Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

und Organisationsedicte, in Bezug auf die innern Angelegenheiten des Großherzogthums ersehen haben. Allem, was die Gegenwart zunächst bedarf, ist mit großer Sorgfalt, Einfachheit und Klarheit darin Rechnung getragen, und meine frühern Behauptungen, hinsichtlich der Absichten und der Verfahrungsweise der Regierung, erhalten dadurch volle Bestätigung. Da in allen diesen Edicten und Anordnungen nichts enthalten ist, was die Aussicht auf ein das Ganze vollendendes und schützendes Grundgesetz in näherer oder fernerer Frist den Luxenburgern raubte, so kann auch die vor einiger Zeit durch deutsche Blätter gewagte Behauptung in Bezug auf die dem Gouvernement zugeschriebenen Plane keine neuen Rechtfertigungsgründe für sich daraus gewinnen, und die dermal über die niederländische Verfassungsreform obwaltende Streitfrage lehrt gerade am deutlichsten, mit welcher Vorsicht und Reife bei Abfassung von Grundgesetzen zu Werke geschritten werden muß. So lange für das Königreich selbst diejenige Verfassung, welche man für das Großherzogthum Luxemburg reclamirt, nicht frisch geregelt ist, kann sie auch für letzteres nicht in Anspruch genommen werden; somit kann auch von einem Raube dieser Verfassung zur Stunde noch nicht die Rede seyn.

Italien.

Heute Vormittag wurde in der prachtvoll ausgeschmückten St. Peterskirche die Stuhlfeier dieses Apostels durch Gottesdienst mit Gesang celebrirt, wobei der heil. Vater in Person assistirte. Nach Beendigung der Kirchenfeier, wozu sich viele Fremden in den Dom eingefunden, empfing der Papst in seinen Gemächern mehrere Personen von Auszeichnung. - Unverbürgte Stadtgespräche sagen, daß der Cardinal Tosti gesonnen sey, sich von der Leitung der Finanzen zurückzuziehen. Als Ursache seines Rücktritts gibt man einen Sterbefall in seiner Familie an, wodurch er sehr angegriffen seyn soll. - Nachdem wir zwei Wochen hindurch heitere Wintertage hatten, wobei jedoch der Thermometer nur des Nachts unter den Gefrierpunkt sank, und am Tage gewöhnlich zwischen 8 bis 11° Wärme zeigte, genießen wir seit gestern wieder ganz warme Frühlingsluft, bei hellem Sonnenschein. Wir zählen übrigens viele Kranke.

Das früher bestimmt gewesene Consistorium, welches noch vor dem 2 Febr., dem Jahrestag der Thronbesteigung des gegenwärtigen Papstes, zusammenberufen werden sollte, ist verschoben worden. - Der Herzog von Bordeaux wird hier morgen oder übermorgen, von Neapel kommend, zurück erwartet; ein Theil seines Gefolges ist bereits heute von dort eingetroffen, und man sagt, der junge Fürst werde sich in der ersten Woche des nächsten Monats von hier nach Oesterreich zurückbegeben. - Aus Orvieto wird ein bedeutender Kirchenraub berichtet, welcher durch nächtlichen Einbruch in dem dortigen weltberühmten Dom vollbracht wurde. Aus zwei verschlossenen Capellen hat man zwanzig silberne Lampen entwendet, worunter sich zwei befanden, die je ein Gewicht von 55 Pfund Silber hatten. Die Diebe scheinen bei dem Raub verscheucht worden zu seyn, indem sie bei einem Gnadenbild schon das davor befindliche Glas zerbrochen hatten, aber den sehr reichen Schmuck desselben unberührt ließen. Der Polizei ist es bis jetzt nicht gelungen, die Frevler zu entdecken. - Die letzten Verhaftungen haben der Polizei so vielfachen Aufschluß über Verbrechen gegeben, daß in Folge derselben bis gestern bereits über 300 Individuen, alle zu der niedern Classe der Bevölkerung gehörig, eingefangen wurden. - Heute starb hier die Fürstin Victorie Altieri, Tochter des Fürsten Piombino, im vierzigsten Lebensjahr. Sie wird allgemein betrauert, vor Allem von den Armen, welchen sie eine wahre Wohlthäterin war.

