Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.Sie sagt, ich sollt sie küssen, Als ich vorbey wollt gehn; Die Mutter sollts nicht wissen, Die Mutter hats gesehn. Ach Tochter, du willst freyen, Wie wird es dir ergehn; Es wird dich bald gereuen, Wenn du wirst andre sehn. Wenn alle junge Mädchen Wohlauf zum Tanzboden gehn, Mit ihren grünen Kränzerchen Im Reihentanze stehn. Dann mußt du junges Weibchen Wohl bey der Wiege stehn, Mit deinem schneeweissen Leibchen, Der Kopf thut dir so weh. "Das Feuer kann man löschen, "Des Feuer brennt so sehr; "Die Liebe nicht vergessen, "Je nun und nimmermehr." Abschiedsklage. (Bragur I. 170.) Ach in Trauern muß ich leben, Ach! wie hab ichs denn verschuldt? Weil mirs hat mein Schatz aufgeben, Muß ichs leiden mit Gedult. Sie ſagt, ich ſollt ſie kuͤſſen, Als ich vorbey wollt gehn; Die Mutter ſollts nicht wiſſen, Die Mutter hats geſehn. Ach Tochter, du willſt freyen, Wie wird es dir ergehn; Es wird dich bald gereuen, Wenn du wirſt andre ſehn. Wenn alle junge Maͤdchen Wohlauf zum Tanzboden gehn, Mit ihren gruͤnen Kraͤnzerchen Im Reihentanze ſtehn. Dann mußt du junges Weibchen Wohl bey der Wiege ſtehn, Mit deinem ſchneeweiſſen Leibchen, Der Kopf thut dir ſo weh. „Das Feuer kann man loͤſchen, „Des Feuer brennt ſo ſehr; „Die Liebe nicht vergeſſen, „Je nun und nimmermehr.“ Abſchiedsklage. (Bragur I. 170.) Ach in Trauern muß ich leben, Ach! wie hab ichs denn verſchuldt? Weil mirs hat mein Schatz aufgeben, Muß ichs leiden mit Gedult. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0084" n="74"/> <lg n="2"> <l>Sie ſagt, ich ſollt ſie kuͤſſen,</l><lb/> <l>Als ich vorbey wollt gehn;</l><lb/> <l>Die Mutter ſollts nicht wiſſen,</l><lb/> <l>Die Mutter hats geſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ach Tochter, du willſt freyen,</l><lb/> <l>Wie wird es dir ergehn;</l><lb/> <l>Es wird dich bald gereuen,</l><lb/> <l>Wenn du wirſt andre ſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wenn alle junge Maͤdchen</l><lb/> <l>Wohlauf zum Tanzboden gehn,</l><lb/> <l>Mit ihren gruͤnen Kraͤnzerchen</l><lb/> <l>Im Reihentanze ſtehn.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Dann mußt du junges Weibchen</l><lb/> <l>Wohl bey der Wiege ſtehn,</l><lb/> <l>Mit deinem ſchneeweiſſen Leibchen,</l><lb/> <l>Der Kopf thut dir ſo weh.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>„Das Feuer kann man loͤſchen,</l><lb/> <l>„Des Feuer brennt ſo ſehr;</l><lb/> <l>„Die Liebe nicht vergeſſen,</l><lb/> <l>„Je nun und nimmermehr.“</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Abſchiedsklage</hi>.</head><lb/> <p rendition="#c">(Bragur <hi rendition="#aq">I.</hi> 170.)</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">A</hi>ch in Trauern muß ich leben,</l><lb/> <l>Ach! wie hab ichs denn verſchuldt?</l><lb/> <l>Weil mirs hat mein Schatz aufgeben,</l><lb/> <l>Muß ichs leiden mit Gedult.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [74/0084]
Sie ſagt, ich ſollt ſie kuͤſſen,
Als ich vorbey wollt gehn;
Die Mutter ſollts nicht wiſſen,
Die Mutter hats geſehn.
Ach Tochter, du willſt freyen,
Wie wird es dir ergehn;
Es wird dich bald gereuen,
Wenn du wirſt andre ſehn.
Wenn alle junge Maͤdchen
Wohlauf zum Tanzboden gehn,
Mit ihren gruͤnen Kraͤnzerchen
Im Reihentanze ſtehn.
Dann mußt du junges Weibchen
Wohl bey der Wiege ſtehn,
Mit deinem ſchneeweiſſen Leibchen,
Der Kopf thut dir ſo weh.
„Das Feuer kann man loͤſchen,
„Des Feuer brennt ſo ſehr;
„Die Liebe nicht vergeſſen,
„Je nun und nimmermehr.“
Abſchiedsklage.
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Ach in Trauern muß ich leben,
Ach! wie hab ichs denn verſchuldt?
Weil mirs hat mein Schatz aufgeben,
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Zitationshilfe: | Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/84>, abgerufen am 22.02.2025. |