Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

mir; schreib' mir ja recht viel von deinen Reisen, Land-
parthieen, alten und neuen Besitzungen; das lese ich
nun so gern.


Sonett, im Brief an Goethe's Mutter eingelegt.
Als kleines art'ges Kind nach Feld und Auen
Sprangst du mit mir, so manchen Frühlingsmorgen.
"Für solch ein Töchterchen, mit holden Sorgen,
Mocht' ich als Vater segnend Häuser bauen!"
Und als du anfingst in die Welt zu schauen,
War deine Freude häusliches Besorgen.
"Solch eine Schwester! und ich wär' geborgen:
Wie könnt' ich ihr, ach! wie sie mir vertrauen!"
Nun kann den schönen Wachsthum nichts beschränken;
Ich fühl' im Herzen heißes Liebetoben.
Umfass' ich sie, die Schmerzen zu beschwichtgen?
Doch ach! nun muß ich dich als Fürstin denken:
Du stehst so schroff vor mir emporgehoben;
Ich beuge mich vor deinem Blick, dem flüchtgen.

mir; ſchreib' mir ja recht viel von deinen Reiſen, Land-
parthieen, alten und neuen Beſitzungen; das leſe ich
nun ſo gern.


Sonett, im Brief an Goethe's Mutter eingelegt.
Als kleines art'ges Kind nach Feld und Auen
Sprangſt du mit mir, ſo manchen Frühlingsmorgen.
„Für ſolch ein Töchterchen, mit holden Sorgen,
Mocht' ich als Vater ſegnend Häuſer bauen!“
Und als du anfingſt in die Welt zu ſchauen,
War deine Freude häusliches Beſorgen.
„Solch eine Schweſter! und ich wär' geborgen:
Wie könnt' ich ihr, ach! wie ſie mir vertrauen!“
Nun kann den ſchönen Wachsthum nichts beſchränken;
Ich fühl' im Herzen heißes Liebetoben.
Umfaſſ' ich ſie, die Schmerzen zu beſchwichtgen?
Doch ach! nun muß ich dich als Fürſtin denken:
Du ſtehſt ſo ſchroff vor mir emporgehoben;
Ich beuge mich vor deinem Blick, dem flüchtgen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <postscript>
            <p><pb facs="#f0253" n="221"/>
mir; &#x017F;chreib' mir ja recht viel von deinen Rei&#x017F;en, Land-<lb/>
parthieen, alten und neuen Be&#x017F;itzungen; das le&#x017F;e ich<lb/>
nun &#x017F;o gern.</p>
          </postscript><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Weimar, den 4. Mai 1808.</hi> </dateline>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c">Sonett, im Brief an Goethe's Mutter eingelegt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Als kleines art'ges Kind nach Feld und Auen</l><lb/>
              <l>Sprang&#x017F;t du mit mir, &#x017F;o manchen Frühlingsmorgen.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Für &#x017F;olch ein Töchterchen, mit holden Sorgen,</l><lb/>
              <l>Mocht' ich als Vater &#x017F;egnend Häu&#x017F;er bauen!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und als du anfing&#x017F;t in die Welt zu &#x017F;chauen,</l><lb/>
              <l>War deine Freude häusliches Be&#x017F;orgen.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Solch eine Schwe&#x017F;ter! und ich wär' geborgen:</l><lb/>
              <l>Wie könnt' ich ihr, ach! wie &#x017F;ie mir vertrauen!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Nun kann den &#x017F;chönen Wachsthum nichts be&#x017F;chränken;</l><lb/>
              <l>Ich fühl' im Herzen heißes Liebetoben.</l><lb/>
              <l>Umfa&#x017F;&#x017F;' ich &#x017F;ie, die Schmerzen zu be&#x017F;chwichtgen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Doch ach! nun muß ich dich als Für&#x017F;tin denken:</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;teh&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chroff vor mir emporgehoben;</l><lb/>
              <l>Ich beuge mich vor deinem Blick, dem flüchtgen.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0253] mir; ſchreib' mir ja recht viel von deinen Reiſen, Land- parthieen, alten und neuen Beſitzungen; das leſe ich nun ſo gern. Weimar, den 4. Mai 1808. Sonett, im Brief an Goethe's Mutter eingelegt. Als kleines art'ges Kind nach Feld und Auen Sprangſt du mit mir, ſo manchen Frühlingsmorgen. „Für ſolch ein Töchterchen, mit holden Sorgen, Mocht' ich als Vater ſegnend Häuſer bauen!“ Und als du anfingſt in die Welt zu ſchauen, War deine Freude häusliches Beſorgen. „Solch eine Schweſter! und ich wär' geborgen: Wie könnt' ich ihr, ach! wie ſie mir vertrauen!“ Nun kann den ſchönen Wachsthum nichts beſchränken; Ich fühl' im Herzen heißes Liebetoben. Umfaſſ' ich ſie, die Schmerzen zu beſchwichtgen? Doch ach! nun muß ich dich als Fürſtin denken: Du ſtehſt ſo ſchroff vor mir emporgehoben; Ich beuge mich vor deinem Blick, dem flüchtgen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/253
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/253>, abgerufen am 21.11.2024.