Schweiz.

Die Schweiz hat ein neues Amts- und Verwaltungsjahr angetreten; die Sünden und die Verdienste des verflossenen gedenke ich nicht in Erinnerung zu bringen. Zürich steht im zweiten Jahre seines dießmaligen Directoriums, Konrad v. Muralt an der Spitze der Geschäfte, ein höchst achtbarer Mann, und durchaus geeignet, in eidgenössischen Verhältnissen den Ehrensitz einzunehmen. Nach seiner politischen Farbe frage ich bei diesem Urtheil nicht, und sie wäre auch schwer mit Genauigkeit zu bestimmen. Nach meiner Ansicht hat er in seiner politischen Laufbahn nur zwei Hauptfehler begangen: den ersten, als er im Jahr 1832 ungewisser Zerwürfnisse willen die Dimission nahm; den zweiten, als er im Jahr 1839 bei Wiederannahme der Bürgermeisterstelle unterließ, den Mitbürgern zu Stadt und Land eine verdiente Lection über bürgerliche Rechte und Pflichten und über die wahren Grundpfeiler republicanischer Staaten zu geben.

Den neuesten Anzeichen zufolge wird die Directorialregierung ernste Parteireibungen in der Schweiz zu vermeiden oder zu mildern trachten, und auf diesem Gebiete der Politik mancherlei Unterstützung erhalten. In diesem Sinne hat sie neuerlich in den Angelegenheiten von Wallis gehandelt. Sie verhieß, die im einen Landestheile sehr mißfälligen Vermittler zurückzuziehen, und hat diesen Beschluß nun auch theilweise ausgeführt; bereits sind zwei derselben in ihre Heimathskantone zurückgekehrt, und nur einer weilt noch im obern Lande, bis der Finalrapport erstattet seyn wird. Man überläßt alsdann der Sorge der Walliser selbst, was eidgenössischer Intervention nicht gelang, und wenn sich die getrennten Brüder nicht vereinigen können, so wird im kommenden Julius die Tagsatzung abermals zum Entscheid auf dem Wege weiterer Intervention berufen werden. Unterdessen ist der Kanton so ruhig, als es die gestörten politischen Verbindungen nur immer gestatten.

Im Kanton Tessin ging die Reorganisation ihren raschen doch sichern Schritt. Bereits zweimal war der große Rath seit den Revolutionstagen versammelt; in der ersten Session bestellte er die neuen Behörden, in der zweiten bahnte er wichtige Administrativreformen an, die ihm zur Ehre gereichen. So hat er unter andern den verderblichen und mit den größten Mißbräuchen begleiteten Zollpacht aufgehoben. Franscini steht an der Spitze der Regierung, Oberst Luvini wird den Kanton an der Tagsatzung repräsentiren. Einige Zeit fand sich der Kanton in Verlegenheit wegen unterbrochener Communication mit den sardinischen und lombardischen Staaten. Da jedoch unterdessen (am 10 d. M.) der Vorort die eigenen diplomatischen Verbindungen mit der neuen Regierung angeknüpft hat, so werden die äußern Hemmnisse allgemach fallen oder sind bereits schon gehoben. Man ist in der übrigen Schweiz dieses Ausganges froh, so sehr auch die transalpinische Revolution gleich der cisalpinischen mißbilligt werden mußte. Aus der Anklagacte gegen die ehemaligen Häupter wird Wichtiges nicht werden, da die Hauptpersonen der neuen Verwaltung ernsthaft zur Nachsicht rathen.

In Bern waltete und waltet noch der Streit über Begnadigung der in den bekannten Reactionsproceß Implicirten. Sie ist inzwischen durch die neueste Schlußnahme der Regierung als entschieden zu betrachten, da sie dem großen Rathe die Nichtvollziehung der Urtheile vorschlägt, und bloß auf Erstattung der ausgesprochenen Procedurkosten abstellt. Die Mehrheit in der Schweiz wird auch dieser Verfügung beipflichten.

