[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Der letzte Act der Blüthezeit ist, daß sie ihren be- An Goethe. Wie begierig nach Liebe warst Du! wie begierig Der letzte Act der Blüthezeit iſt, daß ſie ihren be- An Goethe. Wie begierig nach Liebe warſt Du! wie begierig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0219" n="209"/> <p>Der letzte Act der Blüthezeit iſt, daß ſie ihren be-<lb/> fruchtenden Staub mit dem Saamen in ihrem Kelch<lb/> miſche, dann tragen die Lüfte ſich ſpielend mit ihren ge-<lb/> löſten Blättern und gaukeln eine Weile mit dem Schmuck<lb/> der Begeiſtrung. Bald ſieht kein Auge mehr von ihrem<lb/> Glanz, ihre Zeit iſt vorüber; der Saame aber quillt<lb/> und offenbart in der Frucht das Geheimniß der Erzeu-<lb/> gung. Vielleicht wenn dieſe Blätter der Begeiſtrung<lb/> vom Stamme gelöſt dahin wirbeln und wie jene kleinen<lb/> Blüthenkronen, nachdem ſie ihren Duft ausgehaucht,<lb/> vom irdiſchen Staub beſchwert, flügellahm ſich endlich<lb/> unter die Erde betten, daß es dann in dem Herzen des<lb/> Freundes, dem ſie duften, auch quillt und der Segen<lb/> dieſer ſchönen Liebe zwiſchen dem Dichter und dem Kinde<lb/> ſich an ſeinem Geiſt bewähre und ihn zu der Schönheit<lb/> befruchte, deren Abbild in ſeinen edlen Zügen ſich malt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <opener> <salute>An Goethe.</salute> </opener><lb/> <p>Wie begierig nach Liebe warſt Du! wie begierig<lb/> warſt Du geliebt zu ſein! — „Nicht wahr, du liebſt<lb/> mich? nicht wahr, es iſt dein Ernſt, du betrügſt mich<lb/> nicht?“ — ſo fragteſt Du, und ich ſah Dich an und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [209/0219]
Der letzte Act der Blüthezeit iſt, daß ſie ihren be-
fruchtenden Staub mit dem Saamen in ihrem Kelch
miſche, dann tragen die Lüfte ſich ſpielend mit ihren ge-
löſten Blättern und gaukeln eine Weile mit dem Schmuck
der Begeiſtrung. Bald ſieht kein Auge mehr von ihrem
Glanz, ihre Zeit iſt vorüber; der Saame aber quillt
und offenbart in der Frucht das Geheimniß der Erzeu-
gung. Vielleicht wenn dieſe Blätter der Begeiſtrung
vom Stamme gelöſt dahin wirbeln und wie jene kleinen
Blüthenkronen, nachdem ſie ihren Duft ausgehaucht,
vom irdiſchen Staub beſchwert, flügellahm ſich endlich
unter die Erde betten, daß es dann in dem Herzen des
Freundes, dem ſie duften, auch quillt und der Segen
dieſer ſchönen Liebe zwiſchen dem Dichter und dem Kinde
ſich an ſeinem Geiſt bewähre und ihn zu der Schönheit
befruchte, deren Abbild in ſeinen edlen Zügen ſich malt.
An Goethe.
Wie begierig nach Liebe warſt Du! wie begierig
warſt Du geliebt zu ſein! — „Nicht wahr, du liebſt
mich? nicht wahr, es iſt dein Ernſt, du betrügſt mich
nicht?“ — ſo fragteſt Du, und ich ſah Dich an und
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