Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite
Zehntes Kapitel.

Eine feste Friedsamkeit lag in dem Wesen Diethelm's, als er am andern Morgen in seinen berühmten grünen Saffianpantoffeln im sonnigen Hofraum umherspazierte. Die Nacht, vor der es ihm so seltsam bange war, ist glücklich vorüber, und so wird auch alles Sorgen und Zagen ein heiteres Ende nehmen, es gilt nur ruhig stillhalten und die günstige Gelegenheit erfassen. Ein bedeutungsvolles Anzeichen kündigte sich eben jetzt an. Der Metzger, mit dem Diethelm vorgestern nicht handelseins werden konnte, kam gerade den Hügel heran, hatte allerlei Ausreden, wie er zufällig daher komme, und begann nochmals einen geringen Kaufpreis anzubieten, aber Diethelm war klug genug, die Kauflust des Metzgers zu ersehen, und sagte stolz und fest: wenn nichts mehr geredet werde, halte er sein Wort, und bleibe es bei dem auf dem Markte Besprochenen, wo nicht, wenn er nicht, bevor die Heerde den Berg hinab ist, in die Hand einschlage, verlange er für jeden Hammel einen Gulden mehr. Der Metzger schlug ein, und Diethelm hatte schon am frühen Morgen dreihundert Hämmel verkauft und dabei eine namhafte Summe gewonnen. Diethelm ging mit dem Metzger ins Feld und übergab ihm die gesondert gehaltene Heerde, die sogleich nach der Hauptstadt getrieben wurde, und eben als er noch im Wirthshaus saß und dort die baare Bezahlung empfing, kam ein Wagen angefahren, und in die Stube trat bald darauf der Kaufmann Gäbler mit noch zwei Männern, die Diethelm als die Oberfeuerschau vorgestellt wurden. Diethelm war sichtlich betroffen, aber schnell sagte er mit Entschiedenheit: daß er es mit dem Versichern nicht so ernst gemeint habe, sein Haus läge so einödig, und er könne schon selber jede Feuersgefahr abwenden und sei überhaupt entschlossen, die erworbenen Vorräthe bald wieder loszuschlagen. Der Kaufmann Gäbler widersprach heftig, und die Feuer-

Zehntes Kapitel.