und Organisationsedicte, in Bezug auf die innern Angelegenheiten des Großherzogthums ersehen haben. Allem, was die Gegenwart zunächst bedarf, ist mit großer Sorgfalt, Einfachheit und Klarheit darin Rechnung getragen, und meine frühern Behauptungen, hinsichtlich der Absichten und der Verfahrungsweise der Regierung, erhalten dadurch volle Bestätigung. Da in allen diesen Edicten und Anordnungen nichts enthalten ist, was die Aussicht auf ein das Ganze vollendendes und schützendes Grundgesetz in näherer oder fernerer Frist den Luxenburgern raubte, so kann auch die vor einiger Zeit durch deutsche Blätter gewagte Behauptung in Bezug auf die dem Gouvernement zugeschriebenen Plane keine neuen Rechtfertigungsgründe für sich daraus gewinnen, und die dermal über die niederländische Verfassungsreform obwaltende Streitfrage lehrt gerade am deutlichsten, mit welcher Vorsicht und Reife bei Abfassung von Grundgesetzen zu Werke geschritten werden muß. So lange für das Königreich selbst diejenige Verfassung, welche man für das Großherzogthum Luxemburg reclamirt, nicht frisch geregelt ist, kann sie auch für letzteres nicht in Anspruch genommen werden; somit kann auch von einem Raube dieser Verfassung zur Stunde noch nicht die Rede seyn.

Italien.

Heute Vormittag wurde in der prachtvoll ausgeschmückten St. Peterskirche die Stuhlfeier dieses Apostels durch Gottesdienst mit Gesang celebrirt, wobei der heil. Vater in Person assistirte. Nach Beendigung der Kirchenfeier, wozu sich viele Fremden in den Dom eingefunden, empfing der Papst in seinen Gemächern mehrere Personen von Auszeichnung. – Unverbürgte Stadtgespräche sagen, daß der Cardinal Tosti gesonnen sey, sich von der Leitung der Finanzen zurückzuziehen. Als Ursache seines Rücktritts gibt man einen Sterbefall in seiner Familie an, wodurch er sehr angegriffen seyn soll. – Nachdem wir zwei Wochen hindurch heitere Wintertage hatten, wobei jedoch der Thermometer nur des Nachts unter den Gefrierpunkt sank, und am Tage gewöhnlich zwischen 8 bis 11° Wärme zeigte, genießen wir seit gestern wieder ganz warme Frühlingsluft, bei hellem Sonnenschein. Wir zählen übrigens viele Kranke.

Das früher bestimmt gewesene Consistorium, welches noch vor dem 2 Febr., dem Jahrestag der Thronbesteigung des gegenwärtigen Papstes, zusammenberufen werden sollte, ist verschoben worden. – Der Herzog von Bordeaux wird hier morgen oder übermorgen, von Neapel kommend, zurück erwartet; ein Theil seines Gefolges ist bereits heute von dort eingetroffen, und man sagt, der junge Fürst werde sich in der ersten Woche des nächsten Monats von hier nach Oesterreich zurückbegeben. – Aus Orvieto wird ein bedeutender Kirchenraub berichtet, welcher durch nächtlichen Einbruch in dem dortigen weltberühmten Dom vollbracht wurde. Aus zwei verschlossenen Capellen hat man zwanzig silberne Lampen entwendet, worunter sich zwei befanden, die je ein Gewicht von 55 Pfund Silber hatten. Die Diebe scheinen bei dem Raub verscheucht worden zu seyn, indem sie bei einem Gnadenbild schon das davor befindliche Glas zerbrochen hatten, aber den sehr reichen Schmuck desselben unberührt ließen. Der Polizei ist es bis jetzt nicht gelungen, die Frevler zu entdecken. – Die letzten Verhaftungen haben der Polizei so vielfachen Aufschluß über Verbrechen gegeben, daß in Folge derselben bis gestern bereits über 300 Individuen, alle zu der niedern Classe der Bevölkerung gehörig, eingefangen wurden. – Heute starb hier die Fürstin Victorie Altieri, Tochter des Fürsten Piombino, im vierzigsten Lebensjahr. Sie wird allgemein betrauert, vor Allem von den Armen, welchen sie eine wahre Wohlthäterin war.

Schweiz.

Die Schweiz hat ein neues Amts- und Verwaltungsjahr angetreten; die Sünden und die Verdienste des verflossenen gedenke ich nicht in Erinnerung zu bringen. Zürich steht im zweiten Jahre seines dießmaligen Directoriums, Konrad v. Muralt an der Spitze der Geschäfte, ein höchst achtbarer Mann, und durchaus geeignet, in eidgenössischen Verhältnissen den Ehrensitz einzunehmen. Nach seiner politischen Farbe frage ich bei diesem Urtheil nicht, und sie wäre auch schwer mit Genauigkeit zu bestimmen. Nach meiner Ansicht hat er in seiner politischen Laufbahn nur zwei Hauptfehler begangen: den ersten, als er im Jahr 1832 ungewisser Zerwürfnisse willen die Dimission nahm; den zweiten, als er im Jahr 1839 bei Wiederannahme der Bürgermeisterstelle unterließ, den Mitbürgern zu Stadt und Land eine verdiente Lection über bürgerliche Rechte und Pflichten und über die wahren Grundpfeiler republicanischer Staaten zu geben.

Den neuesten Anzeichen zufolge wird die Directorialregierung ernste Parteireibungen in der Schweiz zu vermeiden oder zu mildern trachten, und auf diesem Gebiete der Politik mancherlei Unterstützung erhalten. In diesem Sinne hat sie neuerlich in den Angelegenheiten von Wallis gehandelt. Sie verhieß, die im einen Landestheile sehr mißfälligen Vermittler zurückzuziehen, und hat diesen Beschluß nun auch theilweise ausgeführt; bereits sind zwei derselben in ihre Heimathskantone zurückgekehrt, und nur einer weilt noch im obern Lande, bis der Finalrapport erstattet seyn wird. Man überläßt alsdann der Sorge der Walliser selbst, was eidgenössischer Intervention nicht gelang, und wenn sich die getrennten Brüder nicht vereinigen können, so wird im kommenden Julius die Tagsatzung abermals zum Entscheid auf dem Wege weiterer Intervention berufen werden. Unterdessen ist der Kanton so ruhig, als es die gestörten politischen Verbindungen nur immer gestatten.

Im Kanton Tessin ging die Reorganisation ihren raschen doch sichern Schritt. Bereits zweimal war der große Rath seit den Revolutionstagen versammelt; in der ersten Session bestellte er die neuen Behörden, in der zweiten bahnte er wichtige Administrativreformen an, die ihm zur Ehre gereichen. So hat er unter andern den verderblichen und mit den größten Mißbräuchen begleiteten Zollpacht aufgehoben. Franscini steht an der Spitze der Regierung, Oberst Luvini wird den Kanton an der Tagsatzung repräsentiren. Einige Zeit fand sich der Kanton in Verlegenheit wegen unterbrochener Communication mit den sardinischen und lombardischen Staaten. Da jedoch unterdessen (am 10 d. M.) der Vorort die eigenen diplomatischen Verbindungen mit der neuen Regierung angeknüpft hat, so werden die äußern Hemmnisse allgemach fallen oder sind bereits schon gehoben. Man ist in der übrigen Schweiz dieses Ausganges froh, so sehr auch die transalpinische Revolution gleich der cisalpinischen mißbilligt werden mußte. Aus der Anklagacte gegen die ehemaligen Häupter wird Wichtiges nicht werden, da die Hauptpersonen der neuen Verwaltung ernsthaft zur Nachsicht rathen.

In Bern waltete und waltet noch der Streit über Begnadigung der in den bekannten Reactionsproceß Implicirten. Sie ist inzwischen durch die neueste Schlußnahme der Regierung als entschieden zu betrachten, da sie dem großen Rathe die Nichtvollziehung der Urtheile vorschlägt, und bloß auf Erstattung der ausgesprochenen Procedurkosten abstellt. Die Mehrheit in der Schweiz wird auch dieser Verfügung beipflichten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0005" n="0269"/>
und Organisationsedicte, in Bezug auf die innern Angelegenheiten des Großherzogthums ersehen haben. Allem, was die Gegenwart zunächst bedarf, ist mit großer Sorgfalt, Einfachheit und Klarheit darin Rechnung getragen, und meine frühern Behauptungen, hinsichtlich der Absichten und der Verfahrungsweise der Regierung, erhalten dadurch volle Bestätigung. Da in allen diesen Edicten und Anordnungen nichts enthalten ist, was die Aussicht auf ein das Ganze vollendendes und schützendes Grundgesetz in näherer oder fernerer Frist den Luxenburgern raubte, so kann auch die vor einiger Zeit durch deutsche Blätter gewagte Behauptung in Bezug auf die dem Gouvernement zugeschriebenen Plane keine neuen Rechtfertigungsgründe für sich daraus gewinnen, und die dermal über die niederländische Verfassungsreform obwaltende Streitfrage lehrt gerade am deutlichsten, mit welcher Vorsicht und Reife bei Abfassung von Grundgesetzen zu Werke geschritten werden muß. So lange für das Königreich selbst diejenige Verfassung, welche man für das Großherzogthum Luxemburg reclamirt, nicht frisch geregelt ist, kann sie auch für letzteres nicht in Anspruch genommen werden; somit kann auch von einem Raube dieser Verfassung zur Stunde noch nicht die Rede seyn.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Rom,</hi> 18 Jan.</dateline>
          <p> Heute Vormittag wurde in der prachtvoll ausgeschmückten St. Peterskirche die Stuhlfeier dieses Apostels durch Gottesdienst mit Gesang celebrirt, wobei der heil. Vater in Person assistirte. Nach Beendigung der Kirchenfeier, wozu sich viele Fremden in den Dom eingefunden, empfing der Papst in seinen Gemächern mehrere Personen von Auszeichnung. &#x2013; Unverbürgte Stadtgespräche sagen, daß der Cardinal Tosti gesonnen sey, sich von der Leitung der Finanzen zurückzuziehen. Als Ursache seines Rücktritts gibt man einen Sterbefall in seiner Familie an, wodurch er sehr angegriffen seyn soll. &#x2013; Nachdem wir zwei Wochen hindurch heitere Wintertage hatten, wobei jedoch der Thermometer nur des Nachts unter den Gefrierpunkt sank, und am Tage gewöhnlich zwischen 8 bis 11° Wärme zeigte, genießen wir seit gestern wieder ganz warme Frühlingsluft, bei hellem Sonnenschein. Wir zählen übrigens viele Kranke.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Rom,</hi> 25 Jan.</dateline>
          <p> Das früher bestimmt gewesene Consistorium, welches noch vor dem 2 Febr., dem Jahrestag der Thronbesteigung des gegenwärtigen Papstes, zusammenberufen werden sollte, ist verschoben worden. &#x2013; Der Herzog von Bordeaux wird hier morgen oder übermorgen, von Neapel kommend, zurück erwartet; ein Theil seines Gefolges ist bereits heute von dort eingetroffen, und <hi rendition="#g">man sagt</hi>, der junge Fürst werde sich in der ersten Woche des nächsten Monats von hier nach Oesterreich zurückbegeben. &#x2013; Aus Orvieto wird ein bedeutender Kirchenraub berichtet, welcher durch nächtlichen Einbruch in dem dortigen weltberühmten Dom vollbracht wurde. Aus zwei verschlossenen Capellen hat man zwanzig silberne Lampen entwendet, worunter sich zwei befanden, die je ein Gewicht von 55 Pfund Silber hatten. Die Diebe scheinen bei dem Raub verscheucht worden zu seyn, indem sie bei einem Gnadenbild schon das davor befindliche Glas zerbrochen hatten, aber den sehr reichen Schmuck desselben unberührt ließen. Der Polizei ist es bis jetzt nicht gelungen, die Frevler zu entdecken. &#x2013; Die letzten Verhaftungen haben der Polizei so vielfachen Aufschluß über Verbrechen gegeben, daß in Folge derselben bis gestern bereits über 300 Individuen, alle zu der niedern Classe der Bevölkerung gehörig, eingefangen wurden. &#x2013; Heute starb hier die Fürstin Victorie Altieri, Tochter des Fürsten Piombino, im vierzigsten Lebensjahr. Sie wird allgemein betrauert, vor Allem von den Armen, welchen sie eine wahre Wohlthäterin war.