Ich such die ganze Nacht, Man führt mich auf die Wacht, Adje man führt mich hin O edle Schäferin.
Nachtwächter. Licht her, Kerl was winkt er mir? -- Ach ihre Majestät! Sie sind es! -- Gnade, machen sie einen treuen alten Diener nicht un- glücklich!
Schäfer. Ihr sollt mirs nicht ansehn, Ihr könnt mirs nicht ansehn, Ein Schäfer will ich seyn, Ein Schäfer ganz allein, Ihr seyd einfältge Schaf, Und ich erlaß die Straf.
Naturtrieb.
(Eingesandt.)
Wie die goldnen Bienlein schweben Auf der bunten Blumenfahrt, Hundert tausend Küße geben All den Kräutlein mancher Art, So in meines Herzens Grunde Treibt es mich, nach deinem Munde, Speiß und Wein, Küß und Freude, Mehrt die Pein, Die ich leide,
Ich ſuch die ganze Nacht, Man fuͤhrt mich auf die Wacht, Adje man fuͤhrt mich hin O edle Schaͤferin.
Nachtwaͤchter. Licht her, Kerl was winkt er mir? — Ach ihre Majeſtaͤt! Sie ſind es! — Gnade, machen ſie einen treuen alten Diener nicht un- gluͤcklich!
Schaͤfer. Ihr ſollt mirs nicht anſehn, Ihr koͤnnt mirs nicht anſehn, Ein Schaͤfer will ich ſeyn, Ein Schaͤfer ganz allein, Ihr ſeyd einfaͤltge Schaf, Und ich erlaß die Straf.
Naturtrieb.
(Eingeſandt.)
Wie die goldnen Bienlein ſchweben Auf der bunten Blumenfahrt, Hundert tauſend Kuͤße geben All den Kraͤutlein mancher Art, So in meines Herzens Grunde Treibt es mich, nach deinem Munde, Speiß und Wein, Kuͤß und Freude, Mehrt die Pein, Die ich leide,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="11"><pbn="60"facs="#f0072"/><l>Ich ſuch die ganze Nacht,</l><lb/><l>Man fuͤhrt mich <choice><sic>anf</sic><corr>auf</corr></choice> die Wacht,</l><lb/><l>Adje man fuͤhrt mich hin</l><lb/><l>O edle Schaͤferin.</l></lg><lb/><lgn="12"><l><hirendition="#g">Nachtwaͤchter</hi>. Licht her, Kerl was winkt er mir? —</l><lb/><l>Ach ihre Majeſtaͤt! Sie ſind es! — Gnade,</l><lb/><l>machen ſie einen treuen alten Diener nicht un-</l><lb/><l>gluͤcklich!</l></lg><lb/><lgn="13"><l><hirendition="#g">Schaͤfer</hi>. Ihr ſollt mirs nicht anſehn,</l><lb/><l>Ihr koͤnnt mirs nicht anſehn,</l><lb/><l>Ein Schaͤfer will ich ſeyn,</l><lb/><l>Ein Schaͤfer ganz allein,</l><lb/><l>Ihr ſeyd einfaͤltge Schaf,</l><lb/><l>Und ich erlaß die Straf.</l></lg></lg></div><lb/><milestoneunit="section"rendition="#hr"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Naturtrieb</hi>.</head><lb/><prendition="#c">(Eingeſandt.)</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">W</hi>ie die goldnen Bienlein ſchweben</l><lb/><l>Auf der bunten Blumenfahrt,</l><lb/><l>Hundert tauſend Kuͤße geben</l><lb/><l>All den Kraͤutlein mancher Art,</l><lb/><l>So in meines Herzens Grunde</l><lb/><l>Treibt es mich, nach deinem Munde,</l><lb/><l>Speiß und Wein,</l><lb/><l>Kuͤß und Freude,</l><lb/><l>Mehrt die Pein,</l><lb/><l>Die ich leide,</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[60/0072]
Ich ſuch die ganze Nacht,
Man fuͤhrt mich auf die Wacht,
Adje man fuͤhrt mich hin
O edle Schaͤferin.
Nachtwaͤchter. Licht her, Kerl was winkt er mir? —
Ach ihre Majeſtaͤt! Sie ſind es! — Gnade,
machen ſie einen treuen alten Diener nicht un-
gluͤcklich!
Schaͤfer. Ihr ſollt mirs nicht anſehn,
Ihr koͤnnt mirs nicht anſehn,
Ein Schaͤfer will ich ſeyn,
Ein Schaͤfer ganz allein,
Ihr ſeyd einfaͤltge Schaf,
Und ich erlaß die Straf.
Naturtrieb.
(Eingeſandt.)
Wie die goldnen Bienlein ſchweben
Auf der bunten Blumenfahrt,
Hundert tauſend Kuͤße geben
All den Kraͤutlein mancher Art,
So in meines Herzens Grunde
Treibt es mich, nach deinem Munde,
Speiß und Wein,
Kuͤß und Freude,
Mehrt die Pein,
Die ich leide,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/72>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.