haͤnde
verdorben und ſteif werden koͤnnen, indem dergleichen Noten bey unſerer jetzigen
Setz-Art ſehr gewoͤhnlich ſind. Es koͤnnen ferner diejenigen durch dieſe Anmerckung
ſich rechtfertigen, von welchen ausdruͤcklich verlangt wird, alle Noten mit der lincken
Hand auszudruͤcken. Da das Durchgehen der Noten im General-Baſſe uͤberhaupt
bekannt genug iſt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß die rechte Hand, in dieſem
Falle ebenfalls nicht alle Noten anſchlaͤgt. Die geſchwinden Noten auf einem Tone,
von deren Schaͤdlichkeit ich ſpreche, ſind die Acht-Theile in geſchwinder Zeit-Maaſſe,
und in gemaͤßigter die Sechszehn-Theile. Jch ſetze ferner zum voraus, daß auſ-
ſer dem Claviere noch ein anderes Jnſtrument den Baß mitſpielt. Jſt das Cla-
vier alleine, ſo ſpielt man ſolche Noten, wie die Schwaͤrmer, mit abgewechſelten
Fingern. Es wird zwar auf dieſe Art, durch Hinweglaſſung der Octave, der Baß
nicht allezeit durchdringend genug ſeyn, man muß aber dieſe kleine Unvollkommen-
heit andern groͤſſern Uebeln vorziehen. Man thut alſo am beſten, man laͤßt von
ſolchen Noten nach Beſchaffenheit der Zeit-Maaſſe und der Tact-Art, eine, drey,
oder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Erstauflage dieses Teils erschien als selbstä… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |