Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

fen sollte, da werde ich mich rächen; und da wo mir
unbefangne kindliche Weisheit einen Wink giebt, da
werd' ich Trotz bieten und es besser wissen wollen; --
aber das traurigste wird sein, daß ich mit dem Fluch
der Sünde belasten werde, was keine ist, wie sie es
alle machen; -- und mir wird Recht dafür geschehen.
-- Du bist mein Schutzaltar, zu Dir werd' ich flüchten;
diese Liebe, diese mächtige, die zwischen uns waltet, und
die Erkenntniß, die mir durch sie wird, und die Offen-
barungen, die werden meine Schutzmauern sein; sie wer-
den mich frei machen von denen, die mich richten wollen.

Dein Kind.
An Goethe.

Vorgestern waren Wir im Egmont, sie riefen alle:
Herrlich! Wir gingen noch nach dem Schauspiel unter
den Mondbeschienenen Linden auf und ab, wie es
Frankfurter Sitte ist, da hört' ich tausendfachen Wie-
derhall. -- Der kleine Dalberg war mit uns; er hatte
deine Mutter im Schauspiel gesehen und verlangte, ich
solle ihn zu ihr bringen; sie war eben im Begriff,
Nachttoilette zu machen, da sie aber hörte, er komme

fen ſollte, da werde ich mich rächen; und da wo mir
unbefangne kindliche Weisheit einen Wink giebt, da
werd' ich Trotz bieten und es beſſer wiſſen wollen; —
aber das traurigſte wird ſein, daß ich mit dem Fluch
der Sünde belaſten werde, was keine iſt, wie ſie es
alle machen; — und mir wird Recht dafür geſchehen.
— Du biſt mein Schutzaltar, zu Dir werd' ich flüchten;
dieſe Liebe, dieſe mächtige, die zwiſchen uns waltet, und
die Erkenntniß, die mir durch ſie wird, und die Offen-
barungen, die werden meine Schutzmauern ſein; ſie wer-
den mich frei machen von denen, die mich richten wollen.

Dein Kind.
An Goethe.

Vorgeſtern waren Wir im Egmont, ſie riefen alle:
Herrlich! Wir gingen noch nach dem Schauſpiel unter
den Mondbeſchienenen Linden auf und ab, wie es
Frankfurter Sitte iſt, da hört' ich tauſendfachen Wie-
derhall. — Der kleine Dalberg war mit uns; er hatte
deine Mutter im Schauſpiel geſehen und verlangte, ich
ſolle ihn zu ihr bringen; ſie war eben im Begriff,
Nachttoilette zu machen, da ſie aber hörte, er komme

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0171" n="139"/>
fen &#x017F;ollte, da werde ich mich rächen; und da wo mir<lb/>
unbefangne kindliche Weisheit einen Wink giebt, da<lb/>
werd' ich Trotz bieten und es be&#x017F;&#x017F;er wi&#x017F;&#x017F;en wollen; &#x2014;<lb/>
aber das traurig&#x017F;te wird &#x017F;ein, daß ich mit dem Fluch<lb/>
der Sünde bela&#x017F;ten werde, was keine i&#x017F;t, wie &#x017F;ie es<lb/>
alle machen; &#x2014; und mir wird Recht dafür ge&#x017F;chehen.<lb/>
&#x2014; Du bi&#x017F;t mein Schutzaltar, zu Dir werd' ich flüchten;<lb/>
die&#x017F;e Liebe, die&#x017F;e mächtige, die zwi&#x017F;chen uns waltet, und<lb/>
die Erkenntniß, die mir durch &#x017F;ie wird, und die Offen-<lb/>
barungen, die werden meine Schutzmauern &#x017F;ein; &#x017F;ie wer-<lb/>
den mich frei machen von denen, die mich richten wollen.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Dein Kind.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <opener>
            <salute>An Goethe.</salute>
          </opener><lb/>
          <p>Vorge&#x017F;tern waren Wir im Egmont, &#x017F;ie riefen alle:<lb/>
Herrlich! Wir gingen noch nach dem Schau&#x017F;piel unter<lb/>
den Mondbe&#x017F;chienenen Linden auf und ab, wie es<lb/>
Frankfurter Sitte i&#x017F;t, da hört' ich tau&#x017F;endfachen Wie-<lb/>
derhall. &#x2014; Der kleine Dalberg war mit uns; er hatte<lb/>
deine Mutter im Schau&#x017F;piel ge&#x017F;ehen und verlangte, ich<lb/>
&#x017F;olle ihn zu ihr bringen; &#x017F;ie war eben im Begriff,<lb/>
Nachttoilette zu machen, da &#x017F;ie aber hörte, er komme<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0171] fen ſollte, da werde ich mich rächen; und da wo mir unbefangne kindliche Weisheit einen Wink giebt, da werd' ich Trotz bieten und es beſſer wiſſen wollen; — aber das traurigſte wird ſein, daß ich mit dem Fluch der Sünde belaſten werde, was keine iſt, wie ſie es alle machen; — und mir wird Recht dafür geſchehen. — Du biſt mein Schutzaltar, zu Dir werd' ich flüchten; dieſe Liebe, dieſe mächtige, die zwiſchen uns waltet, und die Erkenntniß, die mir durch ſie wird, und die Offen- barungen, die werden meine Schutzmauern ſein; ſie wer- den mich frei machen von denen, die mich richten wollen. Dein Kind. An Goethe. Vorgeſtern waren Wir im Egmont, ſie riefen alle: Herrlich! Wir gingen noch nach dem Schauſpiel unter den Mondbeſchienenen Linden auf und ab, wie es Frankfurter Sitte iſt, da hört' ich tauſendfachen Wie- derhall. — Der kleine Dalberg war mit uns; er hatte deine Mutter im Schauſpiel geſehen und verlangte, ich ſolle ihn zu ihr bringen; ſie war eben im Begriff, Nachttoilette zu machen, da ſie aber hörte, er komme

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/171
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/171>, abgerufen am 03.12.2024.