Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
An Bettine.

Liebe Bettine es ist mir ein unerläßlich Bedürfniß
deiner patriotischen Trauer ein paar Worte der Theil-
nahme zuzurufen, und Dir zu bekennen wie sehr ich
mich von deinen Gesinnungen mit ergriffen fühle. Lasse
Dir nur das Leben mit seinen eigensinnigen Wendun-
gen nicht allzusehr verleiden. Durch solche Ereignisse
sich durch zu kämpfen ist freilich schwer, besonders mit
einem Charakter der so viel Ansprüche und Hoffnungen
auf ein idealisches Dasein hat wie Du. -- Indem ich
nun deinen letzten Brief zu den andern lege so finde
ich abermals mit diesem eine interessante Epoche abge-
schlossen. Durch einen lieblichen Irrgarten zwischen phi-
losophischen, historischen und musikalischen Ansichten hast
Du mich zu dem Tempel des Mars geleitet und überall
behauptet sich deine gesunde Energie, habe den herzlich-
sten Dank dafür, und lasse mich noch ferner der Einge-
weihte deiner innern Welt sein, und sei gewiß daß die
Treue und Liebe die Dir dafür gebührt, Dir im Stillen
gezollt wird.


Goethe.
An Bettine.

Liebe Bettine es iſt mir ein unerläßlich Bedürfniß
deiner patriotiſchen Trauer ein paar Worte der Theil-
nahme zuzurufen, und Dir zu bekennen wie ſehr ich
mich von deinen Geſinnungen mit ergriffen fühle. Laſſe
Dir nur das Leben mit ſeinen eigenſinnigen Wendun-
gen nicht allzuſehr verleiden. Durch ſolche Ereigniſſe
ſich durch zu kämpfen iſt freilich ſchwer, beſonders mit
einem Charakter der ſo viel Anſprüche und Hoffnungen
auf ein idealiſches Daſein hat wie Du. — Indem ich
nun deinen letzten Brief zu den andern lege ſo finde
ich abermals mit dieſem eine intereſſante Epoche abge-
ſchloſſen. Durch einen lieblichen Irrgarten zwiſchen phi-
loſophiſchen, hiſtoriſchen und muſikaliſchen Anſichten haſt
Du mich zu dem Tempel des Mars geleitet und überall
behauptet ſich deine geſunde Energie, habe den herzlich-
ſten Dank dafür, und laſſe mich noch ferner der Einge-
weihte deiner innern Welt ſein, und ſei gewiß daß die
Treue und Liebe die Dir dafür gebührt, Dir im Stillen
gezollt wird.


Goethe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0180" n="170"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <salute>An Bettine.</salute>
          </opener><lb/>
          <p>Liebe Bettine es i&#x017F;t mir ein unerläßlich Bedürfniß<lb/>
deiner patrioti&#x017F;chen Trauer ein paar Worte der Theil-<lb/>
nahme zuzurufen, und Dir zu bekennen wie &#x017F;ehr ich<lb/>
mich von deinen Ge&#x017F;innungen mit ergriffen fühle. La&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Dir nur das Leben mit &#x017F;einen eigen&#x017F;innigen Wendun-<lb/>
gen nicht allzu&#x017F;ehr verleiden. Durch &#x017F;olche Ereigni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ich durch zu kämpfen i&#x017F;t freilich &#x017F;chwer, be&#x017F;onders mit<lb/>
einem Charakter der &#x017F;o viel An&#x017F;prüche und Hoffnungen<lb/>
auf ein ideali&#x017F;ches Da&#x017F;ein hat wie Du. &#x2014; Indem ich<lb/>
nun deinen letzten Brief zu den andern lege &#x017F;o finde<lb/>
ich abermals mit die&#x017F;em eine intere&#x017F;&#x017F;ante Epoche abge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Durch einen lieblichen Irrgarten zwi&#x017F;chen phi-<lb/>
lo&#x017F;ophi&#x017F;chen, hi&#x017F;tori&#x017F;chen und mu&#x017F;ikali&#x017F;chen An&#x017F;ichten ha&#x017F;t<lb/>
Du mich zu dem Tempel des Mars geleitet und überall<lb/>
behauptet &#x017F;ich deine ge&#x017F;unde Energie, habe den herzlich-<lb/>
&#x017F;ten Dank dafür, und la&#x017F;&#x017F;e mich noch ferner der Einge-<lb/>
weihte deiner innern Welt &#x017F;ein, und &#x017F;ei gewiß daß die<lb/>
Treue und Liebe die Dir dafür gebührt, Dir im Stillen<lb/>
gezollt wird.</p><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">19. März 1810.</hi> </dateline><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Goethe.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0180] An Bettine. Liebe Bettine es iſt mir ein unerläßlich Bedürfniß deiner patriotiſchen Trauer ein paar Worte der Theil- nahme zuzurufen, und Dir zu bekennen wie ſehr ich mich von deinen Geſinnungen mit ergriffen fühle. Laſſe Dir nur das Leben mit ſeinen eigenſinnigen Wendun- gen nicht allzuſehr verleiden. Durch ſolche Ereigniſſe ſich durch zu kämpfen iſt freilich ſchwer, beſonders mit einem Charakter der ſo viel Anſprüche und Hoffnungen auf ein idealiſches Daſein hat wie Du. — Indem ich nun deinen letzten Brief zu den andern lege ſo finde ich abermals mit dieſem eine intereſſante Epoche abge- ſchloſſen. Durch einen lieblichen Irrgarten zwiſchen phi- loſophiſchen, hiſtoriſchen und muſikaliſchen Anſichten haſt Du mich zu dem Tempel des Mars geleitet und überall behauptet ſich deine geſunde Energie, habe den herzlich- ſten Dank dafür, und laſſe mich noch ferner der Einge- weihte deiner innern Welt ſein, und ſei gewiß daß die Treue und Liebe die Dir dafür gebührt, Dir im Stillen gezollt wird. 19. März 1810. Goethe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/180
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/180>, abgerufen am 21.12.2024.