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Schweiz.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">St. Gallen,</hi> 26 Jan.</dateline>
          <p> Die Schweiz hat ein neues Amts- und Verwaltungsjahr angetreten; die Sünden und die Verdienste des verflossenen gedenke ich nicht in Erinnerung zu bringen. <hi rendition="#g">Zürich</hi> steht im zweiten Jahre seines dießmaligen Directoriums, Konrad v. Muralt an der Spitze der Geschäfte, ein höchst achtbarer Mann, und durchaus geeignet, in eidgenössischen Verhältnissen den Ehrensitz einzunehmen. Nach seiner politischen Farbe frage ich bei diesem Urtheil nicht, und sie wäre auch schwer mit Genauigkeit zu bestimmen. Nach meiner Ansicht hat er in seiner politischen Laufbahn nur zwei Hauptfehler begangen: den ersten, als er im Jahr 1832 ungewisser Zerwürfnisse willen die Dimission nahm; den zweiten, als er im Jahr 1839 bei Wiederannahme der Bürgermeisterstelle unterließ, den Mitbürgern zu Stadt und Land eine verdiente Lection über bürgerliche Rechte und Pflichten und über die wahren Grundpfeiler republicanischer Staaten zu geben.</p><lb/>
          <p>Den neuesten Anzeichen zufolge wird die Directorialregierung ernste Parteireibungen in der Schweiz zu vermeiden oder zu mildern trachten, und auf diesem Gebiete der Politik mancherlei Unterstützung erhalten. In diesem Sinne hat sie neuerlich in den Angelegenheiten von <hi rendition="#g">Wallis</hi> gehandelt. Sie verhieß, die im einen Landestheile sehr mißfälligen Vermittler zurückzuziehen, und hat diesen Beschluß nun auch theilweise ausgeführt; bereits sind zwei derselben in ihre Heimathskantone zurückgekehrt, und nur einer weilt noch im obern Lande, bis der Finalrapport erstattet seyn wird. Man überläßt alsdann der Sorge der Walliser selbst, was eidgenössischer Intervention nicht gelang, und wenn sich die getrennten Brüder nicht vereinigen können, so wird im kommenden Julius die Tagsatzung abermals zum Entscheid auf dem Wege weiterer Intervention berufen werden. Unterdessen ist der Kanton so ruhig, als es die gestörten politischen Verbindungen nur immer gestatten.</p><lb/>
          <p>Im Kanton <hi rendition="#g">Tessin</hi> ging die Reorganisation ihren raschen doch sichern Schritt. Bereits zweimal war der große Rath seit den Revolutionstagen versammelt; in der ersten Session bestellte er die neuen Behörden, in der zweiten bahnte er wichtige Administrativreformen an, die ihm zur Ehre gereichen. So hat er unter andern den verderblichen und mit den größten Mißbräuchen begleiteten Zollpacht aufgehoben. Franscini steht an der Spitze der Regierung, Oberst Luvini wird den Kanton an der Tagsatzung repräsentiren. Einige Zeit fand sich der Kanton in Verlegenheit wegen unterbrochener Communication mit den sardinischen und lombardischen Staaten. Da jedoch unterdessen (am 10 d. M.) der Vorort die eigenen diplomatischen Verbindungen mit der neuen Regierung angeknüpft hat, so werden die äußern Hemmnisse allgemach fallen oder sind bereits schon gehoben. Man ist in der übrigen Schweiz dieses Ausganges froh, so sehr auch die transalpinische Revolution gleich der cisalpinischen mißbilligt werden mußte. Aus der Anklagacte gegen die ehemaligen Häupter wird Wichtiges nicht werden, da die Hauptpersonen der neuen Verwaltung ernsthaft zur Nachsicht rathen.