folge Dir gerne, wo Dich auch Dein dämonischer Geist hinführt.
Ich lege diese Blätter an die Mutter bei, die Dir sie zu freundlicher Stunde senden mag, da ich Deine Addresse nicht genau weiß. -- Lebe wohl und komme Deinen Verheißungen nach.
Weimar, den 7. August 1807.
Goethe.
An Goethe.
Kassel, den 13. August 1807.
Wer kann's deuten und ermessen, was in mir vor- geht? -- Ich bin glücklich jetzt im Andenken der Ver- gangenheit, als ich kaum damals in der Gegenwart war; mein erregtes Herz, die Überraschung bei Dir zu sein, dies Kommen und Gehen und Wiederkehren in den paar Tagen, das war alles wie eindringende Wolken an meinem Himmel; er mußte durch meine zu große Nähe zugleich meinen Schatten aufnehmen, so wie er auch immer dunkler ist, wo er an die Erde gränzt; jetzt in der Ferne wird er mild und hoch und ganz hell.
Ich möchte Deine liebe Hand mit meinen beiden
folge Dir gerne, wo Dich auch Dein dämoniſcher Geiſt hinführt.
Ich lege dieſe Blätter an die Mutter bei, die Dir ſie zu freundlicher Stunde ſenden mag, da ich Deine Addreſſe nicht genau weiß. — Lebe wohl und komme Deinen Verheißungen nach.
Weimar, den 7. Auguſt 1807.
Goethe.
An Goethe.
Kaſſel, den 13. Auguſt 1807.
Wer kann's deuten und ermeſſen, was in mir vor- geht? — Ich bin glücklich jetzt im Andenken der Ver- gangenheit, als ich kaum damals in der Gegenwart war; mein erregtes Herz, die Überraſchung bei Dir zu ſein, dies Kommen und Gehen und Wiederkehren in den paar Tagen, das war alles wie eindringende Wolken an meinem Himmel; er mußte durch meine zu große Nähe zugleich meinen Schatten aufnehmen, ſo wie er auch immer dunkler iſt, wo er an die Erde gränzt; jetzt in der Ferne wird er mild und hoch und ganz hell.
Ich möchte Deine liebe Hand mit meinen beiden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0187"n="155"/>
folge Dir gerne, wo Dich auch Dein dämoniſcher Geiſt<lb/>
hinführt.</p><lb/><p>Ich lege dieſe Blätter an die Mutter bei, die Dir<lb/>ſie zu freundlicher Stunde ſenden mag, da ich Deine<lb/>
Addreſſe nicht genau weiß. — Lebe wohl und komme<lb/>
Deinen Verheißungen nach.</p><lb/><dateline><hirendition="#et">Weimar, den 7. Auguſt 1807.</hi></dateline><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Goethe.</hi></salute></closer></div><lb/><divn="2"><opener><salute>An Goethe.</salute><lb/><dateline><hirendition="#et">Kaſſel, den 13. Auguſt 1807.</hi></dateline></opener><lb/><p>Wer kann's deuten und ermeſſen, was in mir vor-<lb/>
geht? — Ich bin glücklich jetzt im Andenken der Ver-<lb/>
gangenheit, als ich kaum damals in der Gegenwart<lb/>
war; mein erregtes Herz, die Überraſchung bei Dir zu<lb/>ſein, dies Kommen und Gehen und Wiederkehren in den<lb/>
paar Tagen, das war alles wie eindringende Wolken<lb/>
an meinem Himmel; er mußte durch meine zu große<lb/>
Nähe zugleich meinen Schatten aufnehmen, ſo wie er<lb/>
auch immer dunkler iſt, wo er an die Erde gränzt; jetzt<lb/>
in der Ferne wird er mild und hoch und ganz hell.</p><lb/><p>Ich möchte Deine liebe Hand mit meinen beiden<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[155/0187]
folge Dir gerne, wo Dich auch Dein dämoniſcher Geiſt
hinführt.
Ich lege dieſe Blätter an die Mutter bei, die Dir
ſie zu freundlicher Stunde ſenden mag, da ich Deine
Addreſſe nicht genau weiß. — Lebe wohl und komme
Deinen Verheißungen nach.
Weimar, den 7. Auguſt 1807.
Goethe.
An Goethe.
Kaſſel, den 13. Auguſt 1807.
Wer kann's deuten und ermeſſen, was in mir vor-
geht? — Ich bin glücklich jetzt im Andenken der Ver-
gangenheit, als ich kaum damals in der Gegenwart
war; mein erregtes Herz, die Überraſchung bei Dir zu
ſein, dies Kommen und Gehen und Wiederkehren in den
paar Tagen, das war alles wie eindringende Wolken
an meinem Himmel; er mußte durch meine zu große
Nähe zugleich meinen Schatten aufnehmen, ſo wie er
auch immer dunkler iſt, wo er an die Erde gränzt; jetzt
in der Ferne wird er mild und hoch und ganz hell.
Ich möchte Deine liebe Hand mit meinen beiden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/187>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.