Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.Nun kommt zum Saale ihr Christenleut, Nun gehet ins Feld mit bitterem Leid, Zwey Blumen stehn auf einem Feld, Die eine frisch, die andre welk, Rath, welche länger sich erhält. Da kommt gegangen ein Wandersmann, Der trägt Verlangen zu greifen an, Der Blumen eine mit Gewalt, Die Hand darnach er ausstreckt bald, Nimmt die am besten ihm gefallt. Die halbverwelkte will er nicht, Die frische ihm in die Augen sticht, Er läßt die alt und nimmt die neu, Thut dran gar recht bey meiner Treu, Ich machets auch so ohne Scheu. Ach was hilft ein Blümelein. (Mündlich.) Sterben ist eine harte Buß, Weiß wohl daß ich sterben muß, Und ein Röslein rosenroth Pflanzt mein Schatz nach meinem Tod. Wenn ich mal gestorben bin, Wo begrabt man mich denn hin? Schau nur in den Kirchhof nein, Da wird noch Pläzlein seyn! Nun kommt zum Saale ihr Chriſtenleut, Nun gehet ins Feld mit bitterem Leid, Zwey Blumen ſtehn auf einem Feld, Die eine friſch, die andre welk, Rath, welche laͤnger ſich erhaͤlt. Da kommt gegangen ein Wandersmann, Der traͤgt Verlangen zu greifen an, Der Blumen eine mit Gewalt, Die Hand darnach er ausſtreckt bald, Nimmt die am beſten ihm gefallt. Die halbverwelkte will er nicht, Die friſche ihm in die Augen ſticht, Er laͤßt die alt und nimmt die neu, Thut dran gar recht bey meiner Treu, Ich machets auch ſo ohne Scheu. Ach was hilft ein Bluͤmelein. (Muͤndlich.) Sterben iſt eine harte Buß, Weiß wohl daß ich ſterben muß, Und ein Roͤslein roſenroth Pflanzt mein Schatz nach meinem Tod. Wenn ich mal geſtorben bin, Wo begrabt man mich denn hin? Schau nur in den Kirchhof nein, Da wird noch Plaͤzlein ſeyn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0020" n="10"/> <lg n="6"> <l>Nun kommt zum Saale ihr Chriſtenleut,</l><lb/> <l>Nun gehet ins Feld mit bitterem Leid,</l><lb/> <l>Zwey Blumen ſtehn auf einem Feld,</l><lb/> <l>Die eine friſch, die andre welk,</l><lb/> <l>Rath, welche laͤnger ſich erhaͤlt.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Da kommt gegangen ein Wandersmann,</l><lb/> <l>Der traͤgt Verlangen zu greifen an,</l><lb/> <l>Der Blumen eine mit Gewalt,</l><lb/> <l>Die Hand darnach er ausſtreckt bald,</l><lb/> <l>Nimmt die am beſten ihm gefallt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Die halbverwelkte will er nicht,</l><lb/> <l>Die friſche ihm in die Augen ſticht,</l><lb/> <l>Er laͤßt die alt und nimmt die neu,</l><lb/> <l>Thut dran gar recht bey meiner Treu,</l><lb/> <l>Ich machets auch ſo ohne Scheu.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Ach was hilft ein Bluͤmelein</hi>.</head><lb/> <p rendition="#c">(Muͤndlich.)</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>terben iſt eine harte Buß,</l><lb/> <l>Weiß wohl daß ich ſterben muß,</l><lb/> <l>Und ein Roͤslein roſenroth</l><lb/> <l>Pflanzt mein Schatz nach meinem Tod.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wenn ich mal geſtorben bin,</l><lb/> <l>Wo begrabt man mich denn hin?</l><lb/> <l>Schau nur in den Kirchhof nein,</l><lb/> <l>Da wird noch Plaͤzlein ſeyn!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0020]
Nun kommt zum Saale ihr Chriſtenleut,
Nun gehet ins Feld mit bitterem Leid,
Zwey Blumen ſtehn auf einem Feld,
Die eine friſch, die andre welk,
Rath, welche laͤnger ſich erhaͤlt.
Da kommt gegangen ein Wandersmann,
Der traͤgt Verlangen zu greifen an,
Der Blumen eine mit Gewalt,
Die Hand darnach er ausſtreckt bald,
Nimmt die am beſten ihm gefallt.
Die halbverwelkte will er nicht,
Die friſche ihm in die Augen ſticht,
Er laͤßt die alt und nimmt die neu,
Thut dran gar recht bey meiner Treu,
Ich machets auch ſo ohne Scheu.
Ach was hilft ein Bluͤmelein.
(Muͤndlich.)
Sterben iſt eine harte Buß,
Weiß wohl daß ich ſterben muß,
Und ein Roͤslein roſenroth
Pflanzt mein Schatz nach meinem Tod.
Wenn ich mal geſtorben bin,
Wo begrabt man mich denn hin?
Schau nur in den Kirchhof nein,
Da wird noch Plaͤzlein ſeyn!
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Zitationshilfe: | Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/20>, abgerufen am 22.02.2025. |