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Bern</hi> waltete und waltet noch der Streit über Begnadigung der in den bekannten Reactionsproceß Implicirten. Sie ist inzwischen durch die neueste Schlußnahme der Regierung als entschieden zu betrachten, da sie dem großen Rathe die Nichtvollziehung der Urtheile vorschlägt, und bloß auf Erstattung der ausgesprochenen Procedurkosten abstellt. Die Mehrheit in der Schweiz wird auch dieser Verfügung beipflichten.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0269/0005] und Organisationsedicte, in Bezug auf die innern Angelegenheiten des Großherzogthums ersehen haben. Allem, was die Gegenwart zunächst bedarf, ist mit großer Sorgfalt, Einfachheit und Klarheit darin Rechnung getragen, und meine frühern Behauptungen, hinsichtlich der Absichten und der Verfahrungsweise der Regierung, erhalten dadurch volle Bestätigung. Da in allen diesen Edicten und Anordnungen nichts enthalten ist, was die Aussicht auf ein das Ganze vollendendes und schützendes Grundgesetz in näherer oder fernerer Frist den Luxenburgern raubte, so kann auch die vor einiger Zeit durch deutsche Blätter gewagte Behauptung in Bezug auf die dem Gouvernement zugeschriebenen Plane keine neuen Rechtfertigungsgründe für sich daraus gewinnen, und die dermal über die niederländische Verfassungsreform obwaltende Streitfrage lehrt gerade am deutlichsten, mit welcher Vorsicht und Reife bei Abfassung von Grundgesetzen zu Werke geschritten werden muß. So lange für das Königreich selbst diejenige Verfassung, welche man für das Großherzogthum Luxemburg reclamirt, nicht frisch geregelt ist, kann sie auch für letzteres nicht in Anspruch genommen werden; somit kann auch von einem Raube dieser Verfassung zur Stunde noch nicht die Rede seyn. Italien. _ Rom, 18 Jan. Heute Vormittag wurde in der prachtvoll ausgeschmückten St. Peterskirche die Stuhlfeier dieses Apostels durch Gottesdienst mit Gesang celebrirt, wobei der heil. Vater in Person assistirte. Nach Beendigung der Kirchenfeier, wozu sich viele Fremden in den Dom eingefunden, empfing der Papst in seinen Gemächern mehrere Personen von Auszeichnung. – Unverbürgte Stadtgespräche sagen, daß der Cardinal Tosti gesonnen sey, sich von der Leitung der Finanzen zurückzuziehen. Als Ursache seines Rücktritts gibt man einen Sterbefall in seiner Familie an, wodurch er sehr angegriffen seyn soll. – Nachdem wir zwei Wochen hindurch heitere Wintertage hatten, wobei jedoch der Thermometer nur des Nachts unter den Gefrierpunkt sank, und am Tage gewöhnlich zwischen 8 bis 11° Wärme zeigte, genießen wir seit gestern wieder ganz warme Frühlingsluft, bei hellem Sonnenschein. Wir zählen übrigens viele Kranke. _ Rom, 25 Jan. Das früher bestimmt gewesene Consistorium, welches noch vor dem 2 Febr., dem Jahrestag der Thronbesteigung des gegenwärtigen Papstes, zusammenberufen werden sollte, ist verschoben worden. – Der Herzog von Bordeaux wird hier morgen oder übermorgen, von Neapel kommend, zurück erwartet; ein Theil seines Gefolges ist bereits heute von dort eingetroffen, und man sagt, der junge Fürst werde sich in der ersten Woche des nächsten Monats von hier nach Oesterreich zurückbegeben. – Aus Orvieto wird ein bedeutender Kirchenraub berichtet, welcher durch nächtlichen Einbruch in dem dortigen weltberühmten Dom vollbracht wurde. Aus zwei verschlossenen Capellen hat man zwanzig silberne Lampen entwendet, worunter sich zwei befanden, die je ein Gewicht von 55 Pfund Silber hatten. Die Diebe scheinen bei dem Raub verscheucht worden zu seyn, indem sie bei einem Gnadenbild schon das davor befindliche Glas zerbrochen hatten, aber den sehr reichen Schmuck desselben unberührt ließen. Der Polizei ist es bis jetzt nicht gelungen, die Frevler zu entdecken. – Die letzten Verhaftungen haben der Polizei so vielfachen Aufschluß über Verbrechen gegeben, daß in Folge derselben bis gestern bereits über 300 Individuen, alle zu der niedern Classe der Bevölkerung gehörig, eingefangen wurden. – Heute