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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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An Goethe.


Wenn ich alles aus dem Herzen in die Feder flie-
ßen ließ, so würdest Du manches Blatt von mir bei
Seite legen, denn immer von mir und von Dir, und
einzig von meiner Liebe, das wär' doch nur der be-
wußte ewige Inhalt.

Ich hab's in den Fingerspitzen, und meine ich müßte
Dir erzählen, was ich Nachts von Dir geträumt habe,
und denk' nicht, daß Du für anders in der Welt bist.
Häufig hab' ich denselben Traum, und es hat mir schon
viel Nachdenken gemacht, daß meine Seele immer un-
ter denselben Bedingungen mit Dir zu thun hat; es ist
als solle ich vor Dir tanzen, ich bin ätherisch gekleidet,
ich hab' ein Gefühl, daß mir alles gelingen werde, die
Menge umdrängt mich. -- Ich suche Dich, dort sitzest
Du frei mir gegenüber; es ist als ob Du mich nicht be-
merktest und seiest mit anderem beschäftigt; -- jetzt trete
ich vor Dich, goldbeschuhet, und die silbernen Ärme hän-
gen nachlässig, und warte; da hebst Du das Haupt,
dein Blick ruht auf mir unwillkührlich, ich ziehe mit
leisen Schritten magische Kreise, dein Aug' verläßt mich
nicht mehr, Du mußt mir nach, wie ich mich wende

An Goethe.


Wenn ich alles aus dem Herzen in die Feder flie-
ßen ließ, ſo würdeſt Du manches Blatt von mir bei
Seite legen, denn immer von mir und von Dir, und
einzig von meiner Liebe, das wär' doch nur der be-
wußte ewige Inhalt.

Ich hab's in den Fingerſpitzen, und meine ich müßte
Dir erzählen, was ich Nachts von Dir geträumt habe,
und denk' nicht, daß Du für anders in der Welt biſt.
Häufig hab' ich denſelben Traum, und es hat mir ſchon
viel Nachdenken gemacht, daß meine Seele immer un-
ter denſelben Bedingungen mit Dir zu thun hat; es iſt
als ſolle ich vor Dir tanzen, ich bin ätheriſch gekleidet,
ich hab' ein Gefühl, daß mir alles gelingen werde, die
Menge umdrängt mich. — Ich ſuche Dich, dort ſitzeſt
Du frei mir gegenüber; es iſt als ob Du mich nicht be-
merkteſt und ſeieſt mit anderem beſchäftigt; — jetzt trete
ich vor Dich, goldbeſchuhet, und die ſilbernen Ärme hän-
gen nachläſſig, und warte; da hebſt Du das Haupt,
dein Blick ruht auf mir unwillkührlich, ich ziehe mit
leiſen Schritten magiſche Kreiſe, dein Aug' verläßt mich
nicht mehr, Du mußt mir nach, wie ich mich wende

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[137/0169] An Goethe. Frankfurt am 29ſten Juni. Wenn ich alles aus dem Herzen in die Feder flie- ßen ließ, ſo würdeſt Du manches Blatt von mir bei Seite legen, denn immer von mir und von Dir, und einzig von meiner Liebe, das wär' doch nur der be- wußte ewige Inhalt. Ich hab's in den Fingerſpitzen, und meine ich müßte Dir erzählen, was ich Nachts von Dir geträumt habe, und denk' nicht, daß Du für anders in der Welt biſt. Häufig hab' ich denſelben Traum, und es hat mir ſchon viel Nachdenken gemacht, daß meine Seele immer un- ter denſelben Bedingungen mit Dir zu thun hat; es iſt als ſolle ich vor Dir tanzen, ich bin ätheriſch gekleidet, ich hab' ein Gefühl, daß mir alles gelingen werde, die Menge umdrängt mich. — Ich ſuche Dich, dort ſitzeſt Du frei mir gegenüber; es iſt als ob Du mich nicht be- merkteſt und ſeieſt mit anderem beſchäftigt; — jetzt trete ich vor Dich, goldbeſchuhet, und die ſilbernen Ärme hän- gen nachläſſig, und warte; da hebſt Du das Haupt, dein Blick ruht auf mir unwillkührlich, ich ziehe mit leiſen Schritten magiſche Kreiſe, dein Aug' verläßt mich nicht mehr, Du mußt mir nach, wie ich mich wende

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/169>, abgerufen am 26.12.2024.