Eine feste Friedsamkeit lag in dem Wesen Diethelm's, als er am andern Morgen in seinen berühmten grünen Saffianpantoffeln im sonnigen Hofraum umherspazierte. Die Nacht, vor der es ihm so seltsam bange war, ist glücklich vorüber, und so wird auch alles Sorgen und Zagen ein heiteres Ende nehmen, es gilt nur ruhig stillhalten und die günstige Gelegenheit erfassen. Ein bedeutungsvolles Anzeichen kündigte sich eben jetzt an. Der Metzger, mit dem Diethelm vorgestern nicht handelseins werden konnte, kam gerade den Hügel heran, hatte allerlei Ausreden, wie er zufällig daher komme, und begann nochmals einen geringen Kaufpreis anzubieten, aber Diethelm war klug genug, die Kauflust des Metzgers zu ersehen, und sagte stolz und fest: wenn nichts mehr geredet werde, halte er sein Wort, und bleibe es bei dem auf dem Markte Besprochenen, wo nicht, wenn er nicht, bevor die Heerde den Berg hinab ist, in die Hand einschlage, verlange er für jeden Hammel einen Gulden mehr. Der Metzger schlug ein, und Diethelm hatte schon am frühen Morgen dreihundert Hämmel verkauft und dabei eine namhafte Summe gewonnen. Diethelm ging mit dem Metzger ins Feld und übergab ihm die gesondert gehaltene Heerde, die sogleich nach der Hauptstadt getrieben wurde, und eben als er noch im Wirthshaus saß und dort die baare Bezahlung empfing, kam ein Wagen angefahren, und in die Stube trat bald darauf der Kaufmann Gäbler mit noch zwei Männern, die Diethelm als die Oberfeuerschau vorgestellt wurden. Diethelm war sichtlich betroffen, aber schnell sagte er mit Entschiedenheit: daß er es mit dem Versichern nicht so ernst gemeint habe, sein Haus läge so einödig, und er könne schon selber jede Feuersgefahr abwenden und sei überhaupt entschlossen, die erworbenen Vorräthe bald wieder loszuschlagen. Der Kaufmann Gäbler widersprach heftig, und die Feuer-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="9">
        <pb facs="#f0064"/>
      </div>
      <div type="chapter" n="10">
        <head>Zehntes Kapitel.</head><lb/>
        <p>Eine feste Friedsamkeit lag in dem Wesen Diethelm's, als er am andern Morgen in                seinen berühmten grünen Saffianpantoffeln im sonnigen Hofraum umherspazierte. Die                Nacht, vor der es ihm so seltsam bange war, ist glücklich vorüber, und so wird auch                alles Sorgen und Zagen ein heiteres Ende nehmen, es gilt nur ruhig stillhalten und                die günstige Gelegenheit erfassen. Ein bedeutungsvolles Anzeichen kündigte sich eben                jetzt an. Der Metzger, mit dem Diethelm vorgestern nicht handelseins werden konnte,                kam gerade den Hügel heran, hatte allerlei Ausreden, wie er zufällig daher komme, und                begann nochmals einen geringen Kaufpreis anzubieten, aber Diethelm war klug genug,                die Kauflust des Metzgers zu ersehen, und sagte stolz und fest: wenn nichts mehr                geredet werde, halte er sein Wort, und bleibe es bei dem auf dem Markte Besprochenen,                wo nicht, wenn er nicht, bevor die Heerde den Berg hinab ist, in die Hand einschlage,                verlange er für jeden Hammel einen Gulden mehr. Der Metzger schlug ein, und Diethelm                hatte schon am frühen Morgen dreihundert Hämmel verkauft und dabei eine namhafte                Summe gewonnen. Diethelm ging mit dem Metzger ins Feld und übergab ihm die gesondert                gehaltene Heerde, die sogleich nach der Hauptstadt getrieben wurde, und eben als er                noch im Wirthshaus saß und dort die baare Bezahlung empfing, kam ein Wagen                angefahren, und in die Stube trat bald darauf der Kaufmann Gäbler mit noch zwei                Männern, die Diethelm als die Oberfeuerschau vorgestellt wurden. Diethelm war                sichtlich betroffen, aber schnell sagte er mit Entschiedenheit: daß er es mit dem                Versichern nicht so ernst gemeint habe, sein Haus läge so einödig, und er könne schon                selber jede Feuersgefahr abwenden und sei überhaupt entschlossen, die erworbenen                Vorräthe bald wieder loszuschlagen. Der Kaufmann Gäbler widersprach heftig, und die                Feuer-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0064] Zehntes Kapitel. Eine feste Friedsamkeit lag in dem Wesen Diethelm's, als er am andern Morgen in seinen berühmten grünen Saffianpantoffeln im sonnigen Hofraum umherspazierte. Die Nacht, vor der es ihm so seltsam bange war, ist glücklich vorüber, und so wird auch alles Sorgen und Zagen ein heiteres Ende nehmen, es gilt nur ruhig stillhalten und die günstige Gelegenheit erfassen. Ein bedeutungsvolles Anzeichen kündigte sich eben jetzt an. Der Metzger, mit dem Diethelm vorgestern nicht handelseins werden konnte, kam gerade den Hügel heran, hatte allerlei Ausreden, wie er zufällig daher komme, und begann nochmals einen geringen Kaufpreis anzubieten, aber Diethelm war klug genug, die Kauflust des Metzgers zu ersehen, und sagte stolz und fest: wenn nichts mehr geredet werde, halte er sein Wort, und bleibe es bei dem auf dem Markte Besprochenen, wo nicht, wenn er nicht, bevor die Heerde den Berg hinab ist, in die Hand einschlage, verlange er für jeden Hammel einen Gulden mehr. Der Metzger schlug ein, und Diethelm hatte schon am frühen Morgen dreihundert Hämmel verkauft und dabei eine namhafte Summe gewonnen. Diethelm ging mit dem Metzger ins Feld und übergab ihm die gesondert gehaltene Heerde, die sogleich nach der Hauptstadt getrieben wurde, und eben als er noch im Wirthshaus saß und dort die baare Bezahlung empfing, kam ein Wagen angefahren, und in die Stube trat bald darauf der Kaufmann Gäbler mit noch zwei Männern, die Diethelm als die Oberfeuerschau vorgestellt wurden. Diethelm war sichtlich betroffen, aber schnell sagte er mit Entschiedenheit: daß er es mit dem Versichern nicht so ernst gemeint habe, sein Haus läge so einödig, und er könne schon selber jede Feuersgefahr abwenden und sei überhaupt entschlossen, die erworbenen Vorräthe bald wieder loszuschlagen. Der Kaufmann Gäbler widersprach heftig, und die Feuer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/64
Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/64>, abgerufen am 15.11.2024.