Was Du von Arenswalds außerordentlichem Hei߬ hunger nach der Natur schreibst, so daß er darüber sich selbst zu speisen vergißt, dauert mich sehr, versäums nicht ihm zu helfen und schreib mirs ob Dus auch nicht vergessen hast. Die Geschichte von den Bäumen ist höchst betrübt; wars Deine Schilderung, oder sind auch mir diese Stimmen die so friedlich mitrauschten wenn wir dort wandelten, so zu Herzen gegangen, ich kann mich auch nicht darüber trösten. Wir waren gestern auf dem Ostein, da rausch¬ en die Eichen königlich. -- Die Großmama und die Ge¬ schichten vom Großvater haben mich gefreut und gerührt, wenn ich auch nicht so viel Interesse an solchen erleb¬ ten Dingen hätte als ich wirklich habe, so würde mir eine solche Beschäftigung als diese Erzählungen aus der Großmutter Mund zu sammlen, für Dich sehr schön er¬ scheinen und lieblich. -- Alles was das Gemüth anregt, erfrischt und erfüllt ist mir heilig, sollte auch im Ge¬ dächtniß kein Monument davon zurückbleiben, hier aber wo Du zugleich Dich üben würdest etwas in consequen¬ ter Ordnung zu behandlen, Deinen eignen Geist in sei¬
An die Bettine.
Was Du von Arenswalds außerordentlichem Hei߬ hunger nach der Natur ſchreibſt, ſo daß er darüber ſich ſelbſt zu ſpeiſen vergißt, dauert mich ſehr, verſäums nicht ihm zu helfen und ſchreib mirs ob Dus auch nicht vergeſſen haſt. Die Geſchichte von den Bäumen iſt höchſt betrübt; wars Deine Schilderung, oder ſind auch mir dieſe Stimmen die ſo friedlich mitrauſchten wenn wir dort wandelten, ſo zu Herzen gegangen, ich kann mich auch nicht darüber tröſten. Wir waren geſtern auf dem Oſtein, da rauſch¬ en die Eichen königlich. — Die Großmama und die Ge¬ ſchichten vom Großvater haben mich gefreut und gerührt, wenn ich auch nicht ſo viel Intereſſe an ſolchen erleb¬ ten Dingen hätte als ich wirklich habe, ſo würde mir eine ſolche Beſchäftigung als dieſe Erzählungen aus der Großmutter Mund zu ſammlen, für Dich ſehr ſchön er¬ ſcheinen und lieblich. — Alles was das Gemüth anregt, erfriſcht und erfüllt iſt mir heilig, ſollte auch im Ge¬ dächtniß kein Monument davon zurückbleiben, hier aber wo Du zugleich Dich üben würdeſt etwas in conſequen¬ ter Ordnung zu behandlen, Deinen eignen Geiſt in ſei¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0073"n="59"/></div><divn="2"><head>An die Bettine.<lb/></head><p>Was Du von Arenswalds außerordentlichem Hei߬<lb/>
hunger nach der Natur ſchreibſt, ſo daß er darüber ſich<lb/>ſelbſt zu ſpeiſen vergißt, dauert mich ſehr, verſäums nicht ihm<lb/>
zu helfen und ſchreib mirs ob Dus auch nicht vergeſſen haſt.<lb/>
Die Geſchichte von den Bäumen iſt höchſt betrübt; wars<lb/>
Deine Schilderung, oder ſind auch mir dieſe Stimmen<lb/>
die ſo friedlich mitrauſchten wenn wir dort wandelten, ſo<lb/>
zu Herzen gegangen, ich kann mich auch nicht darüber<lb/>
tröſten. Wir waren geſtern auf dem Oſtein, da rauſch¬<lb/>
en die Eichen königlich. — Die Großmama und die Ge¬<lb/>ſchichten vom Großvater haben mich gefreut und gerührt,<lb/>
wenn ich auch nicht ſo viel Intereſſe an ſolchen erleb¬<lb/>
ten Dingen hätte als ich wirklich habe, ſo würde mir<lb/>
eine ſolche Beſchäftigung als dieſe Erzählungen aus der<lb/>
Großmutter Mund zu ſammlen, für Dich ſehr ſchön er¬<lb/>ſcheinen und lieblich. — Alles was das Gemüth anregt,<lb/>
erfriſcht und erfüllt iſt mir heilig, ſollte auch im Ge¬<lb/>
dächtniß kein Monument davon zurückbleiben, hier aber<lb/>
wo Du zugleich Dich üben würdeſt etwas in conſequen¬<lb/>
ter Ordnung zu behandlen, Deinen eignen Geiſt in ſei¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[59/0073]
An die Bettine.
Was Du von Arenswalds außerordentlichem Hei߬
hunger nach der Natur ſchreibſt, ſo daß er darüber ſich
ſelbſt zu ſpeiſen vergißt, dauert mich ſehr, verſäums nicht ihm
zu helfen und ſchreib mirs ob Dus auch nicht vergeſſen haſt.
Die Geſchichte von den Bäumen iſt höchſt betrübt; wars
Deine Schilderung, oder ſind auch mir dieſe Stimmen
die ſo friedlich mitrauſchten wenn wir dort wandelten, ſo
zu Herzen gegangen, ich kann mich auch nicht darüber
tröſten. Wir waren geſtern auf dem Oſtein, da rauſch¬
en die Eichen königlich. — Die Großmama und die Ge¬
ſchichten vom Großvater haben mich gefreut und gerührt,
wenn ich auch nicht ſo viel Intereſſe an ſolchen erleb¬
ten Dingen hätte als ich wirklich habe, ſo würde mir
eine ſolche Beſchäftigung als dieſe Erzählungen aus der
Großmutter Mund zu ſammlen, für Dich ſehr ſchön er¬
ſcheinen und lieblich. — Alles was das Gemüth anregt,
erfriſcht und erfüllt iſt mir heilig, ſollte auch im Ge¬
dächtniß kein Monument davon zurückbleiben, hier aber
wo Du zugleich Dich üben würdeſt etwas in conſequen¬
ter Ordnung zu behandlen, Deinen eignen Geiſt in ſei¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/73>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.