starb hier die Fürstin Victorie Altieri, Tochter des Fürsten Piombino, im vierzigsten Lebensjahr. Sie wird allgemein betrauert, vor Allem von den Armen, welchen sie eine wahre Wohlthäterin war. Schweiz. _ St. Gallen, 26 Jan. Die Schweiz hat ein neues Amts- und Verwaltungsjahr angetreten; die Sünden und die Verdienste des verflossenen gedenke ich nicht in Erinnerung zu bringen. Zürich steht im zweiten Jahre seines dießmaligen Directoriums, Konrad v. Muralt an der Spitze der Geschäfte, ein höchst achtbarer Mann, und durchaus geeignet, in eidgenössischen Verhältnissen den Ehrensitz einzunehmen. Nach seiner politischen Farbe frage ich bei diesem Urtheil nicht, und sie wäre auch schwer mit Genauigkeit zu bestimmen. Nach meiner Ansicht hat er in seiner politischen Laufbahn nur zwei Hauptfehler begangen: den ersten, als er im Jahr 1832 ungewisser Zerwürfnisse willen die Dimission nahm; den zweiten, als er im Jahr 1839 bei Wiederannahme der Bürgermeisterstelle unterließ, den Mitbürgern zu Stadt und Land eine verdiente Lection über bürgerliche Rechte und Pflichten und über die wahren Grundpfeiler republicanischer Staaten zu geben. Den neuesten Anzeichen zufolge wird die Directorialregierung ernste Parteireibungen in der Schweiz zu vermeiden oder zu mildern trachten, und auf diesem Gebiete der Politik mancherlei Unterstützung erhalten. In diesem Sinne hat sie neuerlich in den Angelegenheiten von Wallis gehandelt. Sie verhieß, die im einen Landestheile sehr mißfälligen Vermittler zurückzuziehen, und hat diesen Beschluß nun auch theilweise ausgeführt; bereits sind zwei derselben in ihre Heimathskantone zurückgekehrt, und nur einer weilt noch im obern Lande, bis der Finalrapport erstattet seyn wird. Man überläßt alsdann der Sorge der Walliser selbst, was eidgenössischer Intervention nicht gelang, und wenn sich die getrennten Brüder nicht vereinigen können, so wird im kommenden Julius die Tagsatzung abermals zum Entscheid auf dem Wege weiterer Intervention berufen werden. Unterdessen ist der Kanton so ruhig, als es die gestörten politischen Verbindungen nur immer gestatten. Im Kanton Tessin ging die Reorganisation ihren raschen doch sichern Schritt. Bereits zweimal war der große Rath seit den Revolutionstagen versammelt; in der ersten Session bestellte er die neuen Behörden, in der zweiten bahnte er wichtige Administrativreformen an, die ihm zur Ehre gereichen. So hat er unter andern den verderblichen und mit den größten Mißbräuchen begleiteten Zollpacht aufgehoben. Franscini steht an der Spitze der Regierung, Oberst Luvini wird den Kanton an der Tagsatzung repräsentiren. Einige Zeit fand sich der Kanton in Verlegenheit wegen unterbrochener Communication mit den sardinischen und lombardischen Staaten. Da jedoch unterdessen (am 10 d. M.) der Vorort die eigenen diplomatischen Verbindungen mit der neuen Regierung angeknüpft hat, so werden die äußern Hemmnisse allgemach fallen oder sind bereits schon gehoben. Man ist in der übrigen Schweiz dieses Ausganges froh, so sehr auch die transalpinische Revolution gleich der cisalpinischen mißbilligt werden mußte. Aus der Anklagacte gegen die ehemaligen Häupter wird Wichtiges nicht werden, da die Hauptpersonen der neuen Verwaltung ernsthaft zur Nachsicht rathen. In Bern waltete und waltet noch der Streit über Begnadigung der in den bekannten Reactionsproceß Implicirten. Sie ist inzwischen durch die neueste Schlußnahme der Regierung als entschieden zu betrachten, da sie dem großen Rathe die Nichtvollziehung der Urtheile vorschlägt, und bloß auf Erstattung der ausgesprochenen Procedurkosten abstellt. Die Mehrheit in der Schweiz wird auch dieser Verfügung beipflichten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203/5
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840, S. 0269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203/5>, abgerufen am 26.